Früher habe es auch in der Abwehr viele Spieler gegeben, wo "jeder ins Eins-gegen-eins gehen" konnte, sagte der 67-Jährige, der seit September zum Team von U21-Trainer Antonio Di Salvo gehört: "Heute wird meistens nur noch versucht, alles im Verbund zu lösen."
In der Ausbildung müsse laut Gerland daher früh der Fokus auf "Eins-gegen-eins"-Duelle gelegt werden, außerdem Zweikämpfe und der Ball in den Vordergrund gestellt werden. "Wir müssen auch wieder Mittelstürmer ausbilden", betonte Gerland. Dabei könnten auf den Flügeln mehr Dribbler helfen, "die Eins-gegen-eins-Situationen lösen können".
Gerland war langjähriger Nachwuchs- und Assistenztrainer bei Bayern München und gilt als einer der größten Förderer und Entdecker von Stars wie Philipp Lahm oder Thomas Müller. Weitere Aussagen des "Tigers" haben wir hier im Folgenden für Euch zusammengestellt:
Hermann Gerland über ...
... Trainingsmethoden: "Wenn ich sehe, wie stark wir früher in der Abwehr waren. Da konnte jeder Eins gegen Eins spielen. Heute arbeiten wir immer im Verbund. Trotzdem ist es deutlich besser, wenn einer eine Lösung hat, ein Eins gegen Eins zu gewinnen - sowohl in der Offensive als auch in der Defensive. Wir müssen den Spielern beibringen, zu dribbeln. Wir hatten früher exzellente Dribbler. Aber wenn ich immer sage pass', pass', pass' und jedes Spiel mit zwei Kontakten mache, kann ich keinen Dribbler entwickeln."
... über die Ausbildung: "Was hatten wir für Mittelstürmer früher in Deutschland?! Die waren sensationell. Wir müssen auch wieder Mittelstürmer ausbilden. Dafür brauchen wir aber auf den Flügel auch Dribbler, die Eins gegen Eins-Situationen lösen können. Und die kriege ich nicht, wenn ich im Jugendbereich immer sage, 'Pass und spiel ab'. Ich muss sagen, wenn sie in der gegnerischen Hälfte sind: 'Dribbel, dribbel, dribbel. Und wenn du den Ball verlierst, dribbel beim nächsten Mal wieder'. Irgendwann werden die Spieler 18, 19 und dann können sie dribbeln. Aber wenn die 17 Jahre nur gepasst haben, dann können die mit 19 nicht dribbeln. Dann schaffen wir das nicht mehr."
... Scouting: "An der Tafel sind die alle viel besser als ich. Powerpoint kann ich gar nicht. Aber ich kann sehen, ob einer dribbeln kann. Ich kann sehen, ob einer laufen kann. Und ich kann sehen, ob einer köpfen kann." (U21-Co-Trainer Hermann Gerland in einer Medienrunde über moderne Trainer)
... Systeme: "Früher haben wir 11-gegen-11 gespielt. Heute spielen wir 3-4-3, 4-4-2, 4-1-4-1, 5-4-1, und ich habe noch drei, vier andere Systeme vergessen."
Hermann Gerland über ...
... seinen Abschied vom FC Bayern: "Ich habe freiwillig aufgehört. Danach habe ich zu Karl-Heinz Rummenigge und Jan Dreesen gesagt: ‚Wenn ich mal mit meinen Enkelkindern ins Stadion will, möchte ich bloß nicht hören, dass die Karten ausverkauft sind. Dann haben sie gesagt: ‚Hermann, du kannst keine Karten kaufen. Wenn du mit deinen Enkelkindern zu uns ins Stadion möchtest, kriegst du Karten von uns.' Das ist Bayern München. Ein Top-Klub. Es war eine tolle Zeit."
... Kadergrößen im Jugendbereich: "Die U19 des FC Bayern München hat 29 Spieler im Kader. Das heißt, wenn der Trainer nicht auswechselt und alle sind gesund, gucken 18 zu. Das ist ein Unding für die jungen Leute. Die müssen Fußball spielen."
... seine Motivation: "Ich brauche nicht mehr zu arbeiten. Ich habe dem Fußball so viel zu verdanken, dass ich mein Wissen nicht einfach so wegwerfen, sondern es mit jungen Menschen teilen möchte. Es macht mir einfach Spaß."
... eine Morddrohung aus Bielefeld vor vielen Jahren: "In Bielefeld habe ich Morddrohungen erhalten. Das ist ja nicht so schlimm. Ich war gerade dabei, ins Bett zu gehen. Auf einmal kam ein komischer Anruf. Da will mich einer umlegen, hat er gesagt. Ich habe gesagt: 'Ich komm runter, in einer Stunde, Adenauer Straße 95, ich warte. Wenn du eine Waffe hast, sieh zu, dass der erste Schuss trifft. Wenn nicht, dann wird's schwierig für dich. Wenn du ohne Waffe kommst, dann bring ein paar Leute mit, die dich nach Hause führen können. Aber es ist keiner gekommen."
... den Ruhrpott: "Ich würde mich freuen, wenn im nächsten Jahr Bochum und Schalke in der ersten Liga spielen. Im Revier hält man zusammen, das ist etwas ganz Besonderes. Derbys waren immer exzellente Spiele."
... Freizeitbeschäftigungen: "Die Kinder von heute haben viel mehr Ablenkungsmöglichkeiten als wir es früher hatten. Diese ganzen komische Spiele, Playstation und so weiter, das gab es früher gar nicht. Wir hatten einen Ball. Und wenn derjenige, der den Ball hatte, im Urlaub oder krank war, dann waren wir aufgeschmissen. In den Ferien haben wir jeden Tag acht Stunden gespielt."
... über die 0:4-Pleite der U21 gegen Polen: "Jeder, der Fußball gespielt hat, weiß, dass viel passieren und viel daneben gehen kann. Junge Spieler sind enorm starken Leistungsschwankungen unterworfen. Der Gegner hat in allen Bereichen seine beste Verfassung gebracht."