Nicht nur auf die Haare achten!

Von Andreas Lehner
Lionel Messi (l.) und Mesut Özil sind die Technik-Künstler der beiden Teams
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J. Boateng / L. Podolski vs. Nicolas Otamendi / Maxi Rodriguez

Podolski gegen Otamendi könnte zum Schlüsselduell werden. Mit Otamendi bietet Maradona nämlich einen weiteren Innenverteidiger in seiner Viererkette auf. Schon alleine deswegen ist der 22-Jährige von Velez Sarsfield keine Optimalbesetzung als Rechtsverteidiger und kommt Podolskis Spielweise sehr entgegen, weil er sich am Offensivspiel eigentlich nicht beteiligt. Otamendi saß zu Turnierbeginn auf der Bank, spielte sich erst im dritten Gruppenspiel gegen Griechenland in die Startelf und verdrängte Gutierrez.

Otamendis praktisch nicht existentes Offensivspiel erspart Podolski ungeliebte Wege nach hinten. Otamendi zeigte gegen Mexiko, dass er Probleme mit schnellen Gegenspielern hat und ließ sehr viele Flanken zu. Podolski sollte also oft das direkte Duell suchen.

Das gleiche könnten die Argentinier auch Maxi Rodriguez flüstern. Denn Boateng wirkte bei seinen beiden Auftritten ebenfalls nicht unbedingt sicher und ließ sich oft mit einfachen Körpertäuschungen narren.

Insgesamt eine nahezu deckungsgleiche Seite, weil sich beide Verteidiger auf Außen nicht wirklich wohl fühlen und beide schussgewaltigen Offensivspieler lieber selbst zum Abschluss kommen, als die Stürmer zu bedienen.

Das Duell könnte sich aufheben, außer es spielt Juan Sebastian Veron. Dann bekommt das gesamte Spiel der Argentinier eine ganze andere Statik. "La Brujita" (die kleine Hexe) ist Taktgeber im Mittelfeld, er bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit des argentinischen Spiels. Veron ist überall auf dem Platz zu finden, aber alles andere als ein Flügelspieler und würde so in den Zuständigkeitsbereich von Schweinsteiger fallen. Spielte in München eine überragende Partie an der Seite von Mascherano. Eine Umstellung auf ein flaches 4-4-2 schloss Maradona aber schon aus, weil sonst kein Platz mehr für Tevez wäre. Also bleibt wohl Veron nur ein Platz auf der Bank.

 

Bastian Schweinsteiger / Sami Khedira vs. Lionel Messi

Es ist die Frage, über die sich die ganze Welt den Kopf zerbricht: Wie stoppt man Lionel Messi? Otto Rehhagel versuchte es mit gnadenloser Manndeckung, Mexiko mit zwei extrem defensiven Sechsern. Alles Maßnahmen, die Löw nicht treffen kann und nicht wird. In diesem Moment könnte er den Ausfall von Christian Träsch am meisten bedauern, er hätte wunderbar als Kettenhund zu Messi gepasst. Nun müssen Schweinsteiger und Khedira diese Aufgabe lösen.

Was bei der WM bisher klar wurde: Messi hat alle Freiheiten und wird von Maradona protegiert wie kein Zweiter. "La Pulga" (der Floh) kann sich in der Offensive frei bewegen und ist aus der Defensive ausgenommen. Seine Kraft gilt dem Offensivspiel. Hat er mit dem Ball am Fuß erstmal Tempo aufgenommen, ist es eigentlich schon zu spät. Khedira muss also ähnlich diszipliniert und tief spielen wie gegen England, sonst steht Schweinsteiger im großen Raum auf verlorenem Posten.

Ganz wichtig: Der Abstand zwischen der deutschen Abwehrkette und dem defensiven Mittelfeld muss klein gehalten werden - hier hat man gegen England Wayne Rooney oft zu viel Platz gelassen. Messi aber sucht den Platz zwischen den Linien wie kein Zweiter, um dort Tempo aufzunehmen und selbst abzuschließen oder auf die Stürmer abzulegen.

 

Mesut Özil vs. Javier Mascherano

Deutschlands Schlüsselduell in der Offensive. Özil verleiht dem deutschen Spiel - ähnlich wie Messi auf argentinischer Seite - Leichtigkeit und Kreativität. Seine Spielweise ist der Grund dafür, warum die spanische Sporttageszeitung "Marca" Deutschland ein Fußballspiel mit Violinen attestierte. Das Duell mit Mascherano ist seine nächste Nagelprobe bei dieser WM. "El Jefecito" (der kleine Chef) gehört zu den besten defensiven Mittelfeldspielern der Welt.

Er ist so gut, dass Maradona schon lange vor der WM sagte, seine Nationalelf sei immer Mascherano plus zehn andere Spieler. Das Gute für Özil: Ähnlich wie bei England Gareth Barry organisiert Mascherano das defensive Mittelfeld der Argentinier alleine - nur um Längen besser. Özil sollte aber viel Platz bekommen, um nach links oder rechts auszuweichen, weil Mascherano das Zentrum schließen muss. Kann ihn Özil mal aus der Mitte locken, gibt es viel Raum für den nachrückenden Khedira oder den einrückenden Müller.

 

Miroslav Klose vs. Martin Demichelis / Nicolas Burdisso

Klose ist so gut wie Pele - zumindest was die geschossenen Tore bei Weltmeisterschaften angeht (12). Und er will mehr. Klose hat in diesem Turnier wieder bewiesen, dass er im geistig und körperlich fitten Zustand Deutschlands bester Stürmer ist. Bayern-Kollege Demichelis weiß, was auf ihn zukommt. Das sollte nicht unbedingt für mehr Sicherheit beim Erfinder der Demichelis-Matte führen. Hat mit seinen Haaren oft mehr zu tun als mit seinen Gegenspielern, was sich in immer wieder kehrenden Flüchtigkeitsfehlern niederschlägt.

Hat sich in München noch keinen Spitznamen erarbeiten können, der über die Verkürzung seines Nachnamens ("Micho") hinausgeht. Umso erstaunlicher, dass Maradona den wieder fitten Walter Samuel, genannt "el Muro" (die Mauer), nur auf die Bank setzt. Immerhin zeigte sich Demichelis an der Seite des Inter-Verteidigers konzentrierter und sicherer. Erst als dieser verletzt ausfiel, glänzte Demichelis als Bruder Leichtfuß. Burdisso dient ihm offensichtlich nicht als Stabilisator. Der Roma-Verteidiger ist nicht so flatterhaft wie Demichelis, aber auch nicht mehr als solide. Und das waren John Terry und Matthew Upson bis zum Achtelfinale auch...

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