Frage: Welches Gefühl überwiegt bei Ihnen derzeit - Wehmut wegen des Abschieds von Sturm Graz oder Vorfreude auf die künftige Aufgabe?
Franco Foda: "Beides. Nach der intensiven Herbstsaison muss ich erst einmal alles sacken lassen und realisieren. Ich war 20 Jahre bei Sturm, wir haben dort etwas entwickelt. Der Club und die Mannschaft stehen gut da, insofern gehe ich guten Mutes, weil wir etwas Gutes zurückgelassen haben, aber auch mit Wehmut, weil mir die Spieler ans Herz gewachsen sind. Ich freue mich auch auf die Herausforderung beim ÖFB, es gibt viele gute junge Spieler mit Entwicklungspotenzial."
Frage: Ihr Amtsantritt erfolgt zwar schon Anfang Jänner, allerdings ist das nächste Länderspiel drei Monate, das erste Nations-League-Spiel neun Monate und der EM-Quali-Beginn 15 Monate entfernt. Dauert Ihnen das zu lange?
Foda: "Nein, weil ich glaube, dass wir Zeit benötigen, um die Spieler besser kennenzulernen. Ich möchte mir im Jänner viele Partien live anschauen, mit den Spielern und ihren Vereinen gut kommunizieren. Wir benötigen auch noch Testmatches, weil ich den Spielern die Gelegenheit geben will, sich zu zeigen."
Frage: Wie werden Ihre Aktivitäten unmittelbar nach Amtsantritt aussehen?
Foda: "Mein Trainerteam und ich werden uns mit Sportdirektor Peter Schöttel treffen und detailliert die Pläne für die Spiele im März und Mai/Juni besprechen. Mein Terminkalender im Jänner ist prall gefüllt, ich werde viel bei Spielen in Deutschland unterwegs sein, mir auch eine Partie in England anschauen und eventuell nach Spanien fliegen, weil dort einige deutsche und österreichische Clubs vor Ort sind."
Frage: Werden Sie zunächst das Gespräch mit Kickern wie Alaba oder Hinteregger suchen, die bei Ihrem ersten Lehrgang verletzungsbedingt gefehlt haben?
Foda: "Es gibt keine Prioritäten. Es hängt davon ab, welches Spiel ich mir anschaue. Ich werde im Jänner auf jeden Fall bei einem Bayern-Match sein und dann den Kontakt herstellen. Auch mit Marc Janko werde ich in den nächsten Tagen ein persönliches Gespräch führen, so wie mit jedem, der für die österreichische Nationalmannschaft infrage kommt."
Frage: Janko war einer jener Spieler, die unter Ihrem Vorgänger Marcel Koller auch dann zum Einsatz kamen, wenn ihnen die Spielpraxis fehlte. Werden Sie etwa bei den derzeitigen Reservisten Julian Baumgartlinger und Aleksandar Dragovic eine ähnliche Philosophie verfolgen?
Foda: "Da werde ich mir zunächst ein Bild machen, mit den Spielern und vielleicht mit dem einen oder anderen Clubtrainer reden. Ich bin da nach allen Seiten offen. Für mich sind alle wichtig, auch die, die nicht spielen. Es hat aber auch jeder selbst in der Hand, ob er bei seinem Verein spielt oder nicht."
Frage: Beim Nationalteam entscheiden Sie, wer spielt. Werden Sie dann auf Kicker zurückgreifen, die auf Vereinsebene monatelang selten bis gar nicht eingesetzt wurden?
Foda: "Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Generell geht es um Leistung, darum, immer die Besten zu nominieren, aber auch die Spieler zu holen, die im Moment die beste Form haben. Es ist wichtig, einen Stamm zu haben, aber es geht immer um Leistung, und die muss man beim Verein regelmäßig bestätigen, um eine Berechtigung für das Nationalteam zu haben."
Frage: Mit dem derzeitigen Stamm der Nationalmannschaft wurde bei Ihrem Debüt WM-Teilnehmer Uruguay besiegt, auch wenn noch nicht alles perfekt war. War für Sie eine Erkenntnis aus diesem Match, dass ein 4-4-2-System für diese Auswahl nicht passt?
Foda: "Nein. Ich glaube, das kann funktionieren, aber vielleicht mit einer anderen Besetzung. Es war wichtig auszutesten, wie Marko Arnautovic als hängende Spitze agiert, seine Qualitäten auf dem linken Flügel kenne ich ja schon. Wir haben gegen Uruguay am Anfang super gespielt, erst nach dem Gegentor hat man gesehen, dass wir nicht stabil waren. Die Mannschaft hat dann nach der Umstellung auf das gewohnte 4-2-3-1 ein anderes Gesicht gezeigt und bis am Ende an den Sieg geglaubt."
Frage: Sie wollen mit der Mannschaft künftig mehr als diese zwei Systeme spielen. Aber hat man als Teamchef überhaupt genug Zeit dafür, verschiedene Varianten einzuüben?
Foda: "Klar hat man wenig Zeit, auf der anderen Seite habe ich die besten Spieler des Landes zur Verfügung, die bei Top-Vereinen unter Vertrag sind. Der Trend geht bei den Clubs sowieso dahin, dass variabel gespielt wird, deswegen werden das die Spieler relativ schnell verstehen. Und ich bin auch überzeugt, dass ich ihnen die Abläufe innerhalb weniger Tage vermitteln kann."
Frage: Variantenreichtum wird ein Schlüssel zum Erfolg sein, aber wie genau definieren Sie eigentlich Erfolg beim Nationalteam?
Foda: Letztlich geht es im Fußball leider immer um Ergebnisse. Meine Intention ist es, gut zu spielen und zu gewinnen. Wir wollen die Mannschaft auch weiterentwickeln, flexibel sein und die Fans mitreißen. Ziel ist es, in der Nations League gut zu performen und bei der EM 2020 dabei zu sein. Ob man das schafft, hängt auch von den Gegnern und vom Spielglück ab. Die Erwartungshaltung ist in Österreich immer hoch. Man muss realistisch bleiben, aber auch Ziele haben, sonst könnte man eh aufhören."
Frage: Ein extrem hohes Ziel wäre ein EM- oder WM-Titel. Sie haben für diesen Fall scherzhaft angekündigt, sich wie beim Meistertitel mit Sturm eine Glatze schneiden zu lassen.
Foda: "Sollte das passieren, könnten Sie mir sogar noch die Augenbrauen zupfen."
Frage: Welche Auswirkungen auf Ihre Frisur hätte ein Sieg im Testspiel am 2. Juni 2018 gegen Deutschland?
Foda: "Keine, das ist ja ein Freundschaftsspiel. Aber in Österreich wären in diesem Fall alle sehr glücklich."
Frage: Birgt so ein Testspiel auch eine gewisse Gefahr? Immerhin will sich Deutschland für die WM in Form bringen, es geht um Plätze in der Startformation. Die ÖFB-Spieler hingegen stehen kurz vor dem Urlaub.
Foda: "Über so etwas mache ich mir keine Gedanken. Wir wollen immer versuchen, zu gewinnen. Ich weiß auch, dass man gerade gegen ein Top-Team in der Lage ist, eine außergewöhnliche Leistung zu bringen, davon gehe ich auch aus. Dieses Match ist ein Highlight für alle, wir wollen uns da einfach gut präsentieren."