Außerdem erklärt der 44-Jährige, was in der Talentförderung heutzutage fehlt und was er von Nachwuchsleistungszentren hält.
Herr Hyballa, bei Ihnen in Breda ist aufgrund der Corona-Pandemie ebenfalls Stillstand angesagt. Wie gestaltet sich Ihr persönlicher Alltag momentan?
Hyballa: Mein Alltag ist ganz normal. Ich mache zweimal am Tag Sport und habe bereits eine Überbelastung im Fuß. Zudem bin ich in regem Austausch mit meinem Trainerteam, den Spielern und dem Vorstand. Ansonsten lese ich auch mal ein Buch.
Kommen Sie damit denn auch mal weg vom Thema Fußball?
Hyballa: Nun ja, ich habe ja auch schon acht oder neun eigene Trainingsbücher geschrieben, gerade bin ich am zehnten dran. Ich beschäftige mich also schon mit Fußball, aber auch mit anderen Dingen. Letztendlich ist es für mich und alle, die in diesem Geschäft arbeiten, einfach eine Berufung. Man befasst sich immer mit diesem Sport - sei es theoretisch, trainingsmäßig oder mit den Jungs.
Ihre Jungs, Sie sprechen sie an. Haben Sie aktuell regelmäßig Kontakt zu Ihrer Mannschaft?
Hyballa: Ich kontaktiere die Spieler immer mal wieder. Ich gehe ihnen nicht auf die Nerven, aber einmal die Woche telefoniere ich mit ihnen. In erster Linie bin ich Pädagoge. Jetzt aktuell bin ich auch so ein wenig der seelische Mülleimer für die Jungs.
Inwiefern?
Hyballa: Die erste Woche ohne Fußball haben Sie ganz humoristisch und locker genommen. Aktuell merke ich schon, dass sie bei Unlust und Frustration angekommen sind. Der Fußball ist eben auch eine Ich-AG-Welt. Viele machen sich Gedanken, wie es für sie selbst weitergeht, vor allem die, deren Verträge auslaufen. Ich persönlich sehe mich als ehrlicher Partner der Spieler und nicht als Diktator. Ich will den Jungs helfen und auch sie helfen mir, dass ich weiterkomme.
Was besprechen Sie innerhalb Ihres Trainerteams genau?
Hyballa: Wir haben ein- bis zweimal in der Woche ein Skype-Meeting mit dem Chefscout und dem technischen Manager und sprechen dabei über Vertragsverlängerungen und potenzielle neue Spieler. Ansonsten geht es im Trainerstab primär um das individuelle Training, welcher Trainer beispielsweise welchen Spieler nochmal zusätzlich motivieren kann. Wir wollen auch mal Spieler hinzunehmen, um Transparenz zu erzeugen. Sie sollen einfach wissen, was im Moment passiert.
Was zeichnet Ihre Spieler in Breda aus?
Hyballa: Es ist eine junge, wilde Mannschaft. Ich habe mir nach dem ersten Treffen mit den Verantwortlichen des Klubs Videomaterial angeschaut. Ich dachte mir nur: Geil, eine junge Truppe, die ordentlich Gas geben kann. Die haben Ende Januar im Pokal-Achtelfinale PSV Eindhoven aus dem Wettbewerb gekegelt. Zudem habe ich mir nach meiner überraschenden Entlassung in der Slowakei die Frage gestellt, ob ich bis Sommer warte oder gleich wieder in Breda anfange. Der Witz an der Geschichte ist, dass ich nicht zuhause sitzen und sofort wieder auf den Fußballplatz wollte. Jetzt, zehn Wochen später, sitze ich halt wieder zuhause (lacht).
Sie selbst machen zweimal pro Tag Sport. Wie halten sich Ihre Jungs aktuell individuell fit?
Hyballa: Unser Fitnesstrainer hat ein eigenes Homeworkout-Programm entwickelt, über welches die Spieler Hausaufgaben bekommen. Mit dem Trainerstab werten wir die Resultate dann aus, schauen uns die Trainingsintensität an. Anschließend vergleichen wir die Ergebnisse mit den Spieldaten. Mein Spielstil erfordert aufgrund des Pressings beispielsweise viele kurze Sprints, weswegen das auch unseren Fokus genießt.
Wie streuen Sie diese Individualisierung im regulären Trainingsbetrieb ein?
