"Roberto hat was im Kopf"

SID
Roberto Di Matteo (stehend) hat in dieser Saison einen ungeahnten Aufstieg erlebt
© Getty

Der kleine Tschingg hat es allen gezeigt. Roberto Di Matteo vom FC Chelsea ist die Trainer-Entdeckung der Champions-League-Saison. In seiner Schweizer Heimat wundert das niemanden.

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Quizfrage: Welcher Klub kann von sich behaupten, den ehemaligen Schweizer Nationaltrainer Rolf Fringer, den deutschen Bundestrainer Joachim Löw und den Coach des Champions-League-Finalisten FC Chelsea, Roberto Di Matteo, in einem Team gehabt zu haben? Etwas überraschend die Antwort: der Schweizer Drittligist FC Schaffhausen.

Di Matteo ist sogar dort geboren. Beim FC Schaffhausen begann 1988 seine Profi-Karriere an der Seite von Löw, der dort seine Karriere langsam ausklingen ließ. Zwei Saisons lang spielten die beiden heutigen Erfolgstrainer zusammen beim FCS - der Glanz von damals ist heute längst vergangen.

An das Jahr 1990 erinnert sich Aniello Fontana besonders gerne zurück: "Unser Trainer war Rolf Fringer. Dazu der gestandene Profi Löw und der Newcomer Di Matteo im Team. Eine tolle Zeit, die beiden haben gut miteinander harmoniert", sagt der aktuelle Präsident des FC Schaffhausen. Auch Di Matteo denkt noch oft an seine Anfänge zurück. "Meine Wurzeln vergesse ich nie. Ich komme immer wieder gerne nach Schaffhausen zurück", sagt der 41-Jährige.

"Röbi" entschied sich gegen die Schweiz - und für Italien

Aktuell kreisen seine Gedanken aber nur um den FC Chelsea. Sensationell führte er die Londoner als Übergangslösung nach dem Rauswurf von Trainer Andre Villas-Boas in das Finale der Champions League am Samstag gegen den FC Bayern. Dass Di Matteo als Interimscoach in London durchgestartet ist, hält sein ehemaliger Mitspieler vom FC Aarau, Ryszard Komornicki, für keine Überraschung:

"Roberto war schon damals ein zielstrebiger Typ. Er wollte immer gewinnen, war sehr ehrgeizig. Und er hat sich schon als Spieler immer ein wenig mehr mit dem Fußball und seinen Taktiken auseinandergesetzt als die Mitspieler", sagt der polnische Ex-Nationalspieler: "Roberto hat was im Kopf. Als Trainer braucht man eben auch Intelligenz und Verstand."

34 Spiele für Italien

Gegen die Bayern fiebern ganz Schaffhausen und ein Großteil der Schweiz mit ihrem "Röbi". Dabei spürte Di Matteo als Jungprofi Gegenwind aus der Heimat. Der Schweizer Fußball-Verband wollte ihn einbürgern und für die Nationalelf aufbieten.

Di Matteo lehnte ab. Er wolle irgendwann für die italienische Nationalmannschaft auflaufen, dem Land seiner Eltern, gab er zu Protokoll. Überheblichkeit? Eher charakteristische Zielstrebigkeit. 34-mal lief er schließlich für die "Squadra Azzurra" auf, bei der EM 1996 und der WM 1998 gehörte er zum italienischen Aufgebot.

Leicht hatte es der 41-Jährige nicht immer. Als Jugendlicher wurde er oft als "kleiner Tschingg" beschimpft, eine abwertende Bezeichnung für italienische Einwanderer in der Schweiz. "Das hat mich nur härter gemacht. Ich wollte allen zeigen, dass ich es wirklich packen kann", sagt Di Matteo. Sein wichtigster Förderer hierbei war Rolf Fringer.

Karriereende nach Schien- und Wadenbeinbruch

In Schaffhausen und Aarau arbeiteten sie zusammen, noch immer halten sie engen Kontakt. Di Matteo sei sein verlängerter Arm gewesen, erklärt der ehemalige Trainer des VfB Stuttgart. "Röbi dachte schon als Spieler wie ein Trainer", sagt Finger, der zusammen mit seinem damaligen Spieler Di Matteo 1993 mit Aarau sensationell die Meisterschaft gewann. "Röbi war schon mit Anfang 20 der Leader, er kommandierte aus der Defensive und pushte seine Mitspieler zu Höchstleistungen."

Über die Station Lazio Rom landete Di Matteo schließlich 1996 beim FC Chelsea. In der alten Heimat fand seine Profikarriere ein abruptes Ende. Im UEFA-Cup-Spiel beim FC St. Gallen brach sich der Chelsea-Star im September 2000 das Schien- und Wadenbein, Nerven, Arterien, Bänder und Sehnen wurden in Mitleidenschaft gezogen. Ein Comeback-Versuch scheiterte - Di Matteo gab im März 2002 seinen Rücktritt bekannt.

Was er als Spieler nicht schaffte, will er nun als Trainer nachholen: den Titelgewinn in der Champions League. Fringer drückt ihm fest die Daumen: "Röbi hat einer leblosen Mannschaft wieder Atem eingehaucht. Wenn er gewinnt, bekommt er hoffentlich einen neuen Vertrag als Chefcoach. Alles andere würde ich nicht verstehen."

Roberto Di Matteo im Steckbrief

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