"Die Mannschaft hat mich verändert"

Jakub Blaszczykowski läuft in Bad Ragaz seine Runden meist zusammen mit Marco Reus
© getty

Jakub Blaszczykowski arbeitet nach einem Kreuzbandriss im Trainingslager von Borussia Dortmund in Bad Ragaz an seinem Comeback. Die Rückkehr des Polen dürfte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Im Interview spricht Kuba über die Gründe für seine Weiterentwicklung als Persönlichkeit, die Erkenntnisse aus seiner Verletzungspause und erklärt, warum er dem BVB seit 2007 die Treue hält.

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Frage: Herr Blaszczykowski, Sie sind seit 2007 bei Borussia Dortmund und damit mittlerweile einer der dienstältesten Profis. Verglichen zu Ihrer Anfangszeit beim BVB scheinen Sie sich sehr verändert zu haben. Sehen Sie das auch so?

Jakub Blaszczykowski: Natürlich habe ich mich verändert. Das merkt man aber selbst gar nicht so sehr wie Außenstehende. Ich bin jetzt im achten Jahr hier, da ist mittlerweile eine ganze Menge an Zeit vergangen. Die Mannschaft hat mich allerdings auch verändert. Wir haben nun eine stark besetzte Truppe mit enorm hoher individueller Qualität beisammen, so dass die Stärken des Einzelnen besser zum Tragen kommen. Dann zeigt man auch als Spieler Eigenschaften, die zuvor vielleicht noch nicht so zum Vorschein kamen. Nicht nur ich habe mich also verändert, sondern auch der Klub.

Frage: Er ist in jedem Fall deutlich erfolgreicher geworden als zum Zeitpunkt Ihres Wechsels.

Blaszczykowski: Definitiv. Die Erwartungshaltung hat sich seitdem stark verändert. Wir haben ein paar Titel gewonnen und spielen seit einiger Zeit regelmäßig in der Champions League. Danach haben wir selbst gespürt, dass es nicht leichter wird, wenn man erfolgreich ist. Wir müssen auch jetzt wieder sehen, dass wir unsere Neuzugänge so integrieren, dass wir in der kommenden Saison noch besser als in der letzten spielen. Ich hoffe auf einen Titel.

Frage: Wie stellen sich denn die Neuzugänge diesbezüglich bislang an?

Blaszczykowski: Sehr gut, das läuft. Wir hatten noch nie ein Problem damit, einen Neuzugang in unsere Gruppe zu integrieren. Bei uns ist die Stimmung seit langer Zeit hervorragend. Das macht es für die Neuen deutlich einfacher, im Team anzukommen.

Frage: Zurück zur Erwartungshaltung: Wie sehr wirkt die auf einen Spieler ein?

Blaszczykowski: Wir müssen uns damit auseinandersetzen, in viele Spiele als Favorit zu gehen. Das ist immer wieder eine Herausforderung und natürlich etwas vollkommen anderes als in meinen ersten zwei, drei Jahren. Aber das haben wir mittlerweile auch total verinnerlicht. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, denn das Ziel muss jetzt immer dasselbe sein: In die Champions League zu kommen.

Frage: Jürgen Klopp meinte kürzlich, zu ihm wurde in seiner Anfangszeit beim BVB häufiger gesagt, dass Sie oft traurig wirken. Können Sie das nachvollziehen, dass man damals diesen Eindruck von Ihnen hatte?

Blaszczykowski: Das mag so gewirkt haben, aber ich kann im ersten Jahr natürlich auch nicht gleich total selbstbewusst auf alle zugehen. Ich konnte damals so gut wie kein Deutsch sprechen und mich daher nicht perfekt mit meinen Mitspielern verständigen. Die Sprache war am Anfang meine Grenze. Jetzt verstehe ich ja alle und bin gleich fröhlicher (lacht).

Frage: Klopp setzt bei seinen Spielern immer einen großen Willen voraus. Inwiefern ist Ihre Willenskraft unter ihm gestiegen?

Blaszczykowski: Als er hierher kam, waren seine Anforderungen an die Spieler etwas Neues für mich. Aber wir Spieler haben dann gesehen, dass man gerade durch Eigenschaften wie Wille und Kampfgeist gewisse Defizite anderen Mannschaften gegenüber ausgleichen kann. Ohne den Willen geht es bei uns nicht. Wir hätten die Titel in den vergangenen Jahren sonst nicht eingefahren, davon bin ich überzeugt - ganz egal, wie groß die individuelle Qualität in der Mannschaft war.

Frage: Der Kreuzbandriss war die bislang schwerste Verletzung in Ihrer Karriere. War da auch der Wille ausschlaggebend, um im Anschluss nicht in ein Motivationsloch zu fallen?

Blaszczykowski: Ja und Nein. Ich bin eigentlich nicht der Typ, der sich von so etwas herunterziehen lässt. Dazu bin ich wohl grundsätzlich zu positiv eingestellt. Als Fußballer muss einem bewusst sein, dass dich eine solche Verletzung erwischen kann. Der Tag nach der Verletzung war für mich der erste Tag in der Reha. Ich habe mir keine anderen Gedanken gemacht, als dafür zu kämpfen, so schnell wie möglich zurück zu kommen.

Frage: Dennoch haben Sie denn Fußball erstmals eine längere Zeit nur von außen betrachten können. Wie fühlte sich das für Sie an?

Blaszczykowski: Ich habe während der Verletzungspause auf jeden Fall für mich selbst gelernt, wie wichtig der Fußball wirklich in meinem Leben ist - und wie schwer es mir fällt, wenn ich zum Zuschauen verdammt bin. Ich weiß jetzt, dass die Zeit nach der Karriere schwer werden könnte. Ich habe zwar keine Angst davor, aber in dieser Hinsicht wurde mein Bewusstsein geschärft.

Frage: Sie haben letztes Jahr Ihren Vertrag vorzeitig bis 2018 verlängert. Können Sie sich vorstellen, bis zum Karriereende beim BVB zu spielen?

Blaszczykowski: Bis dahin vergeht noch so viel Zeit, das lässt sich momentan nicht seriös beantworten. Ich bin sehr dankbar, dass mir der Verein schon so viele Jahre lang vertraut. Meine Familie und ich fühlen uns in der Stadt extrem wohl, Dortmund ist unsere zweite Heimat geworden. Es gibt daher keinen Grund zu wechseln oder sich mit etwas anderem als dem BVB zu beschäftigen.

Frage: Dennoch gab es immer wieder Gerüchte um Angebote anderer Klubs. Hat es Sie da nie gejuckt?

Blaszczykowski: Dortmund war immer mein erster Ansprechpartner. Ich möchte noch einmal besonders betonen: Wir haben eine super Atmosphäre in diesem Verein. Nicht nur unter uns Spielern, auch das Trainerteam, die Ärzte und Physiotherapeuten sind dafür verantwortlich, dass sich hier jeder so wohlfühlt. Der Verein ist klasse, die Fans auch - da gibt es kaum einen Grund, wegzugehen.

Frage: Sie sind kürzlich zum zweiten Mal Vater geworden. Ihre eigene Kindheit war dagegen keine leichte: Da Ihre Mutter früh starb, sind Sie bei Ihrer Oma aufgewachsen. War es für Sie immer schon klar, einmal selbst Kinder haben zu wollen?

Blaszczykowski: Natürlich. Es gibt nichts Besseres als Kinder. Meine Kinder sind mir am wichtigsten. Die Erziehung ist nicht immer einfach, aber wenn deine Kinder glücklich sind, löst das einfach ein wahnsinniges Gefühl in einem aus. Meine Frau und ich sind jetzt aber natürlich doppelt gefordert, unsere Zwei auf den richtigen Weg zu führen.

Frage: Die in sportlicher Hinsicht wichtigste Frage zum Abschluss: Wann sind Sie wieder fit?

Blaszczykowski: Ich konzentriere mich momentan darauf, so schnell wie möglich wieder ins Mannschaftstraining einzusteigen. Es macht keinen Sinn, jetzt einen bestimmten Tag zu nennen. Ich nähere mich dem Mannschaftstraining an und glaube, dass ich in zwei, drei Wochen wieder hundert Prozent geben kann. Dann wäre ich einsatzbereit - theoretisch. Aber ich muss abwarten, wie schnell ich wieder der Alte sein kann.

Jakub Blaszczykowski im Steckbrief