Wenn man durch die Altstadt von Budapest spaziert, passiert man sie, die Kasinos der Stadt. Direkt an der Donau reihen sie sich auf, tragen Namen wie Tropicana, LeGrand oder Varkert. Man sieht sofort: Es wird gerne gespielt, hier in Budapest.
Irgendwie passend. Schließlich hat die Formel 1 in dieser Saison auch etwas von einem Glücksspiel. An jedem Wochenende scheinen die Würfel anders zu fallen, auf jeder Strecke scheint alles möglich zu sein. Nur selten lässt sich vor dem Start eines Rennens ein sicherer Tipp abgeben, wer am Ende des Tages ganz oben auf dem Podest steht.
Doch das soll sich nun ändern. Ausgerechnet hier. Lautete die Frage bisher meist "Wer kann heute gewinnen?", so fragen sich die Experten vor dem elften Rennen der Saison plötzlich: "Wer kann Lewis Hamilton stoppen?" Denn der Brite war in allen Trainingssitzungen schnell, dominierte das Qualifying und schien dabei immer noch Luft nach oben zu haben.
McLaren mit starter Ungarn-Bilanz
Kein Wunder also, dass man bei McLaren nach den erfolgreichen Auftritten in den letzten Jahren (fünf Siege seit 2007) erneut auf einen Erfolg am Hungaroring hofft. Grund des Optimismus sind laut Teamchef Martin Whitmarsh nicht nur Hamiltons überragende Zeiten auf eine Runde, sondern vor allem auch die Longruns, mit denen man "sehr zufrieden" ist.
Die in Hockenheim ans Auto gekommenen Updates haben den McLaren wieder siegfähig gemacht, das ist spätestens jetzt klar. Und selbst die Reifen, bei Jenson Button noch der Schwachpunkt, sind bei Hamilton laut Teamchef Whitmarsh kein Problem.
Hamiltons Rezept für einen Sieg ist deshalb simpel: "Wenn du Rennen gewinnen willst, musst du einen kühlen Kopf bewahren und die Strategie richtig wählen. Dazu dann ein guter Start. Fertig", so der Brite. Über die Konkurrenz verliert er kein Wort.
Vettel hofft auf Strategie-Vorteil
Kann Hamilton den Champagner also bereits öffnen? Wenn es nach Red-Bull-Teamchef Christian Horner geht, lautet die Antwort: Nein! "Auf eine Runde können wir nicht mit Hamilton mithalten, aber für das Rennen sind wir gut gerüstet", sagt Horner.
Auch Vettel sieht sich "in einer guten Position" fürs Rennen. Er hofft offenbar, dass man McLaren mit einer guten Rennstrategie abfangen kann. "Morgen geht es um die Strategie", bestätigt auch Mark Webber. Der wird von Platz elf allerdings kaum in den Kampf um den Sieg eingreifen können. Für ihn geht es eher um Schadensbegrenzung im WM-Kampf.
Renault: Reif für den ersten Sieg?
Wenn nicht Red Bull, dann vielleicht Lotus. Die Truppe von Teamchef Eric Boullier ist längst reif für einen Sieg. Die heißen Bedingungen kommen dem Boliden entgegen - und diesmal klappte es sogar mit dem Qualifying.
Romain Grosjean überraschte mit seinem zweiten Platz und darf sich nun berechtigte Hoffnungen machen. "Normalerweise sind wir im Rennen mit viel Benzin noch besser als im Qualifying. Deshalb ist das ein großer Erfolg für uns", sagte der Franzose. "Besonders wenn man bedenkt, dass es sehr schwer ist, hier zu überholen." Und: Wie man am Hungaroring gewinnt, das weiß Grosjean genau. Im vergangenen Jahr siegte er hier beim Rennen der GP2-Serie.
Einziger Wehrmutstropfen: Offenbar hat man besonders bei Grosjean das Auto diesmal mehr in Richtung Qualifying abgestimmt und dafür eine langsamere Renn-Pace in Kauf genommen. Und: Der Franzose muss erstmal heile durch die ersten Runden kommen. In der Vergangenheit sind ihm immer wieder Unfälle zum Verhängnis geworden.
Ferrari denkt bereits an die WM
Und was ist mit Ferrari? Fernando Alonso hat zwar mit Startplatz sechs bereits einen respektablen Abstand zur Spitze, ist ja aber bekanntlich immer für eine Aufholjagd gut. Auch in diesem Fall? Eher nich. "Wir müssen so ehrlich sein und uns eingestehen, dass wir hier nicht so schnell wie die Spitze sind", muss Alonso eingestehen."Uns fehlten neun Zehntel auf die Pole - da wird es schwierig, zu gewinnen. Ich denke deshalb lieber an die Weltmeisterschaft." Das heißt im Klartext: Hauptsache Punkte holen - und zwar mehr als Mark Webber.
Ganz aufgeben mag Alonso die Hoffnung auf einen Sieg aber dennoch nicht. "Dazu brauchen wir aner ein ungewöhnliches Rennen. Oder Regen, dann könnte es vielleicht klappen."
Droht ein erneutes Regenchaos?
Könnte das Wetter etwa das Zünglein an der Wage sein und Lewis Hamilton einen Strich durch die Rechnung machen? Für Sonntagnachmittag sind jedenfalls leichte Schauer angesagt, das Regenrisiko beträgt stattliche 70 Prozent.
Regen. Das wäre vermutlich die einzige Chance für Mercedes. Dort beteuert man nach dem desaströsen Qualifying zwar, dass man für das Rennen besser aufgestellt sei, doch aufgrund der anhaltenden Probleme mit dem Reifenverschleiß und der Balance des Autos ist das mehr als nur fraglich. "Wir erwarten nicht, dass wir morgen viel schneller sind", sagt Nico Rosberg. "Die meisten werden zwei Stopps machen, weil sie recht schonend mit den Reifen umgehen. Dann wird es sehr schwierig, nach vorne zu kommen." Mitterweile macht man keinen Hehl mehr daraus, dass man mindestens dreimal die Reifen wechseln wird.
Fazit: Öffnen sollte Lewis Hamilton den Champagner zwar noch nicht. Es kann aber nicht schaden, ihn schon mal kalt zu stellen. Wenn er den Start gewinnt und es trocken bleibt, wird es für die Konkurrenz schwer, ihn einzuholen.