Hyballa: Bei uns gibt es sowohl das Mannschaftstraining als auch das individuelle Training, wir machen beides. Individuell kann man eben vieles nach einem Spielerprofil ausrichten und beispielsweise mit dem Angreifer immer wieder an seinem Kopfballspiel feilen oder mit dem Verteidiger das Andribbeln trainieren. Man trainiert deutlich individueller, wenn man kleinere Gruppen macht.
Wie regelmäßig bauen Sie diese Methode dann ein?
Hyballa: Im Mannschaftstraining wird die Individualität natürlich auch gefördert, das darf man nicht vergessen. Im Vier-gegen-Vier hast du alles mit drin: Zweikämpfe, Torabschlüsse, das Verteidigen. Wir splitten das Team aber mittlerweile relativ oft, weil das Wirkung zeigt: Das Individualtraining in Form von Kleingruppen, also beispielsweise mit den sechs Angreifern, bezeichne ich gerne als Profiltraining. Die Spieler müssen in ihrem Bereich viele Situationen durchspielen, die im Spiel vorkommen können. Das habe ich früher auch anders gemacht, weil ich voll auf die Mannschaft fokussiert war.
Wie gliedern Sie das unter den Trainern auf?
Hyballa: Wir haben drei Trainer und einen Torwarttrainer. Jeder hat so ein wenig seine Aufgabe, sprich einer macht das Laptoptraining und widmet sich dem Videocoaching als Teil des Individualtrainings. Ich bin der Helikoptertrainer und für alles zuständig. Mein Schwerpunkt ist sozusagen das Feld- und Leidenschaftstraining und dann haben wir noch einen Athletiktrainer. Wenn du ein Millionenklub bist und Champions League spielst, könntest du jetzt natürlich noch fünf Trainer engagieren. Die Frage ist aber auch immer, ob die Trainer untereinander klarkommen.
Gibt es eine spezielle Form des Individualtrainings, auf den Sie besonderen Fokus legen?
Hyballa: Drilltraining als Teil des Individualtrainings finde ich richtig gut. Wenn du beispielsweise den Außenverteidiger 100 Flanken reinspielen lässt, dann bekommt der Spieler ein Gefühl dafür. Als Trainer musst du Lösungen für so eine Situation anbieten. Und das geht zumeist nur, wenn du eine kleinere Gruppe machst.
In welchen Spielsituationen kann dieses individualisierte Coaching Früchte tragen?
Hyballa: Ein Stürmer hat oft die Situation, dass er eine Flanke sechs Meter vor dem Tor über die Latte köpft. Das sieht man ganz oft, aber eben genau das sind die schwierigsten Bälle, weil da der Druck am größten ist. Wenn der Angreifer davor diesen Drill individuell reinbekommt und man im Training immer wieder Flanke und Abschluss per Kopfball trainiert, dann ist das ein Puzzleteil, welches mit guter Fitness und gutem Timing kombiniert werden muss.
Jetzt könnte man behaupten, dass das doch alles in einer normalen Spielform trainiert werden kann.
Hyballa: In einer kleinen Spielform erhältst du diese Situation acht bis neunmal. In einer großen Spielform vielleicht ein bis zweimal - maximal. Aber im individualisierten Training, sei es auch mit leichtem Gegnerdruck, ist das was anderes. Und ich bin etwas müde von diesen Aussagen, dass so eine Situation im Spiel nie vorkommt. Ich sage ganz klar, dass dieser Drill wichtig ist, denn: Fußball ist passen, schießen, köpfen laufen. Ende.
Haben Sie eine konkrete Szene aus Ihrer Karriere im Kopf, in der der Drill zum Erfolg geführt hat?
Hyballa: Ich habe in der Slowakei einen Angreifer namens Vakoun Bayo trainiert. Mit ihm haben wir immer wieder den Lauf an den ersten Pfosten trainiert und er hat in der Folge wirklich zahlreiche Tore auf genau diese Art und Weise gemacht. Schlussendlich war er dann der größte Transfer der Klubgeschichte, weil Celtic Glasgow ihn geholt hat.
Wie haben Sie ihm das eingetrichtert?
Hyballa: Nach dem Individualtraining kann man einen Spieler mit Hilfe der Videoanalyse konkret korrigieren und daran arbeiten. Da wiederum zeichnet sich aber auch der gute Trainer aus. Hierzu kann ich sagen: Wir haben unseren Stürmern beispielsweise ganz oft Videos von Ulf Kirsten gezeigt. Unsere Angreifer mussten ebenfalls immer wieder auf diese 'Ulf-Position'. Durch so etwas gibt man den Spielern als Trainer Prinzipien mit.