Die erste Trainerentlassung der Saison wirft eine Reihe von Fragen auf.
Dass der Hamburger SV seinen Coach Michael Oenning knapp 48 Stunden nach dem 0:1 zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach nun doch entlässt, kam in dieser Form etwas überraschend.
Dabei liegt die Schuld an der sportlichen Misere nicht nur am Ex-Trainer.
Auch Sportdirektor Frank Arnesen, der Vorstand und der Aufsichtsrat und natürlich die Mannschaft tragen ihren Teil dazu bei.
Die Rolle von Michael Oenning
Der Trainer hatte mit einer ganzen Reihe von Problemen zu kämpfen. Als ehemaliger Co-Trainer von Armin Veh hatte Oenning die Misere der vergangene Saison schon zu Teilen mitverantwortet, nachdem er dann auf den Chefposten gehievt wurde, wollte ihm bis zum heutigen Tag außer dem 6:2-Auftaktsieg gegen den 1. FC Köln im März kein Sieg mehr gelingen.
13 Spiele ist der HSV nun schon ohne Dreier, der Negativrekord von Josef Schneider mit 14 Spielen am Stück ohne Sieg aus dem Jahr 1967 wackelt bedenklich.
Die miese Statistik ist dabei die eine Sache. Man durfte es Oenning abnehmen, dass er sich persönlich davon ein gutes Stück befreien konnte.
Aber seit Wochen zauderte er nur noch. Oenning zeigte keinen echten Kampfeswillen, fast gleichgültig und emotionslos blieb seine Mimik - völlig egal, ob im Vorfeld einer Partie oder nach einer weiteren Niederlage.Aus der Mannschaft wurden nach dem Gladbach-Spiel am Samstag deutliche Signale vernommen, dass die Gruppe offenbar nicht mehr an den Trainer und dessen Wirken glauben mochte. Zu eindeutig äußerten sich etwa Heiko Westermann oder Mladen Petric.
Petric im Interview: "Man kann jetzt nicht ruhig bleiben"
Dass Oenning dabei in sechs Spielen sechs verschiedene Aufstellungen wählte, dazu noch dreimal das System umstellte und bisweilen merkwürdige Ideen hatte (neun defensiv eingestellte Spieler im Heimspiel gegen Gladbach, Abräumer Jarolim im rechten offensiven Mittelfeld, die spielstarken Son und Töre auf der Bank), zeugten vielleicht von großem Erfindergeist - nicht aber von einem klaren und vor allem praktikablen Konzept.
Die Situation war verfahren. Oenning kennt die Gesetze des Geschäfts. Er muss spätestens am Samstag gemerkt haben, dass es zwischen ihm und der Mannschaft nicht mehr funktionierte. Dementsprechend hatte er sich nach dem Spiel auch von seiner Mannschaft etwas distanziert. Trotzdem hat er nicht von sich aus hingeworfen.
Aus finanzieller Hinsicht eine absolut konsequente Entscheidung, immerhin löst der Verein den Vertrag jetzt auf und muss seinem scheidenden Trainer noch eine Abfindung zahlen.
Allerdings hätte Oenning mit der zugegeben ungewöhnlichen Geste des freiwilligen Rücktritts noch ein letztes Mal für Aufsehen sorgen können.
Zumindest hört sich seine Aussage zur Demission so an, als habe er nur noch darauf gewartet, dass ihm jemand endlich das Vertrauen aufkündigt. "Es ist auch für mich nachvollziehbar, dass der Verein in der jetzigen Situation einen anderen Weg geht", wird Oenning zitiert.
Es bleibt die Bilanz von vier Siegen aus 31 Bundesligaspielen für Nürnberg und HSV. Keine besonders prickelnde Serie für einen möglichen Neuanfang in der Bundesliga - wann und wo auch immer.
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