Als Fabio Capello im Februar sein Amt als englischer Nationaltrainer niederlegte, herrschte auf der Insel schnell Einigkeit. Harry Redknapp, der die Tottenham Hotspur in gut drei Jahren aus den Tiefen der Premier League in die Spitzengruppe geführt hatte, sollte die strauchelnden Three Lions wieder auf Kurs bringen. Die Spurs befanden sich in einer denkbar ungünstigen Situation und boten ihrem Trainer doch einen neuen Vertrag über drei weitere Jahre an. Redknapp lehnte ab, hielt seinem Klub aber die Treue.
Nun, nicht einmal ein halbes Jahr später, haben sich die Vorzeichen gewandelt. Roy Hodgson unterschrieb bis 2016 beim englischen Verband, die Spurs haben nach Chelseas Champions-League-Triumph trotz Platz vier das große Ziel Königsklasse verpasst und Harry Redknapp ist nicht mehr Trainer an der White Hart Lane. Ab sofort, so ließ der Verein verlauten, wollen die Spurs einen anderen Weg beschreiten. Einen Weg ohne ihren ehemaligen Heilsbringer.
Moyes als Nachfolger?
Doch was passiert nun? Wer folgt "Harry Houdini"? Kandidaten gibt es zuhauf. Allerdings soll es laut übereinstimmenden englischen Medienberichten insbesondere David Moyes den Spurs angetan haben. Mit verhältnismäßig geringen finanziellen Mitteln führt der Schotte den FC Everton regelmäßig in die obere Tabellenhälften, stand vergangene Saison sogar im FA-Cup-Halbfinale.
Moyes selbst äußerte sich noch im Januar durchaus positiv über Tottenham und den dortigen Umgang mit den Trainern. "Egal wer dort Trainer war, sie haben ihn immer voll unterstützt", so der 49-Jährige. Warme Worte.
Allerdings gilt Moyes - seit über zehn Jahren beim FC Everton - gemeinhin als sehr loyal gegenüber Klub, Fans und Spielern, ein vorzeitiger Wechsel deshalb als schwer realisierbar. Moyes-nahe Quellen der "Sun" berichten jedoch, dass der Trainer im Fall Tottenahm durchaus gesprächsbereit sei.
Doch in London hegt man auch Zweifel am Schotten. Zum einen steht Evertons sehr defensiver Stil Redknapps attraktivem Spiel entgegen - bei ausbleibendem Erfolg durchaus ein Brandherd. Zum anderen kontrolliert Moyes bei den Toffees den gesamten fußballerischen Bereich. Er müsste sich also umstellen, sollten die Spurs tatsächlich die Position des Sportdirektors wiederbeleben.
Kontakt zu Villas Boas
Wie der "Guardian" berichtet, soll deshalb nun auch Andre Villas Boas in den Fokus der Spurs gerückt sein. Demnach haben die Nordlondoner über Dritte sogar bereits Kontakt zum Portugiesen aufgenommen. Beiderseitiges Interesse scheint vorhanden zu sein. Laut "Sun" und "Goal.com" gilt zudem Wigan-Coach Roberto Martinez als aussichtsreicher Kandidat.
Dort träfe man zumindest nicht auf taube Ohren: "Sollte Tottenham zu mir kommen und fragen, ob sie mit ihm sprechen dürfen, wäre die Antwort: Ja", erklärt Latics-Vorsitzender Dave Whelan in der "Sun". Bislang sei jedoch noch niemand an ihn herangetreten.
Redknapp blickt zufrieden zurück
Harry Redknapp betont indes noch einmal seine Verdienste um die Spurs. "Ich habe dem Verein das Lächeln zurückgegeben", schreibt der Ex-Coach in seiner "Sun"-Kolumne. "Wir waren im Champions-League-Viertelfinale und haben auf dem Weg dorthin Größen wie den AC Milan und Inter ausgeschaltet." Der gebotene Fußball sei stets attraktiv gewesen.
"Mehr konnte ich nicht tun." Dennoch wünscht er dem Verein auch in Zukunft viel Erfolg. Vielleicht sogar unter deutscher Leitung. Denn geht es nach englischen Medien, gehört auch Ralf Rangnick zum erweiterten Kandidatenkreis an der White Hart Lane.
Jürgen Klinsmann, angeblich ebenfalls im Gespräch, hat über seinen Berater dagegen bereits absagen lassen: "Er möchte seinen derzeitigen Posten nicht aufgeben und ist voll darauf fokussiert, die USA zur Weltmeisterschaft zu führen", erklärt Roland Eitel in der "Daily Mail".