Es heißt ja immer, wir Deutschen würden zu viel meckern und zunächst immer nur das Negative sehen. Das wäre nun im Fall des VfL Wolfsburg nicht die Tatsache, dass der Verein erstmals Historisches geschafft hat und ins Viertelfinale der Königsklasse eingezogen ist. Nein, wenn man etwas negativ anmerken muss, dann die Tatsache, dass bei diesem historischen Ereignis die Volkswagen-Arena nicht ausverkauft war.
Eigentlich bietet das Stadion bei internationalen Spielen 26.000 Zuschauern Platz, allerdings fanden an diesem Dienstag lediglich 23.475 Fans der Wölfe den Weg in die Arena. Nicht nur der Gästeblock blieb fast leer, auch die Reihen auf der restlichen Tribüne waren durchaus löchrig besetzt. Natürlich war der Gegner mit KAA Gent nicht der attraktivste, dennoch hätte dieses Ereignis einen angemesseneren Rahmen verdient gehabt.
Sei es drum. Die Wölfe stehen erstmals in der Vereinsgeschichte unter den besten Acht in Europa. Der eine oder andere Nörgler wird nun aber den Zeigefinger heben und sagen, dass die Niedersachsen bisher noch keine wirklichen Champions-League-Gegner hatten.
Konzentrierte Leistung zahlt sich aus
Dem kann man natürlich nicht ganz widersprechen. Manchester United lebt derzeit eher vom Glanz der vergangenen Jahre als vom mitreißenden Fußball. ZSKA Moskau und PSV Eindhoven sind zwar kein Fallobst im europäischen Fußball, aber zur Creme de la creme des europäischen Spitzenfußballs zählen beide Teams weiß Gott nicht, ebenso wenig wie der Achtelfinal-Gegner aus Gent.
Allerdings setzte ich Wolfsburg immerhin gegen den amtierenden niederländischen und belgischen Meister und den Rekordchampion von der Insel durch, das schafft man nicht mit einer zusammengewürfelten Kirmestruppe. Für Julian Draxler war es daher "etwas ganz Besonderes. Es gibt dem Verein ein besonderes Gefühl. Man wird in Europa anders wahrgenommen. Deshalb war es sehr wichtig", so der Nationalspieler nach der Partie.
Ebenso sollte man nicht vergessen, dass die Wölfe im Hinspiel bis zur 80. Minute eine herausragende Leistung boten und erst durch zwei Unachtsamkeiten in den letzten zehn Minuten das Rückspiel zumindest nicht ganz unspannend machten. "Wir wussten, dass es noch einmal sehr schwierig wird. Man hat schon gesehen, dass wir über weite Strecken Souveränität ausgestrahlt haben und verdient weitergekommen sind. Aber wir waren nicht ganz so griffig, wie wir uns das vorgenommen hatten", sagte Max Kruse nach der Partie.
In der heimischen Arena hatte Wolfsburg in den Anfangsminuten durchaus Probleme mit den Gästen. Die anschließende Umstellung des Trainers von der zunächst angedachten Raute im Mittelfeld auf ein 4-2-3-1 war letztlich gewinnbringend, weil die Wölfe so das Flügelspiel der Gäste kontrollierten und dem eigene Spiel Stabilität verliehen.
Taktische Umstellungen greifen
Vor allem die Zentrumsspieler Luiz Gustavo, Joshua Guilavogui und Maximilian Arnold taten sich dabei besonders hervor. Insbesondere Arnold, der vor kurzem seinen Vertrag in der Autostadt bis 2020 verlängerte, war es, der den Spielaufbau der Gäste entweder in vorderster Linie an der Seite von Max Kruse oder im Mittelfeldzentrum immer wieder entscheidend störte und so dafür sorgte, dass die Wölfe im Spiel die Oberhand gewannen.
Im zweiten Durchgang fand der VfL endgültig zu seinem Spiel und ließ Gent kaum noch Chancen, an eben diesem teilzunehmen, weil man durch lange Ballbesitzpassagen das Geschehen kontrollierte. Andre Schürrle war es schließlich, der in der 74. Minute nach toller Vorarbeit von Draxler den Einzug ins Viertelfinale unter Dach und Fach brachte. "Es war eine sehr schwere Partie und wir haben sicher nicht unser bestes Spiel gemacht. Wir haben viel hinten rum gespielt und uns wenig getraut. Aber wir wussten, dass Gent kommen muss. Wir wollten gut verteidigen und auf unsere Chancen lauern. Hinten raus war es auch hochverdient. Gent hatte über 90 Minuten keine hundertprozentige Torchance", sagte der Torschütze nach dem Spiel.
Allofs fand Spiel "seltsam"
Ähnlich äußerte sich auch Draxler: "Insgesamt war es ein verdienter Sieg ohne besonderen Glanz. Aber es war insgesamt sehr abgeklärt." Sichtlich begeistert ob des Einzugs ins Viertelfinale war der Manager: "Es ist sensationell, daran hätten wir zu Saisonbeginn sicher nicht geglaubt", sagte ein hocherfreuter Klaus Allofs. Auch wenn er die Partie ebenfalls als "seltsam" zusammenfasste.
Der VfL Wolfsburg ist also zumindest in der Königsklasse im Konzert der Großen noch vertreten. Je nachdem, welches Team der VfL am 18. März in Nyon zugelost bekommt, muss diese Veranstaltung noch nicht zu Ende sein. Auch wenn die Wölfe gegen die meisten Teams natürlich krasser Außenseiter sind. Das sieht auch der Manager so: "Vielleicht gelingt uns ja eine Überraschung und wir können über uns hinauswachsen. Wir müssen wir sehen, wer für sich für das Viertelfinale qualifiziert."
VfL Wolfsburg - KAA Gent: Daten zum Spiel