Pastor Maldonado hat es wirklich getan, er hat seinen ersten Formel-1-Grand-Prix gewonnen. Williams ist damit seit Jahren der Bedeutungslosigkeit sensationell wieder auf der Siegerstraße. Ein Sinnbild der Saison, die auch zum Europa-Auftakt vollkommen unberechenbar bleibt.
"Das ist so wunderbar. Diesen Tag werde ich sicher nicht vergessen", sagte der Mann des Tages. Er sei sehr, sehr stolz, nicht nur auf seine eigene Leistung: "Das ist auch ein großer Tag für mein Land. Die Menschen mussten so lange auf einen Sieg in der Formel 1 warten."
Alonso verpasst Heimsieg knapp
Bis kurz vor dem Ziel hoffte auch Lokalheld Fernando Alonso noch auf den Heimsieg. Er war an Maldonado dran und hätte der erste Pilot werden können, der 2012 zwei Rennen gewinnt. Aber am Ende spielten seine Reifen nicht mehr mit.
Aber auch die 18 Punkte für Position zwei reichten dem Spanier, um in der Fahrerwertung mit Sebastian Vettel gleichzuziehen. Beide haben nun 61 Zähler auf dem Konto. Maldonado ist im fünften Rennen derweil der fünfte Sieger im fünften Team.
Vettel rettet Platz sechs ins Ziel
Vettel verdankt seine WM-Führung einer starken Aufholjagd in den letzten Runden, die ihn noch von Rang neun auf sechs nach vorne brachte. Zuvor hatte er mit Durchfahrtsstrafe und vier Boxenstopps ein turbulentes Rennen erlebt.
"Für alle ist es schwierig zu verstehen, was passiert ist", sagte der Weltmeister und schüttelte den Kopf: "Williams war vor drei Wochen nirgends - und fährt heute allen um die Ohren." Für ihn selbst wäre auch ohne die Strafe nicht mehr als Platz fünf drin gewesen.
Schumacher für Crash bestraft
Nico Rosberg fuhr als zweitbester Deutscher im Mercedes auf Rang sieben. Michael Schumacher schied nach einem Crash mit Bruno Senna wieder einmal früh aus und bleibt der Unglücksrabe der Saison.
"Das ist unglaublich. Vor zwei Rennen hatten wir das absolut stärkste Auto, jetzt sind wir wieder hinten", sagte Rosberg. Schumacher meinte nach seinem erneuten Ausfall: "Wir hätten heute Punkte einfahren können. Deshalb ist es natürlich doppelt schade. Das ist schon die zweite Aktion, die ich mit dem Kollegen hatte. Und das auf eine Art und Weise, die nicht akzeptabel ist für mich."
Die Rennleitung sah den Auffahrunfall von Schumacher völlig anders und belegte ihn mit einer Strafversetzung um fünf Startplätze beim nächsten Rennen in Monaco.
McLaren enttäuscht, Hülkenberg punktet
Während Lotus mit den Plätzen drei für Kimi Räikkönen und vier für Romain Grosjean ein starkes Ergebnis erzielte, holte McLaren wieder nicht das Optimum heraus. Lewis Hamilton wurde vom letzten Startplatz aus noch starker Achter, Jenson Button enttäuschte als Neunter.
Nico Hülkenberg hielt in den letzten Runden den schnelleren Mark Webber grandios hinter sich und fuhr im Force India den zehnten Rang nach Hause. Timo Glock kam auf Platz 18.
Schlüsselszenen des Rennens:
Start: Alonso kommt sehr gut weg und setzt sich direkt neben Maldonado. Der lässt ihm kaum Platz, aber der Spanier zieht das durch und geht zu Hause in Führung. Die Fans toben! Beide Mercedes haben einen Blitzstart. Rosberg ist Vierter, Schumacher Sechster. Hamilton kommt direkt von 24 auf 19 nach vorne. Perez fängt sich bei einer kleinen Kollision mit Grosjean einen Plattfuß ein und fällt weit zurück.
Runde 8: Vettel kommt eine Runde nach Webber zum ersten Reifenwechsel. Das ist sehr früh. Red Bull will die frischen harten Reifensätze früh nutzen.
Runde 13: Crash zwischen Schumacher und Senna! Schumacher hängt im Heck des Williams. Senna bremst mit abgefahrenen Reifen deutlich früher, Schumacher kann nicht mehr ausweichen und kracht ins Heck des Williams. Beide sind raus. Schumacher wirft stinksauer das Lenkrad weg. Seine Meinung: Senna ist ihm beim Anbremsen vors Auto gefahren. Darüber kann man diskutieren.
