Verraten Sie, wie hoch nun Ihr Monatsgehalt war?
Meunier: 5000 Euro brutto, was am Ende 2500 Euro netto ergab. Ich hatte also im Grunde trotz des Profivertrags eine ähnliche Summe wie in guten Monaten bei Virton, aber immerhin musste ich nicht mehr in der Fabrik arbeiten. (lacht) Die genaue Summe war mir aber natürlich egal, denn ich war ja jetzt auf einmal Profi. Ich sehe den Fußball auch heute nicht als Beruf, denn ich muss ja nur einen Ball durch die Gegend kicken.
Stimmt es, dass Sie dann noch einmal in der Fabrik vorbeischauten und ankündigten, nach der Karriere zurückzukehren?
Meunier: Ja. In meiner Abteilung waren zehn fast nur junge Kerle, die alle verrückt nach Fußball waren. Wir waren wirklich eine tolle Truppe. Die sind sogar jedes Wochenende nach Virton gefahren, um mir zuzuschauen. Ich habe ihnen gesagt, dass ich dort nach der Karriere wieder anfange, doch mittlerweile arbeiten die meisten woanders. Ich bin mit ihnen immer noch in Kontakt, aber heute sind nur noch ein oder zwei Jungs dort.
In Brügge waren Sie mit 19 nun doch weit von der Heimat entfernt. Wie sind Sie damit umgegangen?
Meunier: Ganz zu Beginn war es schwer für mich. Ich hatte mich noch nie um irgendwelche Rechnungen gekümmert und keinen Schimmer, wie man kocht. Es dauerte, bis ich mich an all die neuen Umstände gewöhnt hatte. Als dieser Prozess jedoch abgeschlossen war, merkte ich, dass ich mich eigentlich nur auf mich konzentrieren und um mich kümmern musste. Ich hatte keine Kinder, meine Freundin ging noch zur Schule und folgte mir erst zwei Jahre später. Im Grunde musste nur die Bude halbwegs sauber sein und gekickt werden.
Bald werden Sie zehn Jahre lang Profi sein. Sie sind in Brügge zum Rechtsverteidiger umgeschult worden, 2013 Nationalspieler geworden, spielten eine EM und eine WM und waren vier Jahre lang Teil des Starensembles von Paris Saint-Germain. Wie lebt es sich heute für Sie als jemand, der bekannt und berühmt ist?
Meunier: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wirklich auf den Ort ankommt. In Brügge sind die Leute sehr respektvoll und fast zu schüchtern, um nach einem Foto zu fragen, wenn sie dir auf der Straße begegnen. Das Leben dort als Fußballspieler war absolut wundervoll. In Paris veränderte sich das jedoch extrem und ich hatte große Schwierigkeiten damit, weil diese Dimension für mich vollkommen neu war.
Inwiefern?
Meunier: Es gibt in dieser riesigen Stadt nur diesen großen Verein, auf den sich alle Aufmerksamkeit fokussiert. Egal, wo ich hinging, wurde ich erkannt. Die Leute waren viel direkter und gingen offensiv auf dich zu, um zu bekommen, was sie gerne hätten. Ich habe in der Hinsicht das Gefühl, dass gerade die jüngeren Generationen denken, sie können mit dir wie mit einem Kumpel umspringen, weil sie dich ja von ihrem heimischen Bildschirm kennen oder mit dir über die sozialen Medien interagieren können. Einige Menschen scheinen ein Problem damit zu haben, zwischen dem echten und dem virtuellen Leben zu unterscheiden.
Sie haben einmal erzählt, dass Sie der damalige PSG-Sportdirektor Patrick Kluivert nach Ihrem Wechsel nicht erkannt habe. Anders als in der belgischen Nationalelf trafen Sie in Paris nun täglich auf unzählige Stars wie Thiago Silva, Edinson Cavani, später Neymar oder Dani Alves. Welchen Eindruck hat es anfangs auf Sie gemacht, in diese Welt einzutauchen?
Meunier: Es fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht an, denn ich realisierte erstmals, welche Leistung ich erbracht hatte, um überhaupt an diesen Punkt zu kommen. Ich lebte in Paris und spielte mit all diesen berühmten und sehr guten Spielern zusammen, das war der wahr gewordene Traum vom Leben als Fußballprofi. Mich kannte zunächst kein Mensch, aber ich habe direkt regelmäßig gespielt und gute Leistungen gebracht. Es dauerte nicht lange, bis mich die Leute überall erkannten, aber es war natürlich nie so wie bei Neymar oder Cavani. Ich konnte immer in ein Restaurant oder ins Kino gehen.
Wie sah es denn bei denen konkret aus?
Meunier: Die können überhaupt nicht mehr rausgehen und müssten ihr Leben quasi nachts leben, wenn alle anderen im Bett sind. Sie müssen ein komplettes Kino für sich und ihre Bodyguards reservieren, nur um einmal einen Film zu schauen. Wir haben auch darüber gesprochen. Sie haben sich mit der Zeit einfach daran gewöhnt. Man braucht jedoch gute Leute um sich herum, um diesen Zustand frühzeitig zu kanalisieren und sich auch nicht allein zu fühlen. Mittlerweile wissen sie sehr gut, was sie tun können und was nicht - und in welchem Restaurant man ungestört isst. (lacht)
Bei einem Spieler wie Neymar steht außer Frage, dass er gewisse Superstar-Attitüden mitbringt und große Macht im Verein besitzt. Inwiefern genießt er eine Sonderbehandlung?
Meunier: Das bringt seine Stärke als Spieler einfach mit sich. Der beste Spieler bekommt das höchste Gehalt und ist dadurch in einer solch starken Position, dass er vieles bestimmen oder zumindest bei vielem einflussreich mitreden kann. Neymar hat viel dafür getan, um besser als die anderen zu sein und sich dieses Privileg daher verdient. Ob es er ist, Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Zlatan Ibrahimovic - sie sind alle professionell, mächtig und werden gehört, weil sie große Spieler mit Charisma sind und viel Gutes für den Fußball getan haben. Ich denke, dass man ihnen zuhören muss, denn was sie sagen wird immer im Interesse des Ganzen sein.
Wenn Sie eine Anekdote erzählen müssten, um uns die Person Neymar näher zu bringen, welche wäre das?
Meunier: Da fällt mir jetzt spontan nichts Konkretes ein, aber er mag es, seine Mitspieler zu Partys oder ins Restaurant einzuladen. Neymar ist im Privatleben ein einfacher Kerl. Im Restaurant macht er auch keine Schwalben. (lacht) Er ist wie viele Brasilianer, lächelt immer, macht Witze und mag die sozialen Kontakte. Es ist leicht, ihn in eine Gruppe zu integrieren. Auch Cavani oder Thiago Silva, das sind alles ganz normale Menschen.
Im Mai 2018 wurden Sie zum Buhmann, da Sie einen Tweet geliked haben, auf dem eine Choreographie des verhassten PSG-Erzrivalen Olympique Marseille zu sehen war. Beim nächsten Heimspiel wurden Sie gnadenlos ausgepfiffen, die Ultras forderten eine öffentliche Entschuldigung von Ihnen. Warum sind Sie dem nicht nachgekommen?
Meunier: Weil ich den Fußball liebe.