EM

Gefahr kommt von rechts

Von Für SPOX in Marseille: Benedikt Treuer
Toni Kroos könnte gegen Frankreich wieder größere Chancen zur Spieldominanz erlangen
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Stärken und Schwächen

Frankreich hat mit Pogba, Matuidi, Payet und Griezmann womöglich das dynamischste Mittelfeld Europas. "Herausragend ist Pogba, mit seiner Kraft und Technik. Die schnellen Außen sind auch gefährlich. Und Griezmann ist sehr wichtig, er hat eine klasse Schusstechnik und ist kopfballstark", warnte Joachim Löw unter der Woche: "Aber Frankreich hat noch ein paar weitere Weltklassespieler."

Dabei ist es nicht nur die Qualität der Einzelspieler, die Frankreich ins Halbfinale brachte. "Die extreme Variabilität ist eine große Stärke der Franzosen, die offensiv kaum auszurechnen sind. Deshalb sollten die deutschen Flügelspieler im Defensivverhalten einrücken, um das Zentrum zu schließen und Unterzahl zu vermeiden. Dabei darf die deutsche Abwehr Giroud nicht aus den Augen verlieren, der vor allem bei hohen Anspielen als klarer Zielspieler der Franzosen fungiert", analysiert Schmalhofer.

Doch Giroud geht auch weite Wege, lässt sich gelegentlich ins Mittelfeld fallen, um dort als Wandspieler zu agieren oder um einen gegnerischen Innenverteidiger aus der Abwehrkette zu ziehen und so Räume für einlaufende Mittelfeldspieler wie Griezmann oder Payet zu reißen. So fielen auch zwei der Tore gegen Island.

"Klar ist auch: Kommen die Franzosen über ihre rechte Seite, sind sie wesentlich gefährlicher. Neun ihrer elf Tore bei dieser EM leiteten sie über rechts ein. Außerdem darf ihre Kopfballstärke nicht außer Acht gelassen werden", so Schmalhofer weiter. Das drückt sich bereits in Zahlen aus: Fünf ihrer elf Treffer erzielten die Gastgeber per Kopf, insgesamt gewannen sie bisher 62 Prozent ihrer Luftduelle. "Und ausgerechnet jetzt fehlen bei Deutschland mit Hummels und Gomez zwei starke Kopfballspieler", warnt das Institut.

Die Wucht der Fans im Rücken ist definitiv ein weiterer Vorteil. Während viele prophezeiten, dass der Druck der Zuschauer auf das Team zu groß sein werde, bewies Frankreich in den letzten Spielen, dass man damit umzugehen weiß. Das Island-Spiel war trotz des klaren Ergebnisses womöglich ein Knackpunkt: "Es gab nach dem frühen Tor so etwas wie eine Befreiung. Sie strotzen jetzt vor großem Selbstbewusstsein", sagte Löw in dieser Woche. Oliver Bierhoff schob die Favoritenrolle deshalb sogar dem Gegner zu.

Dafür bekommt die Grande Nation in der Defensive ihre Probleme. Gerade die schon gealterten Evra (35) und Sagna (33) haben auf der Außenbahn gegen schnelle Spieler ihre Schwächen. Und auch die Innenverteidigung um Koscielny und Rami zeigte schon die eine oder andere Unsicherheit - nicht zuletzt gegen Island, wenngleich der gesperrte Rami dort vom jungen Samuel Umtiti ersetzt wurde.

Entsprechend wird es vermutlich stark auf die deutschen Außenspieler ankommen: "Systembedingt ergeben sich im 4-3-3 der Franzosen mit einem Sechser und zwei Achtern entsprechende Räume auf den Flügeln. Payet und Griezmann orientieren sich an den gegnerischen Außenverteidigern, werden also den Fokus vor allem auf Kimmich und Hector legen. Die Achter bleiben eher im Zentrum. Das gibt den äußeren Mittelfeldspielern des Gegners Möglichkeiten", beschreibt Schmalhofer.

Diese Schwäche war auch schon gegen Island auffällig: Die Franzosen hatten große Probleme nach Hereingaben vom Flügel beziehungsweise aus dem Halbfeld. So entstanden auch beide Gegentore.