Runde 17: Webber wird plötzlich langsam und muss einen ganzen Tross an Autos passieren lassen. Er kommt zum Notstopp und bekommt einen neuen Frontflügel. Danach fährt er wieder normale Rundenzeiten.
Runde 26: Alonso kommt zwei Runden nach Maldonado zum zweiten Stopp. Zuvor ist er von Pic etwas aufgehalten worden. Die Folge: Alonso verliert die Führung an den Williams-Piloten. Maldonado führt den Spanien-GP an und kann sich sogar absetzen!
Runde 31: Vettel muss eine Durchfahrtsstrafe abbrummen, weil er nach dem Crash von Schumacher unter Gelben Flaggen zu schnell gefahren ist. Das wirft ihn zurück ans Ende der Punkteränge. Massa musste wegen des gleichen Vergehens durch die Boxengasse fahren.
Runde 36: Hamilton kommt zu seinem zweiten und wohl schon letzten Stopp rein. McLaren versucht bei ihm eine mutige Strategie.
Runde 43: Nach Webber bekommt auch Vettel bei seinem dritten Stopp eine neue Nase. Da scheint Red Bull ein Problem zu haben. Das kostet Vettel wieder wertvolle Sekunden.
Runde 44: Maldonado kommt in Führung liegend zu seinem letzten Stopp. Hinten links klemmt es und er verliert ein paar Sekunden. Alonso holt auf und ist für den Endspurt um den Sieg wieder in Schlagdistanz.
Ziel: Alonso kommt nicht mehr an Maldonado vorbei, der Sieg geht an Williams! Vettel startet in den letzten Runden noch eine grandiose Aufholjagd und kommt auf Rang sechs nach vorne.
Mann des Rennens: Pastor Maldonado. Was für eine Sensation! Jeder, der vor der Saison auf einen GP-Sieg des Venezoelaners 2012 Geld gesetzt hat, ist jetzt ein reicher Mann. Zu Beginn seiner Karriere als Bezahlfahrer verunglimpft, dann zwar immer durch schnelle Rundenzeiten, aber auch durch viele Fahrfehler aufgefallen, steht der Williams-Pilot plötzlich ganz oben auf dem Podium. Das ist der Gipfel des Irrsinns in diesem Jahr. Und das pünktlich zu den Feierlichkeiten von Frank Williams' 70. Geburtstag - was für eine Story!
Flop des Rennens: Red Bull. Das Weltmeisterteam der vergangenen beiden Jahre erlebte ein total verkorkstes Rennen. Das Problem mit dem Frontflügel, weswegen beide Piloten die Nase an ihren Boliden wechseln lassen mussten, ist schwer zu erklären und hat einiges an Boden gekostet. Aber auch ohne diese Probleme war der Speed des Autos nicht annähernd Podiums-tauglich. Acht WM-Punkte, obwohl beide Autos ins Ziel kamen - das ist jenseits der eigenen Ansprüche.
Analyse: Der Irrsinn nimmt kein Ende. In einer Saison, in der jedes Rennen eine neue Sensation parat zu haben scheint, waren diesmal Williams und Pastor Maldonado dran. Mit diesem Sieg war schlichtweg niemals zu rechnen. Kein Experte wird ernsthaft behaupten können, das vorausgesehen zu haben.
Aus den Pirelli-Reifen wird niemand mehr schlau. Red Bull nicht, McLaren nicht, Mercedes erst recht nicht. Auch Lotus trotz der Plätze drei und vier nicht, denn nach den Eindrücken aus dem Training hätten sie eigentlich siegfähig sein sollen.
Ferrari scheint durch die Updates zum Europa-Auftakt in der Tat einen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Immerhin waren die Wetterbedingungen in Barcelona deutlich repräsentativer als bei Alonsos Sieg in Malaysia. Wo Ferrari gegenüber McLaren und Co. aber wirklich steht, weiß niemand.
Sind die Top-Teams der vergangenen Jahre überhaupt noch die Top-Teams? Oder sind nicht in Wahrheit Lotus, Sauber und Williams genauso gut oder besser? Eine genaue Analyse machen die Reifen unmöglich.
Aber sie machen alles unvorhersehbar und demnach unglaublich spannend. Das wird auch im weiteren Saisonverlauf wohl so bleiben.