Die Liste war länger als der Einkaufszettel von Großgastronomen zur Weihnachtszeit. Alles, was Rang und Namen hat, wurde mit dem Job in Verbindung gebracht: Jose Mourinho, Jürgen Klinsmann, Fabio Capello, Marcello Lippi, Alan Shearer.
Die Aussicht, in den nächsten neun Monaten nur Freundschaftsspiele zu absolvieren und frühestens 2010 bei der WM in Südafrika um einen Titel zu spielen, schreckt aber offensichtlich die meisten ab.
Mourinho will nicht
Jose Mourinho (44), Wunschkandidat von abertausenden sich in Schockstarre befindenden englischen Fans, hat keine Lust - glaubt zumindest BBC-Radio-Reporter Jonathan Legard.
"Jose brennt darauf, wieder als Trainer zu arbeiten. Er ist wie ein Tiger im Käfig, aber einen Brief von der FA (englischer Fußball-Verband, d. Red.) würde er ungeöffnet zurückschicken. Der Job als Nationaltrainer kommt für ihn derzeit nicht in Frage. Er wird sicherlich irgendwann Nationaltrainer - aber nicht von England, sondern von Portugal."
Mourinho sei ein Trainer, "der die tägliche Arbeit mit den Spielern liebt. Wochenlang nur auf der Tribüne zu sitzen und Spieler zu beobachten, ist ihm zu langweilig", sagt Legard.
Shearer fühlt sich zu unerfahren
Sam Allardyce, Trainer von Newcastle United und hoch angesehen bei den FA-Bossen, und Portsmouth-Coach Harry Redknapp sagten bereits ab. "Jeder würde es lieben, die besten Spielern seines Landes zu trainieren aber für mich kommt das zu früh", sagte Redknapp.
Auch Stürmer-Idol Alan Shearer (37), der in 63 Länderspielen für England 30 Tore erzielte, ist die Aufgabe zu heikel. "Ich bin sehr überrascht, dass mein Name in diesem Zusammenhang genannt wird. Ich habe gerade erst meine Trainerausbildung begonnen und verfüge nicht über die nötige Erfahrung für diesen Job."
England habe viele sehr gute Spieler, sagt Shearer. "Man muss nur das Beste aus ihnen herausholen."
Capellos Bewerbung
Fabio Capello traut sich das zu und gibt gleich mal eine ausführliche Bewerbung ab. "Ich bin mit 61 Jahren genau im richtigen Alter. Nationaltrainer von England - diesen Job würde ich lieben. Es wäre mir eine große Ehre, das Mutterland des Fußballs in eine neue Ära zu führen. Und der Verantwortung gegenüber den Fans bin ich mir auch bewusst." Zurückhaltung sieht anders aus.
Martin O'Neill, angeblich Wunschkandidat der FA, hält sich bislang bedeckt. Auch Jürgen Klinsmann hat sich zu den Spekulationen noch nicht geäußert. Für Franz Beckenbauer wäre Klinsi der ideale Mann für England.
Beckenbauer fordert Klinsmann
"Jürgen hat klare Vorstellungen und diese auch gegen Widerstände durchgesetzt. Er spricht die englische Sprache perfekt und genießt durch seine Zeit bei Tottenham einen glänzenden Ruf. Mit ihm kann ich mir einen Neuanfang in England vorstellen. Er hätte drei Jahre Zeit bis zur WM 2010, eine neue Mannschaft aufzubauen und muss keine Rücksicht mehr auf 'Altlasten' nehmen", sagte Beckenbauer der "Bild"-Zeitung.
Auch die angesehene Zeitung "The Times" macht sich für den Ex-Bundestrainer stark: "Der anglophile Klinsmann ist bereit, wieder einzusteigen, und hat starke Meinungen, was das Training angeht."
Harte Kritik an der Goldenen Generation
Für den ehemaligen England-Captain Paul Ince liegt die Ideallösung vor der Haustür. "Die FA sollte mal über eine Rückkehr von Glenn Hoddle nachdenken. Er ist klug, gewissenhaft und er ist Engländer. Als Nationaltrainer hat er einen sehr guten Job gemacht," sagte Ince.
Hoddle war von 1996 bis 1999 Coach der Engländer und wurde wegen der Äußerung, behinderte Menschen müssten mit ihrer Unvollkommenheit für Sünden aus einem zurückliegenden Leben zahlen, rausgeworfen.
Die Verbannung aus der Nationalelf droht aber auch Frank Lampard oder Steven Gerrard. "Seit Jahren war immer von der goldenen Generation die Rede. Wenn das die goldene Generation ist, sollten wir uns so schnell wie möglich vom Goldstandard verabschieden", polterte FA-Vorstandsmitglied Lord Mawhinney.
Laut Roy Keane, Legende von Manchester United und aktuell Trainer des FC Sunderland, wird sich McClarens Nachfolger auf jeden Fall schwer tun. "Technisch ist England so gut wie Deutschland und Frankreich. Die Leute sollten keine Panik schieben, England ist beinahe ein gutes Team. Aber da sind zu viele Egos im Spiel, viel zu viele. Damit ist jeder neue England-Trainer konfrontiert."