Wechsel beim SPOX-Driver-Ranking und schon führt ein Fahrer die Wertung für Singapur an, der noch nicht mal das Ziel erreicht hat. Egal, denn Lewis Hamilton dominierte die entscheidenden Momente des Wochenendes und hätte wohl nur wenig Probleme gehabt, das Rennen zu gewinnen.
Neben Sebastian Vettel haben es zwei weitere Deutsche in die Top Ten geschafft, weil Timo Glock sich trotz Kontakt mit der Leitplanke in seinem langsamen Marussia auf den zwölften Platz vorfuhr.
Die Wertung für den Singapur-GP:
Platz 1, Lewis Hamilton: Die Entschuldigung war eindeutig. "Wir haben gestern alles unternommen. Schade! Beim nächsten Mal!", funkte die McLaren-Box, als Hamilton sein Auto abstellen musste. Der Defekt hatte sich schon nach dem Qualifying am Samstag angekündigt. Die neue Hamilton-Serie: Entweder der Brite gewinnt oder er fällt aus. Dabei hätte er das Rennen ohne Getriebeprobleme wohl locker gewonnen.
Auf den weicheren Reifen war Hamilton schneller als Sebastian Vettel und sicherte sich so abermals den besten Startplatz. Der Unterschied auf der härteren Mischung war nicht so groß, dass ein Überholmanöver möglich gewesen wäre. Leichte Abzüge in der B-Note gibt es lediglich für die Fehler in den Trainings und in der Qualifikation.
Mit erschreckender Regelmäßigkeit schmiss Hamilton seine Zeiten weg, weil er individuelle Fehler machte. Dennoch war der Brite schließlich im Stande, sich neu zu konzentrieren und die Bestzeit zu setzen. Wer Hamilton in dieser Form und in diesem Auto schlagen soll, ist die große Frage vor dem GP in Japan.
Platz 2, Sebastian Vettel: Die Bestzeit in allen Trainingssessions, die Bestzeit im ersten Abschnitt der Qualifikation, der Sieg im Rennen und dennoch reicht es für Vettel in dieser Woche nur zu Position zwei im Driver-Ranking. Der Grund: Die anhaltenden Probleme, den Red Bull in der Startaufstellung ganz nach vorne zu stellen, um aus eigener Kraft um den Sieg zu fahren. Zudem resultierten die Trainingssbestzeit auch aus den Fehlern seines Konkurrenten Hamiltons.
Dennoch: Die Formkurve des Weltmeisters zeigt deutlich nach oben. Dem besten Startplatz seit dem Belgien-GP folgte der erste Sieg seit dem 22. April in Bahrain. Vettel legte zwar kein spektakuläres Rennen wie in Spa hin, überholte aber Pastor Maldonado schon am Start ohne Probleme und fuhr danach souverän und ohne die Gefahr eines Einschlags in die Leitplanke sein Rennen zu Ende. Zwischenzeitlich konnte er zudem die Lücke auf Hamlton verkleinern und schickte sich vor dessen Ausfall an, Druck auf den Briten auszuüben. Der Grund: Er kam mit den weichen Reifen besser zurecht als mit den superweichen.
Platz 3, Fernando Alonso: Große Hoffnung setzte Ferrari auf die in den letzten Monaten neu entwickelten Teile. Große Ernüchterung setzte ein, als die Scuderia die ersten Runden am Freitag absolviert hatte. Keine wirkliche Verbesserung, aber einen Fernando Alonso hält das nicht auf. Der Spanier verbesserte sich im Rennen im Vergleich zu seinem Startplatz um zwei Positionen und überholte dabei unter anderem Nico Hülkenberg souverän auf der Außenbahn. Mit welcher Gelassenheit Alonso Rennen für Rennen seine Leistung abruft und dauerhaft auf das Podest fährt, ist beeindruckend.
Platz 4, Paul di Resta: Force India auf Platz vier. Was vor Jahren wohl nur auf ein Regenrennen oder auf den Hochgeschwindigkeitskurs von Monza zurückzuführen gewesen wäre, ist mittlerweile immer öfter eine Option. Dennoch ist die Leistung des Schotten bemerkenswert. Fünf Plätze vor dem Teamkollegen gestartet, machte di Resta weitere zwei Plätze gut. Zum Schluss des Rennens verkleinerte er zudem den Abstand zu Alonso und begann, ihn unter Druck zu setzen.
Platz 5, Jenson Button: Platz zwei im Rennen, aber nur Fünfter im Driver-Ranking. Jenson Button hatte in Singapur keine Chance, Vettel zu überholen, obwohl sein Auto aktuell das bessere ist. Seinen eigenen McLaren-Teamkollegen zu attackieren war illusorisch. Auch wenn das britische Team es nie so klar formulieren wird: Button ist die klare Nummer zwei hinter Hamilton. Er mag die Reifen mehr schonen, aber Hamiltons Racing-Fähigkeiten bleiben ihm verwehrt.
