Red Bull Salzburg durfte sich in den vergangenen Jahren über einen starken Anstieg an Fan-Zuspruch aus Afrika erfreuen. Nun werden die Spiele der Mozartstädter - dank Patson Daka und seinem "Bruder" Enock Mwepu - auch in Sambia fanatisch verfolgt.
Ich möchte mit einem Zitat von Ihnen beginnen: "Alles was ich mache, tue ich nicht nur für mich. Ein ganzes Land steht hinter mir, sie verfolgen genau, was ich erreiche." Sind Sie in ihrem Heimatland Sambia ein Volksheld?
Patson Daka: Ich würde mich nicht gerade als Volksheld bezeichnen, weil ich nicht wirklich genug geleistet habe, um das zu behaupten. Aber ich denke doch, dass das Wenige, was ich getan habe, durchaus einen Einfluss auf viele Menschen bei mir zuhause hat. Ich konnte den Leuten Hoffnung geben, die den Glauben an ihre Träume verloren hatten. Die Menschen in meinem Ort sahen mich aufwachsen. Es gibt ihnen Motivation, behaupten zu können, dass es jeder schaffen kann, selbst aus der kleinen Stadt Kafue in Sambia. Das ist meine persönliche Motivation zu sagen, ich tue das nicht für mich selbst.
Im Dezember haben Sie Ihren Vertrag bei Red Bull Salzburg verlängert. Es gab einen prominenten Gratulanten.
Daka: Ja, das Staatsoberhaupt Sambias.
Sie haben ziemlich bekannte Fans.
Daka: Er kommt regelmäßig zu den Spielen der Nationalmannschaft. Es ist ein großes Privileg, etwas, das ich sehr schätze. Das ist allerdings nichts, was nur zufällig passiert ist, sondern meiner harten Arbeit und Hingabe geschuldet ist. Es gibt mir gleichzeitig viel Hoffnung und das Verlangen nach mehr.
Patson Daka: "Wir bastelten etwas, das man kicken kann"
Wie war es in Sambia aufzuwachsen und wo haben Sie Fußballspielen gelernt?
Daka: Ich begann sehr jung Fußball zu spielen, ein Sport, mit dem ich schließlich aufwachsen sollte. Immer wenn mein Vater zu Hause war, spielten wir mit allem, was da so herumlag. Selbst als wir keinen Ball hatten, bastelten wir etwas, das man kicken konnte. Fußballspiele habe ich mir auch immer alle angesehen. Mein ganzes Leben galt nur dem Kicken und der Schule. Das ist alles.
2017 wechselten Sie zu Red Bull Salzburg. Wie ist es dazu gekommen?
Daka: Beim U17-Afrika-Cup im Jahr 2015 hat mich Frederic Kanoute (Anm.: ehemals FC Sevilla) spielen sehen. Er kontaktierte meinen damaligen Trainer und wir kamen so ins Gespräch. Er wurde so zu meinem Berater. Als ich einst mit der Nationalmannschaft in der Vorbereitung war, rief er mich an und meinte, dass ich nicht zum bevorstehenden Qualifikationsmatch in Kamerun reisen werde. Sondern es geht nach Österreich. Ich war verwundert und gleichzeitig schockiert über das Interesse an meiner Person. So kam ich nach Salzburg. Alle meine Ängste und Zweifel, wie es mir hier ergehen würde, wurden dank der tollen Aufnahme von meinen Mitspielern und meinem damaligen Trainer, Thomas Letsch, beseitigt. Sie müssen wissen, ich habe zuvor noch nie in einem anderen Land gelebt.
Wie erging es Ihnen zu Beginn in Österreich?
Daka: Anfangs war es schon schwierig für mich. Es gab einige Dinge, die ich einfach nicht gewohnt war. Die Kultur, das Wetter, die Sprache. Ich habe zum ersten Mal Schnee gesehen. Mit der neuen Situation zurechtzukommen, währenddessen die eigene Heimat zu vermissen, das kann man nicht so einfach ignorieren. Aber die Menschen hier sorgen dafür, dass ich mich wohl fühle.
Patson Daka: "Enock Mwepu und ich sind wie Brüder"
Sie kamen quasi mit Enock Mwepu im Doppelpack in die Mozartstadt. Sie müssen eine sehr tiefe Beziehung zu ihm aufgebaut haben. Was verbindet Sie mit ihm?
Daka: Das ist mehr als Freundschaft, wir sind wie Brüder. Wir spielen seit wir dreizehn Jahre alt sind zusammen Fußball. Es gab ein Talente-Programm in Sambia für die Nationalmannschaft, wir wurden beide aufgenommen. Damals war ich Kapitän, Enock war Vize-Kapitän. So haben wir uns kennengelernt. Wir verbringen viel Freizeit miteinander, sind immer füreinander da und stellen sicher, dass sich keiner von uns fehl am Platz fühlt. Es ist schon etwas Spezielles, jemanden zu haben, den man aus der Heimat kennt. Während der Corona-Pause telefonieren wir fast jeden Tag, zumeist in unserer Heimatsprache.
Wie sieht das momentane Leben in Sambia aus?
Daka: Zurzeit ist es eine völlig andere Lebenssituation. Es gibt nicht allzu viele Corona-Fälle, die meisten davon am ehesten in der Hauptstadt Lusaka. Die Menschen empfinden es als schwer, zuhause bleiben zu müssen. Viele haben keine Arbeit, die sie von zuhause aus machen können. Dort wird von Tag zu Tag gelebt. Nahrung muss beinahe jeden Tag neu besorgt werden, um die Familie zu versorgen. Sie müssen verstehen, Sambia ist noch ein Entwicklungsland. Die Umstände im Moment sind einfach nur verrückt.
Wie gestalten Sie Ihren Tag während der Ausgangsbeschränkungen?
Daka: Mir fällt es wohl leichter, zuhause zu bleiben, als vielen anderen Menschen. Selbst in meiner Freizeit verbringe ich gerne Zeit in der Wohnung, lese sehr viel. Einzig nach Taxham (Anm.: Salzburgs Trainingszentrum) darf ich nicht mehr, was ich sehr vermisse. Meine Trainingseinheiten mache ich daheim, laufe auch die vorgegebenen Läufe unseres Athletiktrainers.
Aber ohne Ball?
Daka: Ich weiß nicht, wie es beschreiben soll. Es fühlt sich so an, als ob ein Teil von mir entrissen wurde. Auch wenn ich so schnell wie möglich wieder Fußball spielen will, herrscht derzeit eine Situation vor, die außerhalb unserer Kontrolle liegt. Wir müssen auf die Experten hören und ihren Anweisungen folgen. Und wir müssen positiv gestimmt sein, dass alles schon bald wieder besser wird. Wenn die Zeit kommt, müssen wir bereit für die nächsten Aufgaben sein. Deswegen ist es auch wichtig, während dieser Zeit gesund und fit zu bleiben.