Wieder kein deutscher Sieger in Deutschland. Aber ehrlich gesagt hatte es auch keiner verdient. Damit will ich nichts gegen Sebastian Vettel sagen, dessen Leistung ich tadellos fand und dessen Bestrafung ich für zu hart halte. Verdient hatte den Sieg in Hockenheim letztlich trotzdem nur einer: Fernando Alonso. Wer soll diesen Kerl noch stoppen? Mir fällt niemand ein.
Meine Wertung für den Deutschland-GP:
Platz 1, Fernando Alonso: Ein Sieg im Ranking, wie er klarer nicht sein kann. Nasse Trainings, trockene Trainings, halbtrockene Trainings: Immer, wenn Alonso auf der Strecke war, war er schnell. Dann seine herausragende Pole-Runde im extrem kniffligen Qualifying. Dann ein Raketenstart gefolgt von einem Rennen ohne auch nur den kleinsten Mini-Fehler. Und das unter permanentem Druck. Ich bin von Alonsos ganzer Saison wirklich hellauf begeistert. Hockenheim war ein Spiegelbild dessen.
Platz 2, Sebastian Vettel: Er hat es selbst gesagt und er hat Recht damit: Vettel hat um den ersten Heimsieg gekämpft wie ein Löwe. Wie er sich nach dem zweiten Boxenstopp auf der allerletzten Rille an Button festgebissen hat, obwohl er lange Zeit eigentlich langsamer war, hat mich beeindruckt. Er hatte sich das Überholmanöver in der vorletzten Runde wirklich verdient. Ihn dann dafür zu bestrafen, mag den Regeln nach gerecht sein, aber ich finde es zu hart. Vettel war ohnehin schon mit der Nasenspitze vor Button und ich bin mir nicht so sicher wie der Engländer, dass Vettel ihn nicht auch ohne das Ausweichen neben die Strecke gepackt hätte. Es wäre eben nur richtig eng geworden. Dass Vettel nur einen Crash verhindern wollte, glaube ich ihm zwar nicht, aber trotzdem hätte man ihm das durchgehen lassen können. 2003 hat man Schumacher genau das gleiche Manöver gegen Trulli übrigens auch schon mal durchgehen lassen. Es gab also sogar einen Präzedenzfall.
Platz 3, Jenson Button: Da ist er wieder, der Vize-Weltmeister! Nach einer gefühlten Ewigkeit im Reifenelend und damit in der Versenkung haben die Updates am McLaren Button wieder zu einem potenziellen Siegfahrer gemacht. Seine Probleme mit dem Grip, die ihn an den Rand der Verzweiflung gebracht haben, scheinen wie weggeblasen. Und kaum ist das Selbstvertrauen zurück, zeigt Button auch wieder seine starken Überholmanöver. In diesem Fall gegen Hülkenberg und Schumacher.
Platz 4, Lewis Hamilton: Man kann darüber streiten, ob es unbedingt nötig war, als überrundeter Fahrer die Spitze um Vettel und Alonso aufzumischen. Aber Hamiltons freches Zurückrunden gegen Vettel hat immerhin gezeigt, dass auch er wie Button ohne sein Pech mit dem Reifenschaden um den Sieg hätte kämpfen können. Auf jeden Fall wär ein Podestplatz drin gewesen. Diese Punkte vermisst Hamilton im Titelkampf natürlich schmerzlich.
Platz 5, Kimi Räikkönen: Den Podestplatz hat er geerbt, aber nach mittelprächtigem Qualifying hat er es sich durch konstant starken Speed im Rennen doch verdient, oben auf dem Treppchen zu stehen. Räikkönen fuhr wie so oft in dieser Saison nicht sonderlich spektakulär, aber er macht im Gegensatz zu Teamkollege Grosjean kaum Fehler und bringt die Punkte nach Hause. Highlight seines Rennens war das Überholmanöver gegen Hülkenberg, als er vor der Mercedes-Tribüne mutig und frech mit Schumacher mitgezogen ist.
Platz 6, Sergio Perez: Hätte er im Qualifying nicht die Strafe wegen Behinderung bekommen und von Position 17 aus losfahren müssen, wäre er mindestens Vierter geworden. Aber auch so liest sich seine Aufholjagd von 17 auf sechs beeindruckend. Der Sauber ist einfach ein verdammt schnelles Auto und Perez kann es in vielen Rennen umsetzen. Nur leider im Qualifying viel zu selten.
Platz 7, Kamui Kobayashi: Für den zweiten Sauber-Piloten gilt das gleiche wie für Perez. Aber auch wenn er diesmal vor dem Mexikaner ins Ziel kam, steht Kobayashi in den Rennen oft im Schatten seines Kollegen. Auch dieses Mal hat Perez wieder mehr Plätze gut gemacht.
Platz 8, Michael Schumacher: Quali hui, Rennen pfui. So steht es auf den Ergebnislisten, aber was soll Schumacher machen, wenn sein Mercedes bei Trockenheit einfach viel zu langsam ist, um an einen Podestplatz denken zu können? Im Regen konnte Schumi einen Unterschied machen, wenngleich sein Crash am Freitag völlig unnötig war. Immerhin hat sich Schumi im Rennen wieder sehenswerte Zweikämpfe geliefert. Vor allem in der ersten Runde mit Vettel und später mit Hülkenberg.
Platz 9, Nico Hülkenberg: Quali hui, Rennen pfui. Schreiben wir bei ihm doch einfach das gleiche wie bei Schumacher, schließlich verliefen ihre Wochenenden ab Samstag auch fast identisch. Der vierte Startplatz war sensationell und ein klares Statement im engen Teamduell mit di Resta. Im Rennen war Hülkenberg dann oft leider chancenlos in seinen direkten Duellen und musste einen Gegner nach dem anderen ziehen lassen. Dass er am Ende wenigstens noch zwei Punkte geholt hat, beweist seinen Kampfgeist.
Platz 10, Nico Rosberg: Was bei ihm im Qualifying im Detail alles schief gelaufen ist, will ich gar nicht zu genau wissen. Fakt ist, dass er in einem Mercedes in Q2 nicht so sang- und klanglos hängen bleiben darf. Das ist ein dicker Minuspunkt. Aber im Rennen war er dafür sehr stark unterwegs, hat gleich in den ersten Runden eine Menge Boden gut gemacht und auch danach nicht die Ruhe verloren. Der eine WM-Punkt ist verdient, und hätte der Mercedes die Reifen nur ein bisschen mehr geschont, wäre sogar noch mehr drin gewesen.
Härtefall 1, Mark Webber: Nach einigen großartigen Rennen war das leider gar nichts. Nach seinem noch guten Qualifying konnte er im Rennen aus für ihn selbst rätselhaften Gründen das Tempo der Spitze nicht annähernd mitgehen. Selbst beide Sauber waren für ihn zu schnell, während sein Teamkollege um den Sieg kämpfte. Seine Formschwankungen werden doch wohl nicht schon wieder losgehen?
Härtefall 2, Timo Glock: Was für ein Drama beim Heimspiel! Nicht nur, dass Glock per se in einer Seifenkiste unterwegs ist. Jetzt muss er sich auch noch von Teamkollege Pic um eine Runde abhängen lassen. Das ist demütigend für einen Mann, der zu Toyota-Zeiten mal an Siegen geschnuppert hat. Klar hatte er technische Probleme, die ihn in Hockenheim eingebremst haben, aber langsam sollte er sich trotzdem überlegen, wie lange er sich das Elend bei Marussia noch antun will.
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