Nach dem dritten Rennen der Saison gilt immer noch das gleiche wie nach dem zweiten: Die Formel 1 2012 spielt verrückt. Und es ist gut, dass sie verrückt spielt.
Es haben nicht nur in drei Rennen drei verschiedene Fahrer gewonnen sondern auch drei verschiedene Teams. Das sind jetzt schon genauso viele wie in der gesamten Saison 2011 - und Red Bull, der Dominator der letzten Jahre, ist noch nicht einmal dabei.
Spannung pur
Aber es geht noch weiter: Sechs verschiedene Fahrer aus fünf verschiedenen Teams standen in Australien, Malaysia und China auf dem Podium, 2011 waren es in 19 Rennen gerade mal sieben verschiedene Fahrer aus vier Teams.
Bei so viel Abwechslung wundert es nicht, dass es auch in der WM eng zugeht. Mit Lewis Hamilton (45 Punkte) führt nun ein Mann in der Fahrerwertung, der als bestes Ergebnis einen dritten Platz zu Buche stehen hat. Den allerdings in sämtlichen Rennen.
Ihm folgen sein McLaren-Kollege Jenson Button (43) und Ferrari-Pilot Fernando Alonso (37) auf dem Fuße. Aber auch Mark Webber (36), Sebastian Vettel (28) und Nico Rosberg (25) haben noch weniger Rückstand auf den Führenden als Hamilton im vergangenen Jahr nach drei Rennen als Zweiter auf Vettel hatte.
Vettel: Vom Weltmeister zum Sorgenkind
Nun ist Vettel das deutsche Sorgenkind, während Nico Rosberg und Mercedes den Bann gebrochen haben und sich endlich GP-Sieger nennen dürfen. Immerhin liegt Vettel nach seinem fünften Platz in der WM noch drei Punkte vor Rosberg, aber das wird ihn kaum trösten, schließlich hatte er vor einem Jahr zum gleichen Zeitpunkt 40 Zähler mehr auf dem Konto.
Dabei war Vettels Rennen in Shanghai eigentlich sehr gut. Nach schwachem Start nach der ersten Runde nur 15. zu sein und dann vier Runden vor Schluss dank Zweistopp-Strategie auf Rang zwei zu liegen, war eine großartige Leistung.
Dass ihm dann noch die Puste ausging und er auf völlig abgefahrenen Reifen mit Button, Hamilton und Webber drei direkten Titelrivalen passieren lassen musste, könnte man als Sinnbild für die momentane Situation des Champions werten. Er ist irgendwie dabei, aber es reicht eben nicht für die Spitze.
"Uns fehlt auf den Geraden schlicht und ergreifend Dampf. Allein auf denen verlieren wir im Qualifying auf Mercedes zwei bis drei Zehntel. Zieht man die ab, sieht es für uns gar nicht mal so schlecht aus, aber wir sind natürlich nicht da, wo wir sein wollen", resümierte Vettel.
Der Rennspeed des Bullen machte aber Hoffnung auf weitere beinharte Duelle mit all den anderen Champions in den kommenden Rennen. Vielleicht sogar schon in Bahrain.
Überholmanöver en masse
Es hat wahrscheinlich niemand genau gezählt, wie oft sich aktuelle und ehemalige Weltmeister in Shanghai gegenseitig überholt haben, aber es dürfte eine rekordverdächtige Anzahl an Manövern gewesen sein.
Gegen Ende des Rennens bekämpften sich Vettel, Button, Hamilton und Kimi Räikkönen rundenlang beinhart, aber immer fair. Bis zu einem Ausritt neben die Strecke mischte auch Fernando Alonso in diesen Regionen noch mit. Und was wäre noch gekommen, wenn Michael Schumacher das Rennen hätte beenden können?
"Nur darum geht es doch in der Formel 1, um aufregende Überholmanöver. Da waren vier Weltmeister, die ständig versucht haben, einander zu überholen. Es gab ein paar grandiose Aktionen, mein Überholmanöver gegen Sebastian hat am meisten Spaß gemacht", jubelte Button und stellte fest: "Die Formel 1 ist gerade in Top-Form."
"Was geht hinter mir ab"
Der einzige, der von dem großartigen Rennen hinter im nichts mitbekam, war Sieger Rosberg. Trotzdem lieferte er einen der treffendsten Kommentare für das großartige Racing ab, das sich zwischen den Besten der Besten abspielte: "Jede Runde hat sich der Name meines ersten Verfolgers auf der Boxentafel geändert. Da habe ich mir gesagt: 'Was geht denn da hinter dir ab?'"
Es war auffällig, wie enthusiastisch sich nicht nur Button sondern auch Hamilton das enge Rennen beurteilten. "Es war ein unglaubliches Rennen mit all diesen Weltmeistern, die wie an einer Perlenschnur aufgereiht waren. Toll zu sehen, dass so viele verschiedene Autos vom Speed her so eng beieinander liegen."
Das ist in der Tat besonders toll zu sehen. Denn da sind nicht nur die großen Namen McLaren, Red Bull, Ferrari und Mercedes. Da sind auch Lotus, Sauber und Williams, die auf Augenhöhe mit den Besten kämpfen können.
"Ich glaube, diese Saison wird ein Klassiker werden", fasste McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh zusammen. "Nach drei völlig unterschiedlichen Rennen mit drei Siegern aus drei Teams müssen wir froh sein, beide WM-Wertungen anzuführen. Ich sehe in diesem Jahr niemanden, der den anderen davonfahren kann. Leider auch wir nicht."
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM