Ein Transfer mit System

Robert Lewandowski (l.) im Duell mit Jerome Boateng und David Alaba
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Martinez, Guardiola, Götze, Thiago, Lewandowski - Global Player zu holen hat bei Bayern mittlerweile Tradition. Wie die vorherigen Groß-Transfers macht auch der Lewandowski-Deal rein sportlich absolut Sinn.

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Ende August 2012 stellte der FC Bayern den bis dato teuersten Spieler der Bundesliga-Geschichte vor. 40 Millionen Euro zahlte der Verein an Athletic Bilbao für Javi Martinez. Der Spanier war nach der Trauma-Saison 2011/12 Wunschspieler von Trainer Jupp Heynckes.

In vielen Gesprächen mit Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nach dem verlorenen Champions-League-Finale im eigenen Stadion hatte Heynckes die Notwendigkeit einer Verstärkung für das defensive Mittelfeld betont.

Mit der Verpflichtung von Martinez gingen die Bayern bewusst ein hohes Risiko ein. 40 Millionen Euro für einen Spieler auszugeben, der zwar schon Welt- und Europameister, international aber noch nicht nachhaltig in Erscheinung getreten war, war selbst für Münchner Maßstäbe ungewöhnlich.

Systematische Transfer-Offensive

Es sollte aber lediglich der Beginn einer systematischen Transfer-Offensive sein, in der die Bayern nach und nach in regelmäßigen Abständen ihre Belegschaft erweiterten und dabei die Qualität konstant auf hohem Niveau hielten.

Im Januar 2013 gaben sie die Verpflichtung des begehrtesten "arbeitslosen" Trainers der Welt bekannt. Drei Monate später entzogen sie Borussia Dortmund in einer Nacht- und Nebelaktion mit Mario Götze den Kronprinzen, ehe weitere drei Monate später erneut der Wunschspieler des Trainers ("Thiago oder nix") geholt wurde.

Und jetzt also Robert Lewandowski. Der FC Bayern schert sich nicht darum, dass mit Götze und Lewandowski dem einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten hierzulande die wichtigsten Körperteile rausgerissen wurden. Nationale Rivalen an der kurzen Leine zu halten, indem man ihnen die besten Spieler abluchst, hat in München Methode, seit Uli Hoeneß die Geschäfte macht.

Sammer: Bloß keine Selbstgefälligkeit

Allerdings haben die Bayern mit den Transfers von Götze und Lewandowski in erster Linie zwei andere Ziele verfolgt: die Qualitätssteigerung des eigenen Kaders und das permanente Setzen neuer Reize.

"Robert Lewandowski wird uns im Sommer neuen Schub verleihen", sagte Rummenigge. Bloß nicht einschlafen, ja nicht auf Erfolgen ausruhen.

"Der FC Bayern kann doch nicht in Selbstgefälligkeit verharren, zufrieden auf seinen Kader schauen und im Ist-Zustand so lange verharren, bis wir irgendwann nicht mehr funktionieren und dann panisch in Aktionismus verfallen", sagte Sportvorstand Matthias Sammer im Trainingslager in Katar der "Bild".

"Wir müssen perspektivisch denken und uns stets verbessern. Wir müssen den Erfolg absichern und das machen wir unter anderem durch neue Transfers", so Sammer weiter.

Mehr Bescheidenheit, weniger Arroganz

Dass der Verlust von Spielern der Kategorie Götze oder Lewandowski dem BVB nicht bekommt, mag ein netter Nebeneffekt sein, für die Praktiken des FC Bayern spielt es aber keine bedeutende Rolle.

Noch in der Nacht des verlorenen Champions-League-Finals gegen Chelsea wurden die Eckpfeiler der neuen Strategie diskutiert und gedanklich aufgestellt. Dem FC Bayern ist mittlerweile nur noch das Beste gut genug. Mit großer Wucht wird regelmäßig auf den Tisch gehauen, in ganz Europa begehrte Spieler frühzeitig angepiekst - in den letzten 18 Monaten mit durchschlagendem Erfolg.

Die Bayern sind auch bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen. Martinez, Thiago und Götze kosteten in Summe knapp 100 Millionen Euro Ablöse, pro Jahr sind für diese drei Spieler, Lewandowski und Guardiola zusammen etwa 40 Millionen Euro an Gehalt fällig, Bonuszahlen exklusive.

