Belgiens Sensations-Tabellenführer Royale Union Saint-Gilloise: Hochgepokert

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Sensationell führt der Aufsteiger Royale Union Saint-Gilloise zur Winterpause die belgische Liga an. Der Erfolgslauf des Traditionsklubs hat mit einem englischen Zocker, Statistiken und einem deutschen Torjäger zu tun.

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Der wohl am modernsten geführte Klub Belgiens ist eigentlich uralt, das beweist schon seine Spielstätte. 1919 wurde das Stade Joseph Marien am Stadtrand von Brüssel eröffnet, geändert hat sich dort seitdem recht wenig. Art-Deco-Backsteinfassade mit eingearbeiteten Flachreliefs, Haupttribüne mit Sitzbänken aus Holz, asymmetrische Kurven und eine Stehplatz-Gegengerade. Dazwischen wuchert Gras, dahinter thronen die Bäume des nahen Duden Parks.

Als Royale Union Saint-Gilloise das Stadion baute, war es der beste Klub des Landes. Elf Meistertitel und zwei Pokalsiege gewann Saint-Gilloise bis zum zweiten Weltkrieg. Mitte der 1930er Jahre blieb der Klub mal 60 Ligaspiele in Folge ungeschlagen, in Belgien ein bis heute gültiger Rekord. Anschließend ging es jedoch immer weiter bergab. 1973 verschwand Saint-Gilloise aus der Erstklassigkeit, bald spielte der einst so ruhmreiche Klub gar in der vierten Liga.

In der vergangenen Saison gelang die erstmalige Rückkehr in die oberste Spielklasse, zur Winterpause ist der Aufsteiger sensationeller Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf den amtierenden Meister Club Brügge. Seinen Ausgang nahm der Erfolgslauf im Sommer 2018, alles begann mit der Übernahme des damaligen Zweitligisten durch Tony Bloom. Er ist professioneller Zocker, Millionär und Besitzer von Brighton & Hove Albion.

Tony Bloom: Der Lizard und sein Lieblingsklub

Der 51-jährige Bloom stammt aus der südenglischen Stadt Brighton und ist lebenslanger Fan der Seagulls. Seinen Lieblingsklub transformierte er von einem Drittligisten in einen etablierten Premier-League-Starter. Für mehr reicht Blooms zweifelsohne beträchtliches Vermögen in einem Wettkampf gegen Scheichs, Oligarchen und ganze Staaten aber nicht. Also brauchte es einen weiteren Klub, denn: "Wir wollen einen Titel gewinnen!" So formulierte es sein langjähriger Freund und Geschäftspartner Alex Muzio neulich in der New York Times.

Auf der Suche nach einem passenden Klub landeten die beiden am Stadtrand von Brüssel beim mittlerweile denkmalgeschützten Stade Joseph Marien. Bloom kaufte Saint-Gilloise, zum Präsidenten machte er den 37-jährigen Muzio. Investiert werden seitdem schon auch ein paar Euros aber hauptsächlich: Statistiken. Damit kennt sich Bloom schließlich am besten aus.

Tony Bloom hat seinen Lieblinsgklub Brighton & Hove Albion von der Drittklassigkeit in die Premier-League geführt. Seit 2018 gehört ihm auch Royale Union Saint-Gilloise.
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Tony Bloom hat seinen Lieblinsgklub Brighton & Hove Albion von der Drittklassigkeit in die Premier-League geführt. Seit 2018 gehört ihm auch Royale Union Saint-Gilloise.

Er studierte Mathematik, dann wurde er zum professionellen Zocker. Mit Poker und Sportwetten verdiente Bloom ein Vermögen, weshalb ihm ein Freund der Legende nach Alligatoren-Blut bescheinigte. An seinen daraus entstandenen Spitznamen "Lizard" angelehnt, nannte er seine Daten- und Wettfirma Starlizard.

"Statistiken und Zahlen sind ihm sehr wichtig und er ist in diesem Bereich auch extrem begabt", sagte Brightons deutscher Legionär Pascal Groß 2019 im Interview mit SPOX und GOAL. "Als wir uns vor meinem Wechsel trafen, wusste er genau, dass ich in der Bundesliga die meisten Chancen vorbereitet hatte. Ein paar andere Statistiken erwähnte er auch noch." Nach einem gelungenen Klassenerhalt in Groß' erster Saison in Brighton lud Bloom die Mannschaft selbstredend nach Las Vegas ein: "Und dort kannte er sich bestens aus."

Saint-Gilloise zahlte seit über zwei Jahren keine Ablöse

Während Bloom in Brighton selbst involviert ist, überlässt er das Tagesgeschäft bei Saint-Gilloise weitestgehend Muzio, der einst bei Starlizard Karriere gemacht hatte. Nach der Übernahme 2018 präsentierte Muzio dem damaligen Trainer Marc Grosjean eine Liste an potenziellen Neuzugängen, allesamt mit Starlizard-Algorithmen ausgewählt. Grosjean wollte lieber ein paar ihm bekannte Belgier, doch die fanden die Algorithmen nicht ganz so toll. Also musste er gehen.

Seitdem baute Muzio gemeinsam mit dem irischen Sportdirektor Chris O'Loughlin aus erstaunlich wenig Geld eine erstaunlich schlagkräftige Mannschaft: Tatsächlich machte Saint-Gilloise seit der Übernahme sogar ein kleines Transferplus, letztmals eine Ablöse gezahlt wurde vor über zwei Jahren. Stattdessen stehen Leihen und ablösefreie Transfers auf dem Programm.

In bisher 21 Ligaspielen erzielte der deutsche Stürmer Deniz Undav 16 Tore für Royale Union Saint-Gilloise und bereitete neun weitere vor.
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In bisher 21 Ligaspielen erzielte der deutsche Stürmer Deniz Undav 16 Tore für Royale Union Saint-Gilloise und bereitete neun weitere vor.

Deniz Undav: Der deutsche Torjäger von Saint-Gilloise

Ablösefrei kam im Sommer 2020 auch der deutsche Stürmer Deniz Undav vom Drittligisten SV Meppen. In der Jugend von Werder Bremen wurde er als zu klein weggeschickt, bei Eintracht Braunschweig bekam er in der 2. Bundesliga keine einzige Einsatzminute - und bei Saint-Gilloise? Da sammelte er seit seiner Ankunft in 52 Pflichtspielen 49 Scorerpunkte, aktuell führt er die Torschützenliste der belgischen Liga an.

Sich selbst bezeichnete Undav bei Sport1 mal als "Typ Benzema, also der mitspielende Stürmer, der sich auch mal fallen lässt". Im 3-5-2-System von Trainer Felice Mazzu bildet Undav eine Doppelspitze mit dem ähnlich torgefährlichen Dante Vanzeir. Der 23-Jährige stammt aus der renommierten Jugendabteilung von KRC Genk, setzte sich dort aber nicht durch. Bei Saint-Gilloise startete er durch und debütierte kürzlich für die belgische Nationalmannschaft.

Berühmte Namen sucht man im Kader von Saint-Gilloise vergeblich, es ist ein weltweit zusammengewürfelter Haufen: Kapitän Teddy Teuma kommt aus Malta, andere Spieler aus Madagaskar oder Luxemburg. Hauptsache die Statistiken stimmen! Und dann gibt es mit dem Polen Kacper Kozlowski und dem Japaner Kaoru Mitoma noch zwei Leihgaben über den kurzen Dienstweg aus Brighton.

Matthew Benham verfolgt ein ähnliches Konzept wie Bloom

Saint-Gilloise ist übrigens nicht der einzige belgische Erstligist, der seinen Besitzer mit einem englischen Klub teilt: Oud-Heverlee Leuven gehört genau wie Leicester City der thailändischen Firma King Power, KV Oostende der hawaiianischen Pacific Media Group, die auch den englischen Zweitligisten FC Barnsley, den FC Den Bosch (Niederlande), Esbjerg fB (Dänemark), den FC Thun (Schweiz) sowie den FC Nancy (Frankreich) im Portfolio führt.

Einzigartig ist auch Blooms Statistik-orientierte Transferpolitik nicht: Mit einem ähnlichen Konzept führt Matthew Benham den FC Brentford und den dänischen Klub FC Midtjylland. Wie Bloom erlangte auch Benham durch systematische Sportwetten ein Vermögen und kaufte sich dann zunächst seinen Lieblinsgsklub, der mittlerweile in der Premier League spielt. Titel gewann Benham aber nur mit seinem zweiten Spielzeug Midtjylland in Dänemark. Zu gerne würde ihm das Bloom in Belgien nachmachen.

Die Tabelle der belgischen Liga

PlatzKlubSpiele.SUNToreDifferenzPunkte
1Royale Union Saint-Gilloise (N)21152450:203047
2Club Brügge (M)21117341:281340
3RSC Anderlecht21108350:262438
4Royal Antwerp FC20114537:241337
5RSC Charleroi21105638:29935
6KAA Gent21104733:221134
7KV Mechelen21103837:37033
8KV Kortrijk2087526:22431
9KRC Genk (P)2185840:33729
10OH Leuven2168729:34-526
11KSV Cercle Brügge21741028:28025
12KAS Eupen21741030:36-625
13K. Sint-Truidense VV21731122:31-924
14KV Oostende21721223:43-2023
15Standard Lüttich2065922:34-1223
16SV Zulte Waregem21651031:45-1423
17RFC Seraing (N)21611423:42-1919
18K. Beerschot VA20231515:41-269
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