"CL-Finale? Spurs gegen Bayern"

Von Interview: Thomas Gaber
Rafael van der Vaart will mit Tottenham Hotspur Meister in England werden
© Getty

Ende August 2010 wechselte Rafael van der Vaart von Real Madrid zu Tottenham Hotspur. Dort blüht er richtig auf. SPOX traf den 27-Jährigen in London anlässlich der Präsentation des neuen Fußballschuhs CTR360 Maestri II Elite von Nike und sprach mit ihm über die neuen Spurs, Arjen Robben und van der Vaarts Jagd auf Edwin van der Sar.

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Nach zwei Interviews von englischen Kollegen ist SPOX an der Reihe.

Rafael van der Vaart: Endlich kann ich deutsch sprechen. (lacht) Wie geht's?

SPOX: Gut, danke. Und selbst?

Van der Vaart: Bestens.

SPOX: Sie scheinen in London Ihren Spaß am Fußball wiedergefunden zu haben.

Van der Vaart: Spaß hatte ich immer und überall. Aber es läuft in der Tat sehr gut. Für das Team und für mich persönlich.

SPOX: Sie haben schon elf Pflichtspieltore für Tottenham erzielt.

Van der Vaart: Das ist nicht so schwer, wenn man Peter Crouch in der Mannschaft hat. Er hat mir ja viele Tore mit dem Kopf aufgelegt. Man muss den Ball nur in den Strafraum schlagen, Peter kommt irgendwie immer an den Ball - und zwar kontrolliert. Ich muss nicht viel tun, nur dort stehen, wohin er den Ball per Kopf ablegt.

SPOX: Aber es gibt sicher noch mehr positive Aspekte im Spurs-Spiel.

Van der Vaart: Klar. Mir gefällt unser Stil. Es macht Spaß, mit Spielern wie Gareth Bale oder Luca Modric zusammenzuspielen. Jeder kann bei uns mit dem Ball umgehen. Außerdem hat mir von Anfang an die positive Einstellung des Klubs gefallen.

SPOX: Was meinen Sie damit?

Van der Vaart: Tottenham ist ein Klub, der auf dem Boden bleibt. Wir haben eine sehr gute Mannschaft und können viel erreichen. Aber von nichts kommt nichts. Hier flippt keiner aus, nur weil wir einen guten Start hatten und im Achtelfinale der Champions League stehen.

SPOX: Ist Ihnen die Entscheidung, Madrid zu verlassen, dennoch schwer gefallen?

Van der Vaart: Das Angebot aus London kam ja erst wenige Stunden vor Ablauf der Transferfrist. Ich hatte nicht viel Zeit, nachzudenken. Es war keine schwierige Entscheidung.

SPOX: Weil Sie im Team von Jose Mourinho keinen Platz hatten?

Van der Vaart: Ja. Real Madrid war ehrlich zu mir. Man hat nicht mit mir geplant und mir einen Wechsel nahegelegt. Ich hatte keine schlechte Zeit in Madrid, aber ich wollte wieder regelmäßig spielen. Da kam das Angebot von den Spurs gerade recht.

SPOX: Sie haben unter Mourinho noch vier Wochen trainiert...

Van der Vaart: ...und habe in dieser kurzen Zeit trotzdem viel gelernt. Die meisten Spieler, die unter ihm trainiert haben, sagen, dass er der beste Trainer der Welt ist. Das kann ich natürlich nicht behaupten, dafür war die Zeit zu knapp. Aber seine Arbeitsweise und seine Aura sind schon beeindruckend.

SPOX: Sie sagten, Sie können mit den Spurs viel erreichen. Konkretisieren Sie das bitte mal.

Van der Vaart: Wir gehören zu den vier, fünf Mannschaften, die den Meistertitel holen können. Man muss nur daran glauben. Der Glaube ist im Fußball entscheidend. Bert van Marwijk hat uns vor der Abreise zur WM nach Südafrika gefragt, ob wir an unsere Titelchance glauben. Kein Spieler sagte etwas. Van Marwijk meinte dann: 'Wenn niemand an den Titel glaubt, können wir gleich zuhause bleiben.' Einige Spieler sind aufgestanden und haben betont, dass wir sehr wohl den Titel gewinnen können. Das hat ja dann auch fast geklappt...

SPOX: Warum nur fast?

Van der Vaart: Wegen dem großen Zeh von Iker Casillas. (Spaniens Torhüter war in der 61. Minute Sieger im Eins-gegen-Eins-Duell mit Arjen Robben geblieben, d. Red.)

SPOX: Die Holländer spielten aber bei der Wahl zum Fußballer des Jahres keine Rolle.

Van der Vaart: Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Messi ist der beste Spieler der Welt, seine Wahl ist vollkommen ok. Xavi und Iniesta haben ein super Jahr hinter sich. Aber Wesley Sneijder stand im WM-Finale und hat mit Inter alles gewonnen. Er hat sehr konstant gespielt und war an vielen entscheidenden Toren beteiligt.

SPOX: Arjen Robben auch.

Van der Vaart: Absolut. Die Bayern hätten ohne ihn nicht das Champions-League-Finale erreicht.

SPOX: Können die Bayern dieses Kunststück wiederholen?

Van der Vaart: Ja, wenn van Bommel bleibt (lacht). Im Ernst: Sie waren letztes Jahr im Finale und die Mannschaft hat sich nicht wesentlich verändert. Und van Gaal ist ein exzellenter Trainer. Für ihn zählen nur Titel. Viel wird davon abhängen, wie schnell Robben seine Topform erreicht. Bayern braucht ihn vor allem in der Champions League, das hat er letzte Saison mit seinen Toren gezeigt.

SPOX: Geben Sie doch mal einen Tipp ab: Wie lautet das Finale am 28. Mai in London?

Van der Vaart: Ich wünsche mir ein Finale Tottenham gegen Bayern.

SPOX: Sneijder und Robben hatten bei der WM im Gegensatz zu Ihnen einen Stammplatz. Sneijder, Robben und van der Vaart - passt das nicht zusammen?

Van der Vaart: Ich denke schon und das haben wir auch schon bewiesen. Ich spiele im Zentrum sehr gerne mit Wesley zusammen. Wir kennen uns schon ewig. Wir haben bei Ajax zusammengespielt, bei Real Madrid und in der Nationalmannschaft. Ich habe in meiner Karriere mit keinem Spieler lieber zusammengespielt als mit Sneijder.

SPOX: Klingt ja fast so, als sei Sneijder Ihr Vorbild.

Van der Vaart: Nein, mein Held war immer Romario. Seine Spielweise hat mich fasziniert. Er sah auf dem Platz oft so aus, als würde er gleich einschlafen. Und dann hat er zugeschlagen. Ein extrem unbequemer Spieler für die gegnerische Abwehr.

SPOX: Sie haben mit 27 Jahren bereits 88 Länderspiele gemacht. Nur vier Spieler haben mehr auf dem Buckel, die aber alle nicht mehr für Holland spielen. Kriegen Sie Edwin van der Sar mit seinen 130 Einsätzen noch?

Van der Vaart: Das ist auf jeden Fall eines meiner Ziele. Ich hoffe, noch viele Jahre gut genug zu sein, um für Holland zu spielen. Wichtiger ist mir aber eine Trophäe. Ich will noch einen großen Titel gewinnen.

SPOX: Die Premier League ist Ihre vierte Liga in Europa. Wo liegen die Unterschiede?

Van der Vaart: Die holländische Liga ist nicht so stark wie die Bundesliga, die Primera Division und die Premier League. Aber Holland hat die beste Fußballschule. In Deutschland wird sehr körperbetont gespielt, in Spanien Wert auf das Spielerische gelegt. In der Premier League braucht man alles: eine gute Physis, Dynamik, Technik und Ausdauer. Mir ist sofort das hohe Niveau in England aufgefallen. Das ist die beste Liga, in der ich bislang gespielt habe.

SPOX: Auch die letzte?

Van der Vaart: Das habe ich zumindest vor. Ich würde gerne lange bei den Spurs spielen - wenn sie mich lassen.

Der Kader von Tottenham Hotspur