"Wir sind froh und glücklich, dass uns die Verpflichtung von Robert Lewandowski gelungen ist", sagte Rummenigge fast schon unterwürfig. Generell fällt auf, dass der FC Bayern stark darauf bedacht ist, in Zeiten mit nachhaltigen Erfolgen auf allen Ebenen ein gewisses Maß an Bescheidenheit der dem Klub urtypischen Arroganz vorzuziehen.

Nein, er werde kein Wort über Robert Lewandowski verlieren, gab Pep Guardiola am Montag zu Protokoll. "Es ist nicht korrekt meiner Mannschaft gegenüber, Borussia Dortmund gegenüber und auch Lewandowski gegenüber, jetzt über ihn zu sprechen. Ich kann nächste Saison über ihn sprechen."

Klares Bekenntnis pro Mandzukic

Es gehört auch zum guten Ton, dem vorhandenen Personal das Gefühl zu geben, dass jeder gebraucht wird. Im Fall Lewandowski hat insbesondere Mario Mandzukic Geborgenheit nötig. Nachdem Rummenigge dem Kroaten eine Vertragsverlängerung in Aussicht stellte, betonte Guardiola in Doha die Wichtigkeit seines treffsicheren Stürmers.

"Mario ist ein starker Spieler und ist unser Top-Scorer, er war bisher sehr, sehr wichtig und hat uns mit seinen Toren geholfen. Er bleibt hier", so der Coach.

Die Bayern werden mit Lewandowski und Mandzukic in die neue Saison gehen, es sei denn, man erhält in den nächsten Monaten ein unmoralisches Angebot für den Kroaten. Mandzukics Berater ließ aber mitteilen, dass sein Klient nicht daran denke, München zu verlassen.

Steigerung der taktischen Variabilität

Und für die Bayern gibt es rein sportlich auch keinerlei Veranlassung, Mandzukic wieder abzugeben. Zwei Stürmer von diesem Kaliber im Kader zu haben, erhöht nicht nur die Qualität und verschärft die Konkurrenz-Situation, sondern steigert auch die taktische Variabilität.

Guardiola setzt auf verschiedene Stürmertypen, um auf unterschiedliche Verteidigungsstrategien der Gegner reagieren zu können.

Thomas Müller funktioniert als unberechenbarer Raumdeuter, Götze als besonders spielstarker Spieler, der selbst auf engstem Raum im Strafraum noch Lösungen parat hat. Mandzukic ist der körperlich robuste Arbeiter, extrem gut im Kopfballspiel und spielintelligent.

Mit Lewandowski hat Guardiola eine zusätzliche, äußerst vielversprechende Option im Angriff. Wie Mandzukic setzt der Pole seinen Körper vorteilschaffend ein, gerade auch dann, wenn er hauteng markiert wird. Egal, ob Lewandowski den Ball auf Brusthöhe annimmt, oder den Pass in den Fuß bekommt, ist dieses Körper-zwischen-Gegner-und-Ball-Bringen schlichtweg Weltklasse.

Die Saison von Mario Mandzukic und Robert Lewandowski im Opta-Vergleich

Lewandowski beherrscht in diesen Situationen beides: den Ball abtropfen zu lassen oder sich samt Ball um den Gegner Richtung Tor zu drehen. Anders als Mandzukic, der von der Sturmmitte gerne auf die Flügel oder in die Halbräume ausweicht, zieht Lewandowski die Innenverteidiger gerne ins Mittelfeldzentrum und positioniert sich zwischen den gegnerischen Ketten.

Obwohl Lewandowski laut Opta in dieser Saison beim BVB deutlich mehr vertikale Pässe spielt (28,5 Prozent) als Mandzukic bei Bayern (17,4 Prozent), hat er eine bessere Passquote (siehe Grafik).

Es ergibt für den FC Bayern absolut Sinn, beide Stürmer im Kader zu haben. Und Mandzukic kann mit einer guten WM zusätzlich Punkte bei Guardiola sammeln. Das letzte große Turnier hat ihm schließlich auch geholfen - der FC Bayern wurde während der EM 2012 auf ihn aufmerksam.

Robert Lewandowski im Steckbrief

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