SPOX: Stimmt der Satz: "Ramon Vega war mehr als ein normaler Fußball-Profi"?
Ramon Vega: Ohne eitel klingen zu wollen: Ja, ich würde es so unterschreiben.
SPOX: Sie hatten sich bereits zu Ihrer aktiven Zeit für die Finanzwelt interessiert und wurden nach Ihrer Karriere ein angesehener Wirtschaftsexperte. Beim Business-TV-Sender "Bloomberg" referieren Sie beispielsweise über die Griechenland-Krise oder die Herausforderungen für den italienischen Staat. Ihre Vergangenheit als Fußballer wird dabei nur selten thematisiert. Fühlten Sie sich jemals als echter Fußball-Profi?
Vega: Als Profi schon, immerhin war Fußball mein Beruf und entsprechend ernst nahm ich es. Sonst wäre ich nie so erfolgreich gewesen und hätte es nicht zum