Beim Spießrutenlauf wirkt Stadlober lange gefasst und lächelte. Als Papa und Coach Alois Stadlober aber auftauchte, da brach es aus seiner Tochter heraus. Erst nach einer langen Umarmung und Trostworten des ORF-Co-Kommentators konnte Teresa Stadlober ihren schweren Weg fortsetzen.
"Ich habe nicht gewusst, soll ich lachen oder weinen. Ja, ich bin sehr enttäuscht, dass das heute passiert ist. Es war für mich bis zu diesem Moment ein Supertag. Die Form war super, ich habe super Ski gehabt, alle haben gewusst, heute können wir was machen", berichtete Stadlober gegenüber der APA. Es tue ihr auch für die Serviceleute leid, deren Arbeit auch nicht belohnt wurde. "Wenn man vorne mitlaufen will, muss man halt auch die Strecke kennen und ich weiß nicht, warum mir das in dem Moment passiert ist. Es war wie ein Blackout, vielleicht war ich überfordert, dass ich vorne mitlaufen kann."
"Dann drehe ich mich um und sehe: Scheiße, falsch gelaufen"
Eine leichte kurze Abfahrt, wo man bei beiden Langlaufstrecken nebeneinander hinabgleitet, ist sie statt nach links nach rechts abgebogen. Statt wie an anderen Stellen gibt es dort keine eingefärbte Markierung, sondern nur eine Tannenzweig ähnliche. "Ich bin dann oben auf der Kuppe rechts rübergezogen und habe von rechts die zweite Spur genommen." Erst oben habe sie gesehen, dass in der Coaching-Zone keine Betreuer, sondern nur - ein offenbar ebenfalls verirrter - Volunteer gestanden ist. "Dann drehe ich mich um und dann sehe ich: Scheiße, falsch gelaufen."
In der Zwischenzeit hatte sich Markus Gandler, der Sportliche Leiter im ÖSV für Langlauf und Biathlon, rund 150 m von Stadlober entfernt, die Seele aus dem Leib geschrien. "Ich habe geschrien wie ein Trottel, habe sogar Kopfweh vor lauter Schreien und wegsprinten. Sie hat mich nicht gehört und es dann im Anstieg oben gemerkt", erzählte Gandler.
So leicht es Stadlober bis dahin gefallen war, sich auf Medaillenkurs zu bringen, so schwer war der Rest des Tages für die Tochter der Ex-Sportler Alois Stadlober und Roswitha Steiner. Das Rennen fertig zu laufen sei sehr schwer für sie gewesen. "Weil es einfach peinlich ist. Die Strecke muss man kennen, man sieht ja: so viel Presse will mit mir reden und jeder fragt, was los war." Letztlich war sie dann selbst im Stadion so verunsichert, dass sie kurz glaubte, sich neuerlich verlaufen zu haben.
Die Lehren aus dem Fauxpas
Die Lehren daraus sind klar: "Ich hoffe, dass mir das jetzt nicht mehr passiert. Es ist auch der Heidi Weng schon einmal passiert in Kuusamo, das war einmal beim Weltcupauftakt, da ist sie eine Runde zu früh ins Ziel abgebogen als Erste. Aber bei Olympia ist es halt voll bitter und peinlich."
Derartige Erlebnisse kann man den Rest seiner Karriere sicher nie mehr vergessen. Doch in Selbstvorwürfen verzweifeln will sie nicht. "Ich hoffe, dass ich es schnell abhaken kann." Olympische Spiele seien aber eben nur alle vier Jahre. "Man weiß nicht, wie dann die Form sein wird, ob man gesund ist. Es wäre heute mein Tag gewesen, aber im Endeffekt war es nicht mein Tag."
Der Fokus gilt für Stadlober nun der Heim-WM in einem Jahr, für die sie schon länger Edelmetall als Ziel ausgegeben hatte. "Leider ist da der 30er nicht klassisch, aber ich bin im Skating auch schon gute 30er gelaufen." Erspart blieb Stadlober die vom Reglement her mögliche Disqualifikation, die bei Verlassen der Strecke im Ermessen der Jury liegt, unabhängig ob es einen Protest gibt oder nicht.
Gandler: "Es gibt kein anderes Wort als Scheiße"
Gandler war natürlich auch schwer enttäuscht. "Es gibt kein anderes Wort als Scheiße, dass so etwas passiert. Es war alles vorbereitet, sie hat alles richtig gemacht, die Schweden waren mit dem Ski nicht so ideal." Und dann ausgerechnet bei Olympia dieses Missgeschick. "Wäre es eine WM sagst du, na ja, in zwei Jahren. Aber solche Chancen hast du nicht so oft bei Olympia."
Die 30 km im klassischen Stil wird es olympisch erst wieder in acht Jahren geben. "Aber sie kann es auch in anderen Rennen, das hat sie schon bewiesen." Gandler ist vom Talent seines Aushängeschilds überzeugt. "Ich mache mir keine Sorgen, dass Teresa nicht die Medaille noch gewinnt, aber was du hast, hast du."
Krista Pärmäkoski, die Silber gewonnen hat, zeigte ein wenig Mitgefühl mit Stadlober. "Es tut mir leid für Teresa, aber dann habe ich gewusst, dass für mich eine Medaille möglich ist", sagte die Finnin. Selbst Superstar Marit Björgen bedauerte die Österreicherin. "Es ist schade für sie, ich dachte, sie ist unterwegs zu ihrer ersten Medaille. Als ich von ihrem Fehler gehört habe, war ich selbst auch viel vorsichtiger", sagte die Norwegerin und ergänzte, "in den nächsten Jahren wird man sicher noch von ihr hören."