Im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung werden beim Bundesligisten ein neuer Vereinsvorsitzender und erstmals auch ein Aufsichtsrat gewählt. Für den selbst ernannten Karnevalsverein, der in der Rückrunde der vergangenen Saison lange um den Klassenerhalt zittern musste, ist es die größte Strukturreform der Klubgeschichte.
Da passt es zur allgemeinen Aufbruchstimmung, dass drei Tage vor der Sitzung im ehemaligen Nationalkeeper René Adler (zuletzt Hamburger SV) eine namhafte Neuverpflichtung nach Rheinhessen gelockt werden konnte. "Ich habe das Gefühl", sagte der 32-Jährige, "dass in Mainz etwas Spannendes entstehen kann."
Strutz am Ende in der Kritik
Während Adler als Hoffnungsträger beim FSV gelandet ist, macht ein Mainzer Urgestein den Abflug. Der bisherige Präsident und Rechtsanwalt Harald Strutz (66) nimmt nach knapp 30 Jahren und etlichen Erfolgen mit den "05ern" seinen Hut.
Wenn auch nicht ganz freiwillig. Ende 2015 war bekannt geworden, dass sein Ehrenamt mit rund 23.000 Euro im Monat vergütet wurde. Der gut vernetzte Strutz ("Ich fühlte mich wie eine durchs Dorf getriebene Sau") geriet ins Fadenkreuz der Kritik.
Der Ruf nach Transparenz und professionelleren Strukturen im Klub wurde parallel dazu immer lauter. Bei der Mitgliederversammlung am 13. November 2016 wurde nach vielen Anläufen dann endlich ein großes Reformpaket verabschiedet. Der Weg für den Reformprozess im Allgemeinen und die Installierung eines Aufsichtsrats als Kontrollgremium im Besonderen war nun frei.
"Habe bewiesen, dass ich den Verein kenne"
Der schillernde Strutz, der auch als Vizepräsident der DFL fungierte und im Vorstand des DFB saß, verzichtet auf eine neuerliche Kandidatur als Mainz-Boss. Bereits in den vergangenen Monaten überließ er die öffentlichen Kommentare Vizepräsident Jürgen Doetz und zog sich peu à peu zurück.
Der 72-jährige Doetz bewirbt sich ebenso wie Johannes Kaluza und Frank Röhr für das Amt des Vereinsvorsitzenden. "Für mich zählen Einsatzbereitschaft, Pflichtbewusstsein und Kreativität. Ich glaube, dass ich für den Verein etwas leisten kann. Ich habe bewiesen, dass ich ihn kenne", sagte Doetz, der unter anderem elf Jahre Pressesprecher des ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU) war.
"Beziehung muss neu belebt werden"
Unternehmer Kaluza (62) ist der Meinung, dass übermäßiger Kommerz die deutsche Fußball-Vereinskultur erdrücke. "Wir müssen den Dialog mit den anderen Traditionsvereinen suchen, denn das Geschäftsmodell des bezahlten Fußballs zwingt den Vereinen einen knallharten Kapitalismus auf", meinte Kaluza.
Auch für Prokurist Röhr (50) ist es das "vorrangige" Ziel, den FSV "langfristig" in der Bundesliga zu etablieren. "Die Beziehung zwischen den Menschen in dieser Stadt und natürlich in der ganzen Region und dem Verein muss neu belebt werden", forderte Röhr in seinem Wahlprogramm.
Am Sonntag um 11.00 Uhr wird die Bühne in der Halle 45 aber noch einmal Strutz gehören. Die außerordentliche Mitgliederversammlung beginnt mit dem Jahresbericht des amtierenden Präsidenten. Doch die Zukunft des FSV Mainz 05, sie hat schon längst begonnen.