Lachen für ein paar Stunden

Fröhliche Jungs beim Laureus-Skateboard-Projekt Indigo Youth Movement in Kapstadt
© mercedes-benz

Armut, Elend, Gewalt - Südafrikas Kinder müssen früh viel ertragen. Das Leben hat es mit vielen nicht gut gemeint. Die Laureus-Stiftung engagiert sich seit vielen Jahren, um die Not von benachteiligten Kindern und Jugendlichen auf der ganzen Welt zu lindern. Ein Besuch von drei Laureus-Projekten in Kapstadt.

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Tyler hat etwas Mühe mitzukommen auf dem Geschicklichkeits-Parcours. Einbeinig über Stangen in kleine Zwischenräume springen, unter einem Stuhl hindurchkriechen, Laufen auf allen Vieren - nicht jede Übung ist gemacht für den Fünfjährigen. Das etwas zu große Hemd rutscht von seinen Schultern, zudem sind die Schnürsenkel am Tylers Schuhen aufgegangen.

Doch der kleine Junge aus einem Vorort von Kapstadt gibt alles, um sich, seine Mitschüler und die Trainerinnen nicht zu enttäuschen, sondern zu überzeugen, dass er etwas gelernt hat und ambitioniert ist, weiter an seinem körperlichen Geschick zu arbeiten.

Etwa 20 Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren dürfen sich am diesem Donnerstag austoben in einer Grundschule in Strandfontein, 40 Autominuten von Kapstadt entfernt.

Die Arbeit lohnt sich

Die Dennegeur Primary School gehört zu den Einrichtungen, die von der Laureus Sport for Good Foundation in Südafrika unterstützt werden. Das Healthnutz-Projekt soll Grundschulkindern dabei helfen, durch Bewegung ein Körperbewusstsein zu entwickeln und gesünder zu leben.

Jeden Tag koordinieren mehrere Trainerinnen den etwa einstündigen Frühsport. Begonnen wird um ca. 9 Uhr mit verschiedenen Koordinationsübungen wie Arme kreisen während eines leichten Joggings.

Estelle, eine der Trainerinnen, erzählt: "Wir hatten hier Kinder, die schon beim einfachen, langsamen Laufen eine Schiefstellung hatten. Mit der Zeit lernen sie ihren Körper kennen und machen große Fortschritte."

So wie Tyler, der beim Sandsäckchen-Werfen eine gute Figur abgibt. "Unser Ziel ist, den Kindern hier etwas mit auf den Weg zu geben, was sie ohne uns nicht hätten. Dafür und für die Freude, die wir gemeinsam haben, lohnt sich die Arbeit", sagt Estelle.

Skateboarder Charl vermittelt Disziplin und Respekt

Davon kann auch Charl Jensel ein Lied singen. 27 Jahre ist der Mann mit der Afro-Frisur mittlerweile alt und das Leben hat es nicht immer gut gemeint mit Charl. Er wuchs in Cape Flats in der südafrikanischen Westkap-Provinz auf, ließ sich als Heranwachsener mit den falschen Leuten ein und brach die Schule ab.

"Drogen und Gangs regieren die Straßen. Diese negativen Vorbilder ermutigen die Kids, den falschen Weg einzuschlagen", sagt Charl. Doch er hatte Glück. Irgendwann bekam er ein Skateboard in die Hände und begann auf den Bürgersteigen erste Tricks zu üben. Charl sah durch den Sport eine Chance, dem Elend zu entkommen.

Dallas Oberholzer, der beste Skateboarder Südafrikas und Leiter des Laureus-Skateboard-Projekts Indigo Youth Movement in Durban nahm Kontakt zu ihm auf und überredete ihn, benachteiligten Jugendlichen wenigstens für ein paar Stunden am Tag ein Lachen ins Gesicht zu zaubern.

Mittlerweile leitet Charl das Skate-Projekt in der Nähe von Kapstadt. "Bewegung, Disziplin und Respekt der Kids untereinander und gegenüber den Älteren ist genau das, was man braucht. Mir hat das früher gefehlt", sagt Charl.

"Zuhause bekommen sie Schläge"

Wenn man Charls Arbeit beobachtet, wird einem schnell klar, was mit Disziplin gemeint ist. Die Kinder bekommen nur zu bestimmten Zeiten ein Board unter die Füße und auch nur dann, wenn sie bei verschiedenen gemeinsamen Tanz- und Gesangseinlagen mitmachen. Charl bläst in seine Trillerpfeife, die Kinder folgen seinen Anweisungen.

Sehr wichtig, so Charl, sei zudem, dass man die Kinder auch mal lobt. "Das motiviert sie, denn zuhause bekommen sie eher Schläge", so Charl. Wie nah die alltägliche Gewalt in Südafrika nach wie vor ist, weiß Charl zu gut. "Ein 16-Jähriger, der an unserem Programm teilgenommen hat, wurde erschossen. Etwa einen Monat, bevor er getötet wurde, kam er plötzlich nicht mehr regelmäßig zu unseren Treffen."

Umso wichtiger sei es, so Dallas Oberholzer, dass den Kids ein Stück Geborgenheit und Schutz geboten wird. "Die Eltern können sich meistens nicht um ihre Kinder kümmern. Sie haben keine Arbeit, sind nicht selten selbst drogenabhängig und müssen schauen, wie sie den nächsten Tag, die nächste Woche überleben. Da stören Kinder nur."

Oberstes Ziel von Oberholzer ist es, den knapp 200 Teilnehmern des Projekts "eine Perspektive zu geben, damit sie ein besseres, ein einigermaßen normales Leben führen können."

Leben retten am Monwabis Beach

Neben Healthnutz und dem Indigo Youth Movement gehört auch Waves for Change zu den knapp 150 Projekten, die Laureus weltweit mit Spendengeldern fördert. Über 85 Millionen Euro sind seit dem Startschuss im Jahr 2000 zusammengekommen.

Damals war es Nelson Mandela, der mit dem Satz: "Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern" die Laureus-Botschafter inspirierte, das Leben von Kindern und Jugendlichen auf der ganzen Welt zu verändern. Auch am Monwabis Beach in der Kalk Bay, 30 Autominuten östlich von Kapstadt.

200 Jungen und Mädchen im Alter zwischen 6 und 16 finden dort für ein paar Tage in der Woche ein Zuhause. "Wir gehen in die Schulen, sprechen mit den Lehrern und holen traumatisierte Kinder in unser Programm. Wir wollen ihnen die Chance geben, durch das Meer, die Wellen und Surfen aus ihrem Alltag, der oft grausam ist, auszubrechen. Sie sollen erleben, wie schön und wertvoll das Leben sein kann", erzählt der 34-jährige Tim Conibar, der die Idee zu Waves for Change hatte.

Weil der Atlantik an diesem Tag tobt und starke Böen den Sand durch die Gegend wirbeln, ist an Surfen nicht zu denken. Das kann den Kindern aber nichts anhaben; sie üben an Land Lifesaving-Maßnahmen in ihren Neoprenanzügen und huldigen ihr Idol, Laureus-Botschafter Sebastian Steudtner. Der Deutsche ist einer der besten Big-Wave-Surfer der Welt und begleitet ein paar Ältere am Ende ein Stück hinaus aufs Meer. Drei, vier Wellen werden geritten, ehe sich die Gruppe für heute vom Strand verabschiedet.

Nach einer ordentlichen Mahlzeit geht es für die Kinder zurück in ihr eigentliches Zuhause, ins benachbarte Township Khaye Ihsha. Morgen werden sie wiederkommen. Um Spaß zu haben. Wenigstens für ein paar Stunden.