SPOX: Herr Jantschke, die Bochumer haben Ihrem Team das Leben im Relegations-Hinspiel wesentlich unangenehmer gemacht, als ursprünglich erwartet. Die Funkel-Truppe hatte zudem Pech, dass Schiedsrichter Günter Perl länger als angezeigt nachspielen ließ. Warum tat sich Ihr Team schwer?
Jantschke: Bochum hat das echt gut gemacht. Durch das 4-5-1-System entstanden wenig Lücken. Das war so ähnlich wie im letzten Heimspiel gegen Freiburg. Es ist dann immer schwer, den entscheidenden Pass zu spielen. In den ersten Minuten ging es noch gut, dann war etwas Leerlauf drin.
SPOX: Lucien Favre hatte den VfL sehr intensiv beobachtet. Scheinbar hatte er mit seiner Aussage Recht, dass die Chancen 50:50 stehen. Sind die Unterschiede zwischen 1. und 2. Liga doch nicht so groß?
Jantschke: Gegen die oberen Teams aus der 2. Liga ist es nicht einfach. Bochum hat schließlich auch gute Spieler. Sehr viele haben Erstligaerfahrung. Wir wussten, dass es ein Duell auf Augenhöhe wird. Darauf waren wir vorbereitet. Jetzt sind wir einfach froh, dass wir das Spiel gewonnen haben.
SPOX: Gegen Ende der ersten Hälfte kam etwas Nervosität unter den Gladbacher Spielern und Fans auf, da Bochum unerwartet gut mithielt. In der Schlussphase war Ihre Mannschaft jedoch ständig am Drücker.Jantschke: Richtig! Da sind wir dann mit der Unterstützung der Fans nochmal angerannt. Am Ende hatten wir Chance um Chance und dann auch verdient das Tor gemacht.
SPOX: Sie sprechen die Fans an. Man hat den Eindruck, dass in Gladbach eine regelrechte Nichtabstiegseuphorie herrscht. Puscht so eine Stimmung ein Team nochmal zusätzlich?
Jantschke: Absolut! Wir haben uns in den letzten Wochen alle zusammengerauft. Mannschaft und Fans wollen den Klassenerhalt gemeinsam packen.
SPOX: Trägt das knappe Spiel vielleicht auch dazu bei, sich nicht auf dem Hinspielerfolg auszuruhen?
Jantschke: Ein 1:0 bedeutet noch gar nichts. Für uns gilt es jetzt, die Konzentration zu behalten. Sicherlich können wir uns jetzt freuen, mehr aber auch nicht.
SPOX: Sie sind erst 21, haben allerdings bereits massig Erfahrung im Abstiegskampf. Bereits Hans Meyer schmiss Sie ins kalte Wasser. War die Anspannung im Spiel gegen Bochum größer als sonst?
Jantschke: Eigentlich gar nicht. Seit zehn Wochen ist für uns jede Partie ein Endspiel. Wir gehen in jede Partie mit der Einstellung, dass es am Anfang 0:0 steht. Die Grundvoraussetzung ist immer, dass wir hinten sicher stehen und die Null halten. So sind wir die Spiele in den letzten Wochen angegangen, und gegen Bochum ist das nicht anders. Wenn wir auswärts ein Tor machen, dann wird es natürlich schwer für Bochum.
SPOX: Früher agierten Sie als defensiver Mittelfeldspieler, nun spielen Sie als Rechtsverteidiger und haben auf der Position Tobias Levels verdrängt. Liegt Ihnen das Verteidigen auf der rechten Außenbahn mehr als das Abräumen vor der Abwehr?
Jantschke: In den letzten Jahren habe ich so gut wie alles gespielt - als Innenverteidiger, Linksverteidiger, Rechtsverteidiger und auch als Sechser. Mir ist das mittlerweile sch...egal.
SPOX: Die Rückrunde der Saison 2010/2011 verläuft für Sie persönlich vor allem in der Endphase optimal. Welchen Anteil hat Trainer Lucien Favre an Ihrer Entwicklung?
Jantschke: Für mich läuft es auf jeden Fall super. Ich weiß aber nicht, ob das jetzt unbedingt am Trainerwechsel lag, denn ich war ja auch lange verletzt. Dass Lucien Favre mir in so einer schwierigen Phase das Vertrauen gegeben hat, ist natürlich super. Wichtig war es auf jeden Fall, dass wir als Mannschaft zusammengerückt sind. Dazu gehören auch die Spieler, die hinten dran sind.
SPOX: Wie geht man als junger Spieler damit um, wenn man schon am Anfang der Karriere vom Verletzungspech heimgesucht wird?
Jantschke: Wenn man so lange verletzt ist, dann ist es immer schwer. Gerade die erste lange Verletzung ist für einen Jungprofi besonders bitter. Es ist aber schon lange abgehakt. Ich bin voll fit. Der Rest interessiert nicht mehr.
SPOX: Ihre Stärken liegen ganz klar im Zweikampf, beziehungsweise in Ihrer Bissigkeit. Beim letzten Saisonspiel in Hamburg konnte man allerdings merken, dass Ihnen im Duell gegen Eljero Elia in manchen Situationen noch ein wenig die Abgebrühtheit gefehlt hat. Gibt es Punkte, an denen Sie im Training besonders hart arbeiten?
Jantschke: Machen wir uns doch nichts vor - ich bin 21 Jahre alt. Dass ich da noch sehr viel lernen muss, ist wohl ganz klar. Ich bin nicht der erste Verteidiger gewesen, der gegen Elia mal ein Laufduell verloren hat. Das ist fast so, als wenn man gegen Ribery spielt. Solche Spieler haben Marktwerte von ungefähr 20 Millionen Euro. Sicherlich muss man sich an denen messen. Aber man muss auch realistisch bleiben. Dass man gegen solche Spieler auch mal einen schlechten Tag erwischt oder dass solche Profis einfach einen guten Tag haben, kann passieren.
SPOX: Sie sind in Hoyerswerda geboren und haben in der Jugend für FV Dresden Nord gespielt. Trotzdem sind Sie fast schon so etwas wie eine Identifikationsfigur, da Sie aus dem Gladbacher Nachwuchsbereich kommen. Fühlen Sie sich mittlerweile am Niederrhein wie zu Hause?
Jantschke: Der Osten ist natürlich meine Heimat. Ich bin aber jetzt fünf Jahre am Niederrhein. Man kann ganz klar sagen, dass das meine zweite Heimat ist.
Tony Jantschke im Steckbrief