Schweden-Schreck Dzsenifer Marozsan kann den Anpfiff der EM-Titelmission in den Niederlanden kaum noch erwarten. "Die Vorbereitung lief bislang super, wir haben uns sehr gut entwickelt und spielen sehr guten Fußball. Ich freue mich, dass es bald los geht", sagte die Spielführerin der deutschen Fußballerinnen mit Blick auf das erste Gruppenspiel des Rekord-Europameisters am Montag gegen die Skandinavierinnen.
Die begnadete Technikerin ist im schwedischen Lager gefürchtet wie keine andere deutsche Spielerin. Im vergangenen EM-Halbfinale 2013 (1:0) beendete die Mittelfeldspielerin mit ihrem Treffer den Traum der Gastgeberinnen vom Titel im eigenen Land, im Duell um Olympiagold in Rio (2:1) machte sie das 1:0 selbst und leitete den zweiten Treffer per Freistoß ein.
An den Triumph im Maracana denkt Marozsan gerne zurück. "Dieses Finale war ein besonderer Moment", erzählt sie in der Pressekonferenz auf Englisch. Denn wenn die Regisseurin des Champions-League-Siegers Olympique Lyon zu den Pressevertretern spricht, tauchen auch erstmals internationale Reporter im DFB-Teamcamp im idyllischen Sint-Michielsgestel auf.
Marozsan - Star des Teams
Die in Budapest geborene 25-Jährige ist zweifellos der Star des deutschen Teams, das sich - ganz landestypisch - am Freitagmorgen trotz Nieselregen nicht von einer Rad-Tour abhalten ließ. Co-Trainer Markus Högner schwärmte über die 74-malige Nationalspielerin: "Sie ist eine Weltklassespielerin, dazu ein äußerst bescheidener Mensch."
So bescheiden, dass sie Steffi Jones im vergangenen Oktober fragte, ob sie sich nicht vielleicht verwählt habe, als die neue Bundestrainerin ihr telefonisch das Kapitänsamt übertrug. "Sie ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Spiels", betont Jones, die jeder Spielerin eine Comic-Figur zugeordnet hat und sich bei der mannschaftsdienlichen Marozsan für Robin Hood entschieden hat.
Die Wertschätzung, das neue Vertrauen, dazu letzten Sommer der Wechsel vom 1. FFC Frankfurt nach Frankreich, wo sie gleich zur besten Spielerin der Saison gekürt wurde - die früher in der Öffentlichkeit sehr zurückhaltende Marozsan sagt selbst, dass sie in den vergangenen Monaten "den nächsten Schritt" gemacht hat. Menschlich, aber auch sportlich. Die große fußballerische Veranlagung sagte man ihr schon früh nach, doch die höchsten Erwartungen konnte sie im Nationalteam bislang noch nicht auf konstantem Niveau erfüllen.
Jagd nach dem neunten Titel
Die Jagd nach dem neunten deutschen EM-Titel, dem siebten in Serie, könnte nun endlich das Turnier der Dzsenifer Marozsan werden. Innerhalb des Teams genießt sie ohnehin höchsten Respekt. Newcomerin Lina Dallmann verriet: "Ich bin wahrscheinlich der größte Maro-Fan in unserer Mannschaft. Als ich erstmals dabei war, habe ich mich gar nicht getraut, sie anzusprechen."
Svenja Huth, mit der Marozsan auch beim Zocken an der Spielkonsole in der Players' Lounge ein eingespieltes Duo bildet, sagte über ihre gute Freundin: "Sie ist für mich die perfekte Kapitänin. Sie ist auf und neben dem Platz immer mit dem Herzen dabei, sie reißt die Spielerinnen mit."
Ebenfalls das Team motivieren wollte Reinhard Grindel. Der DFB-Präsident kam am Freitagabend im noblen Teamhotel "De Ruwenberg" zum Abendessen vorbei und sprach Bundestrainerin Steffi Jones das "volle Vertrauen" des gesamten Präsidiums aus. Auch wenn der Verbandsboss nicht bis zum Kracher gegen Schweden bleiben kann und erst zu einem möglichen Halbfinale zurückkehrt, sprach Marozsan von einer "große Ehre" für die Mannschaft: "Es tut gut, dass unser Präsident so hinter dem Frauenfußball steht. Das kann noch mal Extra-Motivation geben."