Ronnie O'Sullivan reicht es eigentlich schon zum Start der Snooker-Weltmeisterschaft. Vor dem Turnier, das am Freitag mit Verspätung beginnt, fühlt sich der ebenso geniale wie exzentrische Star schlecht behandelt. "Man behandelt das Event und uns wie Laborratten, aber was sollen wir tun?", fragte er.
Denn die WM, die bis Mitte August dauert, findet als eines der ersten Sportevents seit Beginn der Coronavirus-Krise wieder vor Zuschauern statt. Sie gilt als Pilotprojekt für größere Sportereignisse wie die Formel 1 oder der Fußballbetrieb in der englischen Premier League. "Irgendwo muss man ja anfangen", ätzte der fünffache Weltmeister O'Sullivan, "dann fängt man eben mit den Snooker-Spielern an".
Snooker-WM: Indoor-Event mit Zuschauern
Rund 300 Zuschauer sollen am Freitag im Crucible-Theater von Sheffield dabei sein, wenn Titelverteidiger Judd Trump zum Auftakt auf seinen englischen Landsmann Tom Ford trifft. Die WM sollte ursprünglich von April bis Mai ausgetragen werden. Dass sie nun als erstes Indoor-Sportereignis in Großbritannien vor Publikum stattfindet, sei "ein fantastischer Triumph", erklärten die Macher. Doch einige Spieler sehen das anders.
Anthony Hamilton, der sich zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder für die Endrunde qualifiziert hat, ist sogar richtig sauer. "Wenn nur ein Mensch im Crucible krank wird und dann stirbt - dann ist es ein Mensch, der ohne jeglichen Grund gestorben ist, nur für die Unterhaltung", schimpfte Hamilton. Als Asthmatiker gehöre er selbst zur Risikogruppe, sagte der 49-Jährige. "Ich finde das lächerlich." Am Donnerstag, einen Tag vor Beginn der WM, zog der Schotte von seinem Erstrundenmatch zurück.
Rückendeckung bekam er von O'Sullivan. "Einen Anthony Hamilton kostet die Versicherung weniger als einen Lewis Hamilton", sagte "The Rocket" sarkastisch. Vorher hatte sich O'Sullivan schon beim Sender BBC gegen Zuschauer ausgesprochen. "Im Moment reicht es aus, dass Sport im Fernsehen gezeigt wird", sagte er. Der Weltverband verwies hingegen auf die Regierungsvorgaben und hohe Sicherheitsvorkehrungen.
Ronnie O'Sullivan: Rückzug bei Unbehagen
"Ich glaube nicht, dass es das Risiko wert ist", legte O'Sullivan nun nach. "Vielleicht hätte ich bei 5.000 Fans einsehen können, dass sonst zu viele Einnahmen verloren gehen, aber bei 200 Fans, lohnt sich das echt?" Der 44-Jährige ließ für sich offen, aus dem Turnier auszusteigen, falls er sich vor Ort unbehaglich fühle.
Die Corona-Krise könnte dabei womöglich auch sportliche Auswirkungen haben, weil die gesetzten Snooker-Stars durch die WM-Verschiebung zuletzt keine Spielpraxis hatten. Sheffield wird also auch in diesem Punkt zur echten Standortbestimmung.
Österreich ist nicht mehr vertreten. Der Steirer Florian Nüßle scheiterte in der ersten Qualifikationsrunde für das Hauptturnier.