Es war ein typischer "Iceman"-Moment. Ohne eine Miene zu verziehen oder die Stimme auch nur eine Nuance zu heben, sagte Kimi Räikkönen seinem Teamkollegen Sebastian Vettel seine eher bedingte als bedingungslose Unterstützung im Titelkampf zu. "Natürlich helfe ich ihm - wenn ich die WM selbst nicht mehr selbst gewinnen kann", erklärte der Ferrari-Pilot in Baku.
68 Punkte liegt der 37 Jahre alte Ex-Weltmeister, dessen letzter Sieg vom März 2013 datiert, in der Fahrerwertung vor dem Großen Preis von Aserbaidschan (15.00 Uhr im LIVETICKER) bereits hinter Vettel zurück. Doch einem wie Räikkönen, der um einen neuen Vertrag bei der Scuderia kämpft, verzeiht man solche Sätze. Schließlich ist der Schweiger aus Espoo mit seinen knappen, oft patzigen Aussagen einer der wenigen markanten Köpfe in der Formel 1.
Bottas "ist eine Wucht"
Auch wenn Valtteri Bottas (27) erst Ende April in Sotschi seinen ersten Grand Prix gewonnen hat, muss der zweite Finne im Fahrerfeld sich einen solchen Status erst noch erarbeiten. Zunächst als B-Lösung in der Nachfolge des zurückgetretenen Weltmeisters Nico Rosberg bei Mercedes abgetan, hat sich Bottas allerdings schnell Respekt verschafft. "Der Kerl ist eine Wucht", lobte etwa Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda den Zugang.
Mit der Verlängerung von Bottas' auslaufendem Vertrag hat das dennoch keine Eile. "Als wir Valtteri das Angebot unterbreitet haben, wusste er, dass wir uns Zeit für unsere Entscheidung nehmen würden. Der Fahrermarkt wird 2018 und auch 2019 offen sein", erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Bottas erntet Zuspruch von Hamilton
Bottas lässt sich von solchen Ansagen nicht aus der ihm eigenen Ruhe bringen. Auf die Frage, ob er den Vertrag mit sich selbst verlängern würde, antwortete er cool: "Natürlich!" Mit seinen Leistungen und seiner Haltung hat Bottas ausgerechnet in seinem Teamkollegen Lewis Hamilton einen großen Fürsprecher gewonnen. "Valtteri hat sich einen langfristigen Platz in der Mercedes-Familie verdient", sagte der WM-Zweite in Baku.
Diese Aussage darf nicht verwundern, denn für Hamilton ist die aktuelle Situation geradezu paradiesisch. Während er und sein einstiger Kart-Kumpel Rosberg sich zwischen 2013 und 2016 in Zweikämpfen auf der Strecke sowie in zahllosen Psychospielchen gegenseitig zermürbten, geht es seit Saisonbeginn bei den Silberpfeilen vergleichsweise harmonisch zu.
Anerkennung für die Räikkönen und Bottas
Damit hat Mercedes auf der Fahrerebene eine ähnliche Situation wie Ferrari, wo Vettel sich gut mit Räikkönen versteht. Deswegen war der Heppenheimer auch nicht böse über den leisen Vorstoß des Finnen. "Jeder von uns versucht, das Beste für sich rauszuholen. Aber entscheidend ist der Respekt voreinander", sagte der WM-Spitzenreiter.
Hamilton und Vettel wissen natürlich, wie wichtig der zweite Mann im Titelkampf werden kann. Als Puffer, aber auch als Adjutant, der dem Chef im Zweifel seinen Platz überlässt.
Und Mercedes und Ferrari wissen, was sie an ihren Finnen haben, zumal die Fahrerbesetzung für 2018 auch eine Frage der Alternativen ist. Kombinationen mit Fernando Alonso (McLaren) oder Max Verstappen (Red Bull) etwa wären sportlich reizvoll, aber böten reichlich Sprengstoff...