Serie A
von Oliver Birkner
Mittelfinger des Spieltags: Am Wochenende gab es endlich wieder Fußball nachdem die Medien vom Schuhverkäufer bis Politiker tagelang jedem Platz geboten hatten, über den Nutzwert der Worte "Schwuchtel" und "Tunte" während des Spiels zu disputieren. Napolis Maurizio Sarri hatte diese Begriffe Inter-Coach Roberto Mancini an den Kopf geschleudert, der seinerseits urplötzlich zum Anwalt von Moral und allen Homosexuellen weltweit avancierte. Mancini selbst war allerdings nie ein Kind von Traurigkeit und bezeichnete als Fiorentina-Coach einen Journalisten einst als "Schwuchtel, die nur Scheißdreck schreibt". 15 Jahre her und offensichtlich in Vergessenheit geraten. Zum Glück ist die müßige Angelegenheit nun vom Tisch.
Sarri band sich den von Mancini geschenkten schnieken Schal über den Trainingsanzug und wollte der Mailänder Unruhe beim Tabellenführer stiften, war es vergebens: Tormaschine Napoli siegte bei Sampdoria 4:2. Das letzte Wort im Disput besaß natürlich Silvio Berlusconi, der sich in jedem Fach bestens auskennt, und Signora Merkel letztens "einen dicken, unvögelbaren Hintern" unterjubelte: "Schwuchtel, Tunte, solche Worte fliegen eben in der Hitze des Gefechts. Das sollte nicht in den Medien ausgeschlachtet werden. Mir hat letztens jemand aus dem Auto den Mittelfinger gezeigt. Ich erzählte es meiner Mama und hielt ihr zur Illustration besagten Finger vor die Nase. Sie antwortete: Was beschwerst du dich? Er wollte damit sagen, dass du die Nummer eins bist!"
Fensterputzer des Spieltags: Beleidigung auf dem Platz bleibt trotz Onkel Silvios Machtwort ein großes Thema. Am Sonntagabend verfing sich Romas Daniele De Rossi bei Juventus in der Polemik, als er den Ex-Münchner Mario Mandzukic anfauchte: "Schnauze, Scheiß-Zigeuner!" Das dürfte in den kommenden Tagen weitere Spalten füllen. "Mandzukic hat jeden in unserer Abwehr übel beschimpft. Dann kommt natürlich eine Reaktion", befand Roma-Coach Luciano Spalletti. "Das nächste Mal soll sich Daniele die Hand vor den Mund halten." Unerkannt geht eben nichts mehr durch dutzende UHD-Kameras.
Zu Hilfe eilte der Pole Zibì Boniek, Ex-Stürmer beider Klubs: "Rassismus spielt dabei keine Rolle. Wenn du auf 180 bist, suchst du eben den wundesten Punkt des anderen. Das gab es schon immer. Mich nannten sie Fensterputzer, nach Spielschluss war alles wieder vergessen. Sollte jedem Ausbruch eine Sperre folgen, stehen nach 30 Minuten bloß noch beide Keeper auf dem Rasen." Oder man macht's einfach wie einst John Charles. "Eure Queen ist eine Nutte", warf dem Juve-Stürmer ein Verteidiger mehrfach an den Kopf, bis Chales ruhig erwiderte: "Ich bin Waliser."
Und sonst? Kevin Lasagna ist ein großartiger Name, vor allem, wenn man für Carpi in der Pasta-Region Emilia spielt. Vor vier Jahren kickte der heute 23-Jährige noch in der sechsten Liga und verdiente sich mit Turnieren auf Dorffesten ein paar Taler dazu. Am Sonntag gelang ihm in der 92. Minute sein erstes Serie-A-Tor - zum Ausgleich bei seinem Lieblingsklub Inter in San Siro. "Heute fängt mich niemand mehr ein", ließ Lasagna ausrichten und begoss die Party mit Literweise Lambrusco. Dank seiner Rückennummer schufen die Tifosi bereits das Markenzeichen "KL15". CR7? Das war einmal. Salute!