Am Morgen nach seinem seltsamen Knabber-Angriff auf Frankreichs Top-Star Paul Pogba zeigte Antonio Rüdiger ehrliche Reue. "Da darf ich mit dem Mund nicht so an seinen Rücken hingehen - gar keine Frage. Das sieht unglücklich aus", sagte der 28-Jährige. Die nicht nur im Netz viel diskutierte Szene war einer der großen Aufreger beim deutschen EM-Auftaktspiel gegen Weltmeister Frankreich (0:1).
Was war passiert? Kurz vor der Pause knabberte Rüdiger seinem Gegenspieler bei einem kleinen Gerangel ins Schulterblatt (44.). Pogba schrie auf und beschwerte sich bei Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande (Spanien). Nach dem Spiel aber betonte er: "Toni und ich sind Freunde. Das war nichts Großes. Wir haben uns nach dem Spiel umarmt, das war's."
Die versöhnliche Geste, bei der Rüdiger seinen Kopf an Pogbas linke Schulter legte, hob auch der DFB-Verteidiger hervor. "Paul und ich haben uns nach Abpfiff sehr freundschaftlich ausgesprochen", berichtete der Profi von Champions-League-Sieger FC Chelsea, "und er hat im Gespräch mit mir und dann auch im Interview sowieso bestätigt, dass das kein Biss war, wie der eine oder andere Außenstehende es zuerst meinte."
Tatsächlich fühlten sich einige Fans an den legendären "Beißer" Luis Suarez erinnert. Der Stürmer aus Uruguay hatte unter anderem bei der WM 2014 den italienischen Abwehrspieler Giorgio Chiellini in die linke Schulter gebissen - und wurde daraufhin für neun Pflichtländerspiele gesperrt und mit einer Geldstrafe belegt.
UEFA: "Kein Disziplinarverfahren"
Mit einer Sanktion durch die Europäische Fußball-Union (UEFA) für die viel harmlosere Aktion muss Rüdiger aber nicht rechnen. Der Verband teilte nach Ansicht der Fernsehbilder am Mittwoch mit, "kein Disziplinarverfahren" zu eröffnen.
Schon der Unparteiische hätte ihm gesagt gehabt, "dass er mich bestraft hätte, wenn es für ihn eine Tätlichkeit gewesen wäre", berichtete Rüdiger. Auch Pogba hatte nicht nachträglich "nach einer Gelben oder Rote Karte schreien" wollen. Rüdiger habe "ein bisschen an mir geknabbert", doch es sei "besser", dass der Deutsche dafür nicht bestraft worden sei. "Ich möchte nicht, dass er deshalb gesperrt wird", betonte der "Star of the Match" der UEFA, der das 1:0 der Franzosen mit einem klugen Pass eingeleitet hatte.
Bei den TV-Experten kam Rüdiger nicht so gut weg. In Anspielung an die Aussage des Maskenmannes vor dem Spiel, man müsse gegen die starke französische Offensive "Zeichen setzen", sprach Christoph Kramer im ZDF von einem "ganz blöden Zeichen".
Per Mertesacker meinte pikiert: "Ist das seine Vorstellung von eklig sein? Ich kann das absolut nicht nachvollziehen. Wir müssen gute Zweikämpfe gewinnen, anstatt die Gegner anzuknabbern."
Und Michael Ballack betonte auf MagentaTV: "Das gehört nicht auf den Fußballplatz, was auch immer Rüdiger da geritten hat."
Das hat auch der "Übeltäter" inzwischen eingesehen.