Platz 6, Nico Rosberg: Mercedes verbesserte sich im Laufe des Wochenendes deutlich. Am Freitag waren die Silberpfeile noch chancenlos. Im Qualifiying reichte es immerhin für den letzten Abschnitt und im Rennen hielt es Rosberg für Mercedes-Verhältnisse ungewöhnlich lange mit seinen Reifen auf der Strecke aus. Der taktische Kniff, im letzten Abschnitt der Qualifikation auf eine gezeitete Runde zu verzichten, um so mit frischen Reifen ins Rennen zu starten, ging auf. Gegen Mitte des Rennens verteidigte er zudem seine Position, als sich mehrere Autos hinter ihm wie an einer Kette aufreihten.
Platz 7, Felipe Massa: Was macht ein Ferrari-Fahrer, der dauerhaft in der Kritik steht? Er räumt das Feld von hinten auf. Gewollt war Massas Husarenritt nach dem Boxenstopp natürlich nicht. Dennoch: Mit guten, teils harten Überholmanövern machte der Brasilianer zur Abwechslung wieder positiv auf sich aufmerksam. Bei aller öffentlichen Kritik: Als Teamkollege von Alonso zu starten, ist das härteste Los, das ein Formel-1-Fahrer ziehen kann. Bei Massa muss jetzt nur noch die Leistung im Qualifying stimmen, dann dürfte ein neuer Vertrag bei den Roten winken.
Platz 8, Kimi Räikkönen: Wahrscheinlich ist Räikkönen mit seinem Auto nie zufrieden, doch in Singapur hatte sich das Lotus-Team Chancen auf das Podest ausgerechnet. Umso enttäuschter war der Finne, dass er am Freitag und Samstag zu wenig Grip fand und nur von Platz zwölf ins Rennen ging. Zumal Teamkollege Romain Grojean abermals weiter vorne stand. Doch im Rennen das alte Spiel: Räikkönen arbeitete sich sukzessive nach vorne und rettete als Sechster im Kampf um die Fahrer-WM acht wichtige Punkte. Dass er dabei Glück mit den Safety-Car-Phasen hatte - geschenkt. Räikkönen fährt deutlich über der Leistungsfähigkeit seines Wagens.
Platz 9, Daniel Ricciardo: Zwei Red Bull in den Top-Ten. Eigentlich keine Überraschung. Doch der Sprung ist für einen Toro-Rosso-Piloten normal nur selten möglich. Ricciardo ließ dabei unter anderem seinen Landsmann Mark Webber aus dem Mutterteam hinter sich. Durch die beiden WM-Punkte in Singapur hat Ricciardo in dieser Saison schon sechs Zähler gesammelt. Um sechs Plätze verbesserte sich der Australier im Vergleich zu seinem Startplatz. Nur ein Fahrer schaffte einen größeren Sprung...
Platz 10, Timo Glock: ... und das war der deutsche Marussia-Pilot, dessen Rennen schon früh zu Ende schien. Glock übertrieb es in der neunten Runde und knallte in Turn 18 hart an die Mauer. Glücklicherweise konnte er weiterfahren und bewies anschließend, warum er als Singapur-Experte gilt. Er ließt nicht nur die Fahrer der anderen neueren Teams hinter sich, sondern auch Kobayashi im Sauber und Hülkenberg im Force India. Beide erwischten kein gutes Rennen und mussten nach einer Kollision kurz an die Box. Trotzdem ist ein zwölfter Platz mit dem nicht konkurrenzfähigen Marussia ein riesiger Erfolg.
Härtefall 1, Pastor Maldonado: Es ist immer wieder dasselbe: Maldonado schwankt zwischen Genie und Wahnsinn. An guten Tagen fährt der Venezuelaner wie am Samstag in der Klasse der Top-Piloten. Doch zumeist gönnt sich Maldonado Ruhetage. So auch am Sonntag, als er den Anschein erweckte, verzweifelt zu versuchen, seinen Ruf als Crash-Pilot zu widerlegen. So ließ er schon in der ersten Schikane Vettel und Button passieren, kämpfte dann aber immerhin bis zu seinem technisch bedingten Ausfall mit Alonso.
Härtefall 2, Mark Webber: Vettel gewinnt und sein Teamkollege? Kämpft im Mittelfeld um WM-Punkte und ging letztlich ohne einen einzigen Fehler nach Hause, weil er Kamui Kobayashi außerhalb der eigentlichen Strecke überholte und dafür eine Zeitstrafe von 20 Sekunden aufgebrummt bekam. "Die Saison ist noch lang. Aber mein Ziel hat sich seit 2010 nicht verändert: Ich will am Ende ganz vorne sein", hatte der Australier vor dem Rennen erklärt. So wird das nichts!
Härtefall 3, Michael Schumacher: Das Rennen lief ganz passabel für den Rekordweltmeister. Doch dann zeigte Schumacher, warum er vor allem im Ausland kritisch beurteilt wird. Mit einem unnötigen Unfall schoss er sich selbst und nebenbei auch Jean-Eric Vergne aus dem Rennen, der mit dem zweiten Toro Rosso die Chance auf WM-Punkte gehabt hätte. Es war schon der zweite Auffahrunfall in dieser Saison, für den Schumacher eine Strafe erhält. Beim Japan-GP wird er um zehn Plätze strafversetzt. Dass Schumacher die Schweigeminute für Sid Watkins auf der Toilette verbrachte, erweckte einen komischen Eindruck, fließt in das Driver-Ranking aber nicht ein. Hier geht es schließlich um die fahrerische Leistung.
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM