Mit Bryan Roy nach Foggia: Wie Mino Raiola Berater wurde
Etwas östlich von Neapel liegt die Stadt Foggia, in der Raiola bald viel Zeit verbringen sollte. Artur Numans Transfer machte ihn einst auf das Berater-Geschäft aufmerksam, der Wechsel von Bryan Roy zog ihn schließlich hinein. Jansen vermittelte den Ajax-Spieler 1992 an den Serie-A-Klub Foggia Calcio, brauchte für die Abwicklung des Transfers aber einen Übersetzer. Dabei dachte er an Raiola, der neben Niederländisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch natürlich auch Italienisch sprach. Für Raiola waren diese Sprachkenntnisse die Eintrittskarte in Jansens Agentur, woraufhin er den HFC Haarlem nach rund drei Jahren verließ.
"Bei den Verhandlungen am Flughafen Schiphol hat sich Mino um alle Übersetzungen gekümmert", berichtet Roy, der auch nach seinem Wechsel auf Raiola zählen konnte. "Während meiner ersten drei Monaten in Foggia war er die ganze Zeit bei mir und hat mir geholfen, mich einzuleben. In der Zeit wurden wir richtig gute Freunde." Raiola suchte Roy eine Wohnung, half ihm bei allen organisatorischen Aufgaben und sogar bei der Kommunikation mit Trainer Zdenek Zeman.
"Bei den Spielen saß Mino immer neben Zeman auf der Bank, um mir dessen taktische Anweisungen zu übersetzen", erzählt Roy. "Bei Ajax musste ich als linker Flügelspieler vertikale Läufe machen - und mit dieser Taktik haben wir den UEFA-Cup gewonnen. Zeman wollte aber unbedingt diagonale Läufe von mir. Am Anfang bin ich trotzdem immer so gelaufen wie ich es von Ajax gewohnt war, und habe selten den Ball bekommen. Irgendwann hat Mino während eines Spiels geschrien: 'Bitte, bitte, bitte, lauf' einmal diagonal! Einmal! Für mich!' Dann habe ich eben einen diagonalen Lauf gemacht, den Ball bekommen und direkt getroffen. Daraufhin ist Mino an der Seitenlinie komplett ausgerastet und jubelnd auf und ab gesprungen."
Kümmerte sich Raiola zunächst ausschließlich um Roy, kamen bald weitere Aufgaben dazu und die nannten sich Wim Jonk und Dennis Bergkamp. Zwei weitere Jansen-Klienten, die 1993 von Ajax nach Italien wechselten. Auch bei ihren Transfers zu Inter Mailand kümmerte sich Raiola um die Übersetzungen und das Einleben im fremden Land. Raiola führte nun ein Leben zwischen Italien und Haarlem. "Wenn er zurück in die Niederlande reisen musste, ist er immer mit dem Auto gefahren, um Kosten zu sparen", erinnert sich Roy. "Mino wollte nicht so viel Geld für einen Flug ausgeben."
Mino Raiolas Karriere im Namen des Geldes
Geld: Egal mit welchem Weggefährten man sich über Raiola unterhält, früher oder später landet jedes Gespräch bei diesem Wort. "Minos Hauptantrieb war es nicht, eine große Karriere zu machen, sondern viel Geld", sagt der ehemalige Haarlem-Funktionär van Eerden. Und wenn man Geld nicht teilen muss, bleibt am Ende bekanntlich mehr übrig. Natürlich dauerte es nicht lange, bis Raiola genug hatte von der zweiten Reihe hinter Rob Jansen und sich selbstständig machte. Ende 20 war er damals. "Er ist ein Raubtier", sagte Jansen später. Bei der Trennung zerstritten sich die ehemaligen Partner, angeblich sprachen sie seitdem kein Wort mehr miteinander.
Seine eigene Agentur nannte Raiola Maguire Tax & Legal. Der Name soll eine Anspielung sein auf den Film Jerry Maguire mit Tom Cruise, bekannt für die legendäre Aussage: "Show me the money!" Raiola wollte das Geld sehen und er sah es. Sein erster großer Coup gelang ihm 1996, als er Pavel Nedved für fast fünf Millionen Euro von Sparta Prag zu Lazio Rom transferierte. Jeder weitere Deal sollte am besten noch spektakulärer, noch kostspieliger sein als der letzte.
Bald verließ Raiola Haarlem gänzlich und wurde Weltbürger mit Wohnsitz in Monaco, wo mittlerweile auch seine Eltern leben. 300 Tage pro Jahr sei er auf Reisen gewesen, berichtete Raiola einige Monate vor seinem Tod. Manchmal verschlug es ihn dabei sogar in seine Heimat, wo eines natürlich nicht fehlen durfte: ein Besuch im Ristorante Napoli, dem einzig verbliebenen der Familie.
"Wenn Mino oder seine Eltern in Haarlem sind, kommen sie immer zum Pizza essen vorbei", sagte der aktuelle Besitzer Ralph im Jahr 2021 durchaus stolz. Er hatte hier einst als Kellner angefangen, ehe er das Restaurant vor einigen Jahren von Raiolas mittlerweile 85-jährigem Onkel übernahm. Geändert hat sich im Laden seitdem nichts, die Napoli-Devotionalien hängen weiterhin an Ort und Stelle.