Wer am Ende des Abends nach Erklärungen und Antworten für dieses Halbfinale der Champions League suchte, wurde nicht in der Münchner Arena fündig. Egal, mit wem man sprach, man landete immer wieder in den letzten Minuten des Hinspiels im Camp Nou.
77 Minuten hielten die Münchner dort das 0:0. Ein Ergebnis, das das Rückspiel zu einer offenen Sache gemacht hätte. Aber dann kam Messi. Und ganz spät kam noch Neymar. Vor allem das 0:3 in der vierten Minute der Nachspielzeit schmerzte die Münchner auch am Dienstagabend noch sehr.
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"Man kann in Barcelona verlieren - 0:1, vielleicht auch 0:2, dann wäre heute auch mehr möglich gewesen", sagte Kapitän Philipp Lahm. So war klar, dass es einen perfekten Abend brauchte. Aber den gab es nicht.
Große Mannschaften müssen so fallen
Ohne Frage, die Bayern haben von der ersten Minute noch an das viel zitierte Wunder geglaubt. Sie haben einmal mehr in dieser Saison ihre enorme Mentalität als Mannschaft unter Beweis gestellt und sie haben gezeigt, dass sie auch ohne Arjen Robben, Franck Ribery und David Alaba auf Augenhöhe mit Europas Spitzenteams konkurrieren können.
Auch deshalb trug Trainer Pep Guardiola sein Statement auf der Pressekonferenz mit so großer Verve vor wie schon lange nicht mehr. Guardiola sagt eigentlich immer, dass er stolz sei auf seine Spieler. Aber dieses Mal konnte man seine Zufriedenheit über die Leistung seiner Mannschaft wirklich spüren.
Obwohl das Aus in der Champions League gerade besiegelt war, wirkte Guardiola irgendwie erleichtert. Die Anspannung war gewichen und er freute sich darüber, mit welchem Engagement sich seine Mannschaft in den 90 Minuten zuvor für das Unmögliche bemühte - und dabei seine Idee vom Spiel umsetzte.
Natürlich sei es schade, dass die Bayern das Finale verpasst hätten. "Aber wie wir verloren haben, das zählt", sagte Guardiola mit einem leichten Hang zum Pathos. "Große Mannschaften müssen so fallen wie wir heute."
War hier nicht mehr drin?
Die Bayern haben sich so verhalten, wie es die Spanier von deutschen Mannschaften erwarten. "Sie haben gekämpft und gekämpft, sie wollten den Spieß umdrehen", sagte Barcas Trainer Luis Enrique. Aber die Katalanen haben entscheidend zugestochen.
In Barcelona fielen die Tore spät, in München früh. Die Spielverläufe hätten unterschiedlicher kaum sein können, aber die Frage, die sich die Bayern am Ende stellten, war die gleiche: War hier nicht mehr drin?
Im Camp Nou waren die Münchner bis auf eine Großchance von Robert Lewandowski offensiv kaum in Erscheinung getreten. Das Fehlen der schnellen Flügelspieler Robben und Ribery durfte als Ausrede gelten. In der Allianz Arena konnten sich die Bayern aber auch ohne ihre Superstars reihenweise Torchancen erspielen.
Zu viele und zu einfache Gegentore
Beiden Spielen gemeinsam war hingegen die Tatsache, dass die Gegentore zu einfach weggegeben wurden. Bei aller Klasse von Lionel Messi, Luis Suarez und Neymar haben die Bayern zum Teil leichtfertige Fehler gemacht.
"Letztendlich haben wir vorne wie hinten zu viele Dinge im Detail nicht gut genug gemacht", sagte Thomas Müller. Es sei bitter, wenn man gut spiele, "dann aber Fehler macht und zwei Tore kassiert", meinte Philipp Lahm. Und Torhüter Manuel Neuer stellte fest: "Wir haben einfach zu viele Tore zugelassen, da kannst du nicht ins Finale einziehen."
Am Ende bleibt so auch unklar, wie nah die Bayern wirklich dran waren an der Wende. Rein statistisch fehlten immer mindestens zwei Tore. Spätestens nach dem zweiten Gegentreffer von Neymar war die Frage über das Weiterkommen beantwortet. Barca schraubte etwas zurück, Bayern drehte die Partie und konnte sich mit Anstand aus der Königsklasse verabschieden.
Aber hätte Barca bei einem 2:0 gewackelt? Oder nach einem 4:2? Oder war Barcas Offensive für Bayern ohnehin unkontrollierbar? War Bayern nach dem Hinspiel unterm Strich doch insgesamt chancenlos? Der Bayer hat für solche Situationen das Sprichwort "Nix Gwiss woas ma ned" erfunden. Es bleibt also alles Spekulation und damit auch ein Abend voller Halbwahrheiten.
Feiern und dann wieder angreifen
In diesen Zusammenhang passt auch die Personalie Mario Götze. Der Nationalspieler wurde drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit eingewechselt. Einfluss auf das Spiel erhoffte sich Guardiola davon nicht, es ging nur darum, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger, für ihn kam Javi Martinez, den verdienten Sonderapplaus zu schenken.
Götzes Zukunft wird nach Ende der Saison bei der angekündigten Analyse ebenso Diskussionsthema sein, wie weitere Umbaumaßnahmen im Kader. Man habe die Rückschläge "nicht so verkraftet, wie wir uns das gewünscht haben", sagte Matthias Sammer.
Sportvorstand und Trainer bleibt jetzt Zeit für eine Bestandsaufnahme. Für die Bayern ist die Saison mehr oder weniger beendet. In den Pokalwettbewerben sind sie ausgeschieden, die Meisterschaft haben sie schon vor zwei Spieltagen eingefahren.
"Jetzt will ich die Meisterschaft feiern", sagte Guardiola, der sich bei seinen Spielern gleich nach der Partie für "ein tolles Jahr" bedankt hat. "Und dann wir werden es im nächsten Jahr noch mal angehen."
FC Bayern München - FC Barcelona: Die Statistik zum Spiel