"Ich warne davor, zu eindimensional in Richtung Thomas Tuchel zu denken", hatte Hans-Joachim Watzke noch am Donnerstag gesagt. Drei Tage später vermeldete der BVB die Verpflichtung Tuchels. Ob und welche Alternativkandidaten tatsächlich thematisiert wurden, ist unklar. Klar ist jedoch: Die Option Tuchel war die logischste aller Konsequenzen aus der Vertragsauflösung mit Jürgen Klopp.
Tuchels fachliche Kompetenz ist unbestritten, wenngleich er sich erst bei einem Profiverein auszeichnen konnte. Er teilt die Akribie und Leidenschaft von Klopp und dürfte mit seinem Vorgänger als begehrtester deutscher Trainer gelten.
Doch vor allem ist er jemand, der Dortmund die dringend benötigte taktische Flexibilität einimpfen kann. Zu oft wirkte Dortmund hilf- und mittellos in dieser Saison, wenn der Gegner ihn zum Ballbesitzfußball nötigte. Eine Modifizierung der Spielidee ist unausweichlich.
Keine Alternative auf dem Markt
Dass Watzke sich einen deutschsprachigen Trainer wünschte, schränkte die Auswahl weiter ein. Ein Lucien Favre, der das Anforderungsprofil vielleicht auch hätte erfüllen können, steht nicht zur Verfügung.
Und deutschsprachige Trainer auf dem fachlichen Niveau von Tuchel gibt der Markt derzeit nicht her.Auch aus Tuchels Perspektive scheint der BVB die beste aller Wahlmöglichkeiten zu sein. Er wird Chefcoach eines höchst professionell geführten Vereins mit gewaltigem Potenzial auf allen Ebenen. Die Strahlkraft der Marke Dortmund ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen und hat in der Seuchensaison nur vergleichbar geringe Schäden genommen.
Auch die finanzielle Schlagkraft ist trotz Krise weiterhin enorm. "Der Wachstumskurs wird sehr stark fortgesetzt, das ist keine Frage", bestätigte Watzke im Februar. Vor allem aber im Kader steckt ein riesiges Potenzial, das in den vergangenen Jahren mehrfach unter Beweis gestellt wurde und diese Saison viel zu selten abgerufen werden kann. Rein qualitativ zählt Dortmund zweifellos noch zu den Top 4 der Bundesliga.
Alle Faktoren sprechen für Dortmund
All diese Faktoren sprechen vehement für Dortmund und gegen Tuchels Alternativoptionen. In Stuttgart und Hamburg hätte er womöglich einen Zweitligisten übernehmen und im ersten Schritt einen beträchtlichen Scherbenhaufen beseitigen müssen. Zudem haben beide Vereine in den letzten Jahren unzählige Trainer verbrannt, während Dortmund mit Klopp eine Ära prägte.
Bliebe noch Leipzig, wo Tuchel ein ambitioniertes Projekt mit beängstigender finanzieller Potenz hätte vorantreiben können. Allerdings wäre der Preis dafür mindestens ein Jahr 2. Liga gewesen, was für Tuchel dem Vernehmen nach nicht in Frage kam.
In der Folge erscheint die Ehe Tuchel/Dortmund für beide Parteien als folgerichtige Konsequenz. Mit Tuchels Verpflichtung hat der BVB zumindest auf der Trainerbank schon jetzt die bestmöglichen Voraussetzungen für die Post-Klopp-Ära geschaffen.
Thomas Tuchel im Steckbrief