Jordan Henderson und sein fragwürdiger Wechsel vom FC Liverpool zu Al-Ettifaq: Schwarzweiß statt bunt

SID
Jordan Henderson
© getty

Der frühere Liverpool-Kapitän Jordan Henderson war lange ein lautstarker Kämpfer für die LGBT+-Gemeinde, nun wechselt er nach Saudi-Arabien.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Spätestens beim Klick auf sein Vorstellungsvideo muss Jordan Henderson einfach bewusst geworden sein, dass er seine Ideale gnadenlos verraten und verkauft hatte. In dem kunterbunten Zusammenschnitt der Karriere-Höhepunkte des langjährigen Liverpool-Kapitäns hatte dessen neuer Klub Al-Ettifaq stets dessen Ärmel mit der Regenbogenbinde schwarzweiß eingefärbt - Zensur war schonmal subtiler. "Er verkörpert die DNA Al-Ettifaqs perfekt", hieß es noch. Selten wirkte ein Kompliment vergifteter.

Mit der Personalie Henderson, bis dahin ein passionierter Kämpfer für die LGBT+-Gemeinden, hat die Debatte über den Exodus prominenter Profis ins Geldparadies Saudi-Arabiens eine neue Eskalationsstufe erreicht. Henderson kassiert reichlich verbale Prügel dafür, dass er in ein Land wechselt, wo Menschen, für deren Rechte er sich bislang einsetzte, ganz reale Schläge drohen.

"Viel Glück in Saudi-Arabien, Jordan. Aber Du hast den Respekt vieler Menschen verloren, die Dir vertraut haben", schrieb der frühere National- und Premier-League-Spieler Thomas Hitzlsperger, der sich 2014 zu seiner Homosexualität bekannt hatte, bei Twitter. Das LGBT+-Fannetzwerk Pride in Football nannte es "enttäuschend, wenn jemand, der jahrelang ein Verbündeter war, dorthin wechselt, wo LGBT+-Leute angegriffen oder verhaftet werden".

Henderson hat Moral gegen Money getauscht. In Zahlen: Bis 2026 verdient er 800.000 Euro pro Woche in der Hafenstadt Dammam, wo er von Steven Gerrard, einer weiteren Liverpool-Ikone trainiert wird. Mehr als jeder englische Fußballer vor ihm, dreimal so viel wie Harry Kane.

Jordan Henderson: Der Aufschrei nie größer

Lange hat man derartigen Geldbewurf achselzuckend als obszön abgehakt, bei Cristiano Ronaldo oder Karim Benzema oder anderen Spielern, die als reichlich durchkommerzialisiert abgestempelt wurden. Mittlerweile wechseln aber auch Profis an den Golf, die in Fankreisen als vorbildlich galten, Chelseas N'Golo Kanté beispielsweise.

Jedoch war der Aufschrei nie größer als bei Henderson. Ein Spieler, der in zwölf Jahren beim FC Liverpool, fast acht davon als Kapitän, ehrlichen Fußball und hehre Werte verkörperte. Der sich sozial engagierte - eben auch für aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminierte Gemeinschaften.

"Die Vorstellung, dass jemand vom Fußball oder vom Besuch eines Spiels ausgeschlossen werden könnte, nur weil er sich als derjenige identifiziert, der er ist, erschüttert mich", schrieb er 2021 in einem Beitrag für das Stadionheft der Reds im Hinblick auf homosexuelle Fußballer, bei den "British LGBT Awards" stand Henderson als "Ehren-Verbündeter" zur Wahl.

Jordan Henderson: Peinliches Schweigen

Und nun wechselt Henderson, um statt reich künftig irre reich zu sein, ausgerechnet von einem Klub, dessen Mantra "You'll never walk alone" ist, in ein Land, wo man mit gewisser sexueller Orientierung eben sehr einsam dasteht, bis im schlimmsten Fall die Todesstrafe droht.

"Auf privater Ebene verstehe ich diese finanziellen Aspekte sogar. Aber so ein Wechsel hat Folgewirkungen, und die schaden seinem Ruf definitiv", sagte der schwule Liverpooler Fan Keith Spooner der BBC: "Mich würde interessieren, was Henderson selbst zu diesem Wechsel sagt."

Von Henderson kam: Peinliches Schweigen gehüllt in seifiges Marketing-Speech. Er teilte das verheerende Klub-Video auf Twitter, schrieb, dass er sich auf die neue Aufgabe freue, aber auf immer ein "Red" bleiben werde.

"Ich wünsche Dir viel Glück auf Deiner Reise", sagte Liverpools Teammanager Jürgen Klopp in einer latent klebrigen wie unkritischen Abschiedsbotschaft an seinen Ex-Kapitän: "Wir werden Dich vermissen, Du bist eine Legende." So denkt in Liverpool längst nicht jeder.

Artikel und Videos zum Thema