Felix Magath: Der letzte Happel-Jünger

Von Andreas Lehner
Felix Magath ist zum zweiten Mal Trainer beim VfL Wolfsburg
© Getty

Felix Magath gehört zu den erfolgreichsten deutschen Trainern. Sein Arbeitsstil ist geprägt von den Trainerlegenden der 80er Jahre. Ist das noch zeitgemäß oder schadet diese Herangehensweise inzwischen seinem Ruf?

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Jefferson Farfan hat vor und während der Partie zwischen Schalke 04 und dem VfL Wolfsburg (3:0) noch mal klar gemacht, was die meisten schon längst wussten. Der Peruaner und Felix Magath werden keine Freunde mehr.

Farfan geißelte Magaths Arbeitsweise vorher als "menschlich fragwürdige Methoden" und deckte seinen Ex-Trainer nach seinem Treffer zum 1:0 mit allerhand spanischen Schimpfwörtern ein.

Es war eine der großen Pointen dieses Spieltags, dass Magath ausgerechnet auf Schalke den vorläufigen Tiefpunkt der Negativentwicklung beim VfL Wolfsburg miterleben musste.

An dem Ort, wo Magath vor einigen Monaten eine rasante Wandlung vom Messias zum Schreckgespenst durchmachen musste, nachdem er das Vertrauen der Mannschaft und der Entscheidungsgremien verloren hatte.

Schalke: Magaths Karriereknick

Die knapp zwei Jahre auf Schalke bedeuteten einen erheblichen Knick in Magaths Karriere. War er nach seiner erfolgreichen Zeit beim VfB Stuttgart, beim FC Bayern und beim VfL Wolfsburg auf dem Zenit seines Schaffens, diskutiert ganz Deutschland seit seiner Entlassung bei den Königsblauen im März 2011 nur noch über die Trainingsmethodik und die Transferpolitik des Spitzentrainers - meist mit negativem Unterton.

Magath verlor in dieser Zeit die Deutungshoheit über die Szenerie. Die Schalker Bosse schafften es, ihm die Alleinschuld für die Probleme zuzuschieben, obwohl sie bei der Verpflichtung hätten wissen müssen, wie Magath arbeitet und wie er den geforderten Umbruch bewerkstelligen will.

Einige Methoden wirken abenteuerlich

In Wolfsburg wollte er seinen Ruf wieder aufpolieren. Die sportlichen Erfolge, die auch auf Schalke vorhanden waren, sollten wieder einhergehen mit einer respektvollen Wertschätzung seiner Arbeit.

Doch die Diskussionen gehen weiter. Magath muss sich immer öfter fragen lassen, ob seine Arbeitsweise noch zeitgemäß ist. Das zuletzt diskutierte Umkippen der Wasserflaschen zur Stärkung des Teamgeists wirkt in Zeiten von moderner Trainingssteuerung und Leistungsdiagnostik abenteuerlich.

Was aber auch diesen Vorfall mit der Vergangenheit verbindet, ist die klare Linie in Magaths Handeln. Jeder weiß, wie Magath arbeitet. Medizinbälle, Waldläufe und Bergtouren gehören seit jeher zu seinem Repertoire.

Geprägt von Happel und Zebec

Magath hat seinen Stil als Trainer auf dem Fundament von Ernst Happel und Branko Zebec gebaut, beides Trainerlegenden der 80er Jahre. Ein rauer Umgangston in der Kommunikation mit seinen Spielern gehört deshalb dazu.

Nur ist Magath mittlerweile der letzte Jünger der Happel-Generation. Der älteste Trainer der Liga, Jupp Heynckes, mahnt beispielsweise immer wieder an, dass die neue Spielergeneration einer nicht auf konstanten Druck basierenden Führung bedürfe und auch mal in den Arm genommen werden müsse.

Doch Magath ist kein Streichler, kein Seelenmasseur, der um Ausgleich und Harmonie bemüht ist. Er gibt die Richtung vor und wer ihm nicht folgt, bekommt Probleme.

Großes Personalpuzzle

Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch dieser Weg zum Erfolg führt. Magath selbst hat das schon mehrfach bewiesen. In Wolfsburg steht er aber aktuell mal wieder vor einem großen Personalpuzzle.

An sieben Spieltagen hat er sieben verschiedene Startformationen aufgeboten. Es handelt sich hierbei aber nicht um kluge Rotation zur Dosierung der Kräfte, sondern um die Suche nach der richtigen Formation.

Der Trainer Magath muss das Personal des Managers Magath noch in ein funktionierendes System fügen. 4-2-3-1, 4-3-2-1, 4-3-3, 4-4-2 bisher war fast alles dabei. Am besten sah es noch zum Auftakt beim VfB Stuttgart (1:0) aus, als Diego als Regisseur glänzte, Naldo und Pogatetz die Abwehr dicht machten und vorne Bas Dost als effektiver Knipser auftrat.

Neues Team rund um Diego

Zählt man Torhüter Diego Benaglio dazu, war eine viel versprechende Achse zu erkennen. Bis auf den Schweizer konnte aber keiner seine Leistung bestätigen. Auch Magath gibt zu, dass seine Mannschaft nicht harmoniert. "Vor allem, weil das System um Diego noch nicht funktioniert."

Der Brasilianer sollte vor der Saison verkauft werden, doch es fand sich kein Abnehmer, der die finanziellen Rahmenbedingungen erfüllen konnte. Also baut Magath seine Mannschaft entgegen seines ursprünglichen Plans um Diego. Und das dauert.

Schalke ist Magaths Vorbild

Wie lange er für seinen neuerlichen Umbruch Zeit hat, ist offen. Volkswagen um den Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn hat das Projekt bewusst in Magaths Hände gelegt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die erfahrenen Manager bei Volkswagen zu schnell unruhig werden", sagt Magath.

Er weiß aber auch, dass er schleunigst Punkte braucht, um nicht bald bei den Managern zum Rapport erscheinen zu müssen. Der Konzern wird nicht in blinder Treue mit Magath in den Abstiegskampf marschieren, dafür ist zu viel Geld geflossen.

Das Ende seiner Zeit sieht Magath ohnehin noch längst nicht gekommen. "Ich gehe davon aus, dass ich hier längerfristig arbei­ten kann."

Als Referenzobjekt dient Magath dabei ausgerechnet der letzte Gegner. "Ich darf noch mal daran erinnern, dass eine ähnliche Phase beim FC Schalke vor zwei Jahren auch da war. Mittlerweile ist die Mannschaft stabil und gehört zu den besten in der Liga. Diese anfänglichen Probleme haben wir hier auch."

Der Kader des VfL Wolfsburg