Es war im Frühjahr 2009, als Marcos Antonio, damals in Diensten von PAOK Saloniki, eine schlimme Diagnose erhielt: Lymphdrüsenkrebs. Es folgte eine Operation in Portugal. Zum anschließenden Erholungsurlaub ging es nach Brasilien.
Gerade einmal acht Monate später trat der Brasilianer schon wieder gegen den Ball. Bei Belenenses Lissabon fand Marcos Antonio zu alter Stärke zurück.
Dieser kurze, dramatische Ausschnitt aus dem Leben des 29-Jährigen zeigt nicht nur Antonios mentale Stärke. Er zeigt auch eine weitere Facette, die sich wie ein roter Faden durch die Karriere des Nürnberger Neuzugangs zieht. Gemeint sind Antonios zahlreiche Vereinswechsel. Immerhin war er zu PAOK nur ausgeliehen, kehrte vor seinem Gastspiel in Lissabon noch für einige Monate zum AJ Auxerre zurück.
Erfahrung und Lernbegierde
Einen erfahrenen Mann wollte Club-Trainer Dieter Hecking in der Innenverteidigung für den nach Leverkusen abgewanderten Philipp Wollscheid haben - den hat er mit Antonio zweifellos bekommen: 193 Profi-Spiele stehen auf dem Konto des 1,85 Meter großen Abwehrspielers, dabei gelangen ihm immerhin zehn Tore und fünf Vorlagen. Auch acht Einsätze (jeweils über 90 Minuten) in der Europa League kann Antonio vorweisen, alle acht aus der vergangenen Saison mit Rapid Bukarest, wo er Kapitän war.
Bis es soweit war, machte Antonio an vielen Stationen Halt. Aus seinem Heimatland Brasilien ging es 2002 nach Portugal zum FC Porto, es folgten Leiheschäfte mit Coimbra und Gil Vicente. Der nächste feste Wechsel brachte Antonio 2006 nach Leiria, schon ein Jahr später ging es nach Auxerre.
Über PAOK Saloniki sowie Belenenses zog es den Rechtsfuß schließlich zu Rapid Bukarest, wo er mit zwei Jahren die längste Zeitspanne am Stück bei einem Verein in Europa verbrachte. Kurz gesagt: Seit zehn Jahren spielt Marcos Antonio in Europa, Nürnberg ist seine zehnte Station.
Einen großen Vorteil hat Antonios Nomadendasein: Nürnberg kann sich auf einen Spieler freuen, der kaum Integrationsprobleme haben dürfte: In jedem Land, in dem Antonio spielte, lernte er die Landessprache und beherrscht sie alle fließend. Auch der nächsten Herausforderung blickt er zuversichtlich entgegen. Zur "Bild" sagte der Brasilianer kürzlich: "Meine Frau und ich möchten jetzt länger in Deutschland bleiben und schnell die Sprache lernen."
Vorfreude auf beiden Seiten
In Nürnberg ist die Begeisterung groß, dass man den kopfballstarken Abwehrspieler verpflichten konnte. "Wir freuen uns, dass wir einen Innenverteidiger mit internationalem Format gewonnen haben. Marcos bringt viel Erfahrung und Spielpraxis mit", zeigt sich Manager Martin Bader hochzufrieden.
Und auch Antonio selbst kann die neue Saison kaum abwarten: "Ich freue mich auf meine neue Aufgabe beim 1. FC Nürnberg. Es ehrt mich, für einen absoluten Traditionsverein in der Bundesliga spielen zu dürfen. Die Bundesliga ist eine der besten Ligen in Europa, es wird eine tolle Herausforderung", so der 29-Jährige auf der Vereinshomepage. Seine Stärken schätzt der 29-Jährige so ein: "Ich komme über den Einsatz, bin robust und habe ein gutes Stellungsspiel."
Ein wichtiger Faktor für den erfolgreichen Transfer war ein Ex-Clubberer: Honorato Glauber, 2007 Pokalsieger mit dem Club, spielte zusammen mit Antonio bei Rapid Bukarest. Er wusste viel Positives über den FCN zu berichten und machte dem Brasilianer einen Wechsel zusätzlich schmackhaft.
Vor Ort hofft Martin Bader nun unter anderem auf Javier Pinola, der Antonio den Start möglichst leicht machen soll: "Südamerikaner fallen in Pinolas Aufgabenbereich", schmunzelt der Manager. Mit dem sprachbegeisterten Brasilianer dürfte Pinola dabei aber nicht allzu viel Arbeit haben.
Auch Trainer Dieter Hecking setzt große Hoffnungen in seinen neuen Abwehrspieler: "Er ist eine Führungspersönlichkeit, der sich in die Achse vom Torwart bis zum Stürmer einbinden soll. Ich bin mir relativ sicher, dass wir einen guten Fang gemacht haben."
Saisonstart in Gefahr?
Eine letzte Hürde gibt es vor dem Saisonstart allerdings noch zu überwinden. George Copos, Präsident von Rapid Bukarest, behauptet standhaft, einen gültigen Vertrag mit dem Abwehrspieler zu haben - eine Option habe seinen Vertrag verlängert. Antonio-Berater Djuro Ivanisevic ist da anderer Meinung: "Die Option zur Verlängerung ist am 30. April verstrichen. Darum darf er ablösefrei wechseln."
Auch Club-Manager Martin Bader bleibt gelassen: "Zum einen hat Rapid die Option auf ihn nachweislich nicht rechtzeitig gezogen. Zum anderen - und das ist vielleicht noch wesentlich wichtiger - hat er drei Monate lang kein Gehalt mehr bekommen", zitiert ihn die "Bild". Entsprechend habe Marcos Antonio auch von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht.
Nun entscheidet die FIFA in Zürich, wie mit dem Fall verfahren wird. Hinsichtlich des Auftaktspiels beim Hamburger SV gibt sich Bader jedoch optimistisch: "Das verpasst er nur, wenn ihn der Trainer nicht aufstellt."
Marcos Antonios Vorfreude wird durch das Bürokratie-Hickhack ohnehin nicht gemindert: "Jetzt freue ich mich darauf, in einer der besten Ligen der Welt meinen Mann zu stehen. Ich weiß, dass Nürnberg letzte Saison eine gute Platzierung erreicht hat. Ich möchte mithelfen, dass wir noch besser abschneiden können."
Marcos Antonio im Steckbrief