Thomas Tuchel feiert die Chelsea-Wende: "Keiner will gegen uns spielen"

Von SPOX/SID
Antonio Rüdiger avanciert unter Thomas Tuchel wieder zum Abwehrchef.
© getty / SPOX

Thomas Tuchel hat beim FC Chelsea die Wende eindrucksvoll geschafft. Besser als der Deutsche ist noch nie ein Blues-Coach gestartet und plötzlich scheint sogar der Gewinn der Königsklasse möglich.

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Thomas Tuchel lachte ausgelassen und herzte seinen Abwehrturm Antonio Rüdiger mit einer dicken Umarmung. Sichtlich gelöst feierte der noch unbesiegte Teammanager des FC Chelsea den ersten Einzug unter die besten Acht Europas seit sieben Jahren.

Und auch für ihn war es ein persönlicher Sieg: Mit dem besten Start eines Blues-Coaches überhaupt verwandelte Tuchel einen geldverbrennenden Krisenklub in einen Anwärter auf den Champions-League-Titel.

"Es kann einfach so bleiben", sagte Tuchel lächelnd bei Sky nach dem 2:0 (1:0) im Achtelfinal-Rückspiel gegen Atletico Madrid, dem 13. Spiel der Amtszeit des 47-Jährigen und dem elften, das gewonnen wurde. Verloren hat Tuchel in Blau noch nie und er ist nun sogar erfolgreicher als Luiz Felipe Scolari, der zu Beginn seiner kurzen Ägide 2008 zwölf Mal unbezwungen blieb.

In der Champions League ist nun alles möglich, am Freitag (12 Uhr live auf DAZN und im Liveticker) steht die Auslosung an. "Wir sind jetzt im Topf und ich bin sicher, dass keiner gegen uns spielen will", sagte Tuchel: "Das ist ein großer Schritt, von hier an machen wir weiter und wir brauchen keine Angst haben." Eventuell winkt ein Duell mit Ex-Klub Borussia Dortmund oder - noch pikanter - mit Paris St. Germain, das Tuchel in der Gruppenphase selbst noch betreut hatte, bis er im Dezember geschasst wurde.

Thomas Tuchel und die Reinkarnation von Antonio Rüdiger

Vielleicht war es Schicksal. Nur so konnte Tuchel im Januar Frank Lampard bei Chelsea beerben. Damals war der Klub bis auf Rang neun der Premier League abgestürzt und niemand träumte ernsthaft von Silberware in dieser Saison. Tuchel schaffte die Wende in Rekordzeit. Zuerst reparierte er die Abwehr, indem er unter anderem dem bei Lampard lange abgeschriebenen Rüdiger zu neuer Stärke verhalf.

Der deutsche Nationalspieler spielte im Herbst schon mit dem Gedanken eines Abschieds vom FC Chelsea. Zwischenzeitlich ließ ihn Lampard vier Spieler komplett aus dem Kader. Vom einstigen Abwehrchef war nichts mehr übrig. Rüdiger stand bereits in Kontakt mit Jose Mourinho (Tottenham Hotspur) und - ausgerechnet - Tuchel, der damals noch PSG trainierte. Nun arbeiten die beiden bei den Blues zusammen, Tuchel setzt auf Rüdiger.

Dieser dankte es ihm am Mittwoch gegen Atletico mit der nächsten Weltklasse-Leistung. Plötzlich scheint Chelsea wieder stark interessiert an einer Verlängerung seines 2022 auslaufenden Vertrags. Doch Rüdiger, die Geschehnisse im Herbst im Hinterkopf, will die EM abwarten und lässt Chelsea nach Angaben des kicker zappeln. Mit Tuchel an der Seitenlinie dürften Chelseas Chancen auf eine Weiterbeschäftigung des Innenverteidigers aber gut stehen. Aktuell ist das eine Win-Win-Situation. Chelsea hat (mit Rüdiger als Abwehrchef) unter Tuchel bislang lediglich zwei Gegentore kassiert und steht gegen den Ball so stabil, dass es fast angsteinflößend ist.

Tuchel wolle dabei, so meinte er, "das Spiel auf ein physisches Level bringen, wenn wir uns nicht ständig offensiv Chancen herausspielen". Denn der Angriff ist durchaus noch ein Manko.

Chelsea-Offensive: Hier hat Tuchel noch Arbeit vor sich

Kai Havertz (80 Millionen Euro/Bayer Leverkusen), Timo Werner (53 Millionen/RB Leipzig) und Hakim Ziyech (40 Millionen/Ajax Amsterdam) kämpften nach ihren Wechseln nach London im vergangenen Sommer mit ganz unterschiedlichen Problemen.

Gegen Atletico stellte Tuchel sie alle in die Startelf und nach gemeinsamer Vorarbeit von Havertz und Werner traf dann Ziyech (34.). "Es war natürlich schön zu sehen, dass unsere Offensivspieler in diesem Spiel wichtig waren", befand Tuchel danach.

Timo Werner, Kai Havertz und Hakim Ziyech im Statistik-Vergleich

StatistikTimo WernerKai HavertzHakim Ziyech
Spiele (davon Startelf)39 (32)31 (21)25 (17)
Tore1053
Minuten/Tor284353463
Großchancen-Verwertung27,6 %50 %50 %
Assists754
Kreierte Chancen312743
Passquote78,4 %85,7 %78,0 %

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass vor allem Pässe auf Werner und Havertz, wenn diese in die Tiefe starten, noch zu unregelmäßig ankommen - und daher aussichtsreiche Torchancen für das deutsche Duo gar nicht erst entstehen.

"Wir müssen in Sachen Entscheidungsfindung bei den Kontern präziser und abgezockter werden", forderte Tuchel, der anmahnte, dass sein Team Atletico auch 4:0 oder 5:0 hätte schlagen können. Für einen Trainer wie ihn gibt es eben immer Luft nach oben.