Polster: Warum ich nie beim FC Bayern spielte

Toni Polster arbeitet aktuell als Trainer eines Viertligisten
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SPOX: Ihre Trainer-Tätigkeit bei der Admira ist schon länger her. Würden Sie gerne bald wieder einen österreichischen Bundesligisten trainieren?

Polster: Nicht wirklich. Von diesem Gedanken habe ich mich verabschiedet. In Österreich kämen für mich nur wenige Vereine in Frage. Vermutlich müsste ich ins Ausland gehen, um etwas zu erreichen. Aber ich bin aktuell mit der Wiener Viktoria bei einem tollen Verein und hätte nichts dagegen, dort noch ein paar Jahre erfolgreich arbeiten zu dürfen.


SPOX: Wie oft hat eigentlich die Austria bei Ihnen nach dem Karriereende wegen einer Trainer-Tätigkeit nachgefragt?


Polster: Kein einziges Mal, nicht einmal für die Amateure. Für mich wäre es naheliegend gewesen, am Ende meiner Laufbahn noch einmal zur Austria zurückzukehren. Aber selbst da gab es kein Interesse, weshalb ich zu Austria Salzburg wechselte.


SPOX: Schmerzt das?

Polster: Ich liebe die Austria, dort bin ich aufgewachsen und groß geworden. Aber es ist eine einseitige Liebe. Der Klub wollte von mir immer nur etwas, hat mir aber nie etwas gegeben.


SPOX: Sie haben dem Ballesterer einmal gesagt, dass Sie bei all ihren Ex-Klubs einen hohen Stellenwert genießen - nur in Österreich nicht.

Polster: Das liegt an unserer Mentalität. Wir hören noch immer Radiosender, die wenig bis gar keine heimische Musik spielen. Das würde in Italien oder Spanien nie funktionieren. Im Fußball ist es gleich. Unsere Mentalität ist eben anders. Aber ich kann damit umgehen und muss niemandem in den Hintern kriechen.


SPOX: Die Viktoria wegen der Admira zu verlassen, war im Nachhinein ein Fehler, oder?


Polster: Es war ein Fehler, das Trainerteam zu übernehmen. Ich habe mit einigen Co-Trainern zusammengearbeitet, die meisten wussten, was ein Assistent zu leisten hat. Bei den LASK Juniors habe ich die Zusammenarbeit mit Damir Canadi (aktueller Rapid-Chefcoach, Anm.) frühzeitig beenden müssen, weil er nicht wusste, wie man sich benimmt und Oliver Lederer (aktueller Admira-Chefcoach, Anm.) wusste es bei der Admira genauso wenig. Darum hat es bei der Admira nicht funktioniert. Mit fremden Menschen werde ich nicht mehr zusammenarbeiten.

SPOX: Haben die beiden sich selbst als Cheftrainer gesehen?

Polster: Wahrscheinlich ja. Lederer und Canadi haben diese Assistenz-Rolle nicht akzeptiert.
 Zum Teil musste ich gegen sie mehr kämpfen als gegen den nächsten Gegner.


SPOX: Was ist zwischen Canadi und Ihnen vorgefallen?

Polster: Er hat mich gefragt, ob ich ihm bei den LASK Juniors eine Chance geben kann. Das habe ich getan. Aber es gab immer wieder Vorfälle, die mir nicht gefallen haben. Menschlich hat es einfach nicht zusammengepasst.


SPOX: Da sind zwei Alphatiere aneinandergeprallt.

Polster: Wenn ich einen Job annehme, muss ich wissen, was meine Aufgaben sind. Bei der Admira hat Lederer bei einem Freundschaftsspiel zehn Meter neben mir Platz genommen. Ich musste ihm erklären, dass ein Co-Trainer neben dem Chefcoach sitzt. Das sind Sachen, die gehen einfach nicht.

SPOX: Was ist eigentlich Ihre Auffassung von Fußball? Wie sollte Ihre Mannschaft idealerweise spielen?


Polster: Ich möchte, dass meine Mannschaft gut Fußball spielt. Das ist das wichtige Fundament. Die taktische Ausrichtung richtet sich aber immer nach dem Spielermaterial. Ich möchte mich nicht auf ein System versteifen, die Spieler sollen sich einfach wohl fühlen. Darum halte ich auch nichts davon, wenn in Nachwuchsmannschaften durchgängig dasselbe System gespielt wird. Ich weiß, dass ich mehr als 99 Prozent der Österreicher über Fußball weiß, aber trotzdem habe ich den Fußball nicht erfunden. Ein Innenverteidiger muss wissen, was er zu tun hat - in der Wiener Liga genauso wie im Nationalteam.

SPOX: Sie sind in den vergangenen Jahren als Kritiker von Marcel Koller aufgefallen. Fühlen Sie sich bestätigt?


Polster: Ich habe grundsätzlich überhaupt nichts gegen Marcel Koller, aber ich hätte gerne einen Österreicher auf diesem Posten gesehen. Über den Erfolg der vergangenen Jahre habe ich mich gefreut, aber natürlich macht er in den letzten Monaten vieles falsch. Seine Entscheidungen gehen plötzlich nicht mehr auf. Mir kommt vor, er ist relativ stur.

SPOX: Welche falsche Entscheidungen waren das?


Polster: Die Aufstellungen bei der EURO waren hanebüchen. Man sieht, dass Ramazan Özcan die Spielpraxis fehlt. Kevin Wimmer ist kein linker Verteidiger, das weiß man schon seit seinen Tagen in der LASK-Akadamie. Auch ich habe ihn bei den Juniors als Linksverteidiger ausprobiert, aber musste früh erkennen, dass es nicht seine Position ist. Dieses Experiment hätte ich schon nach dem ersten Spiel aufgegeben. Aber ich weiß, dass man von außen leicht urteilen kann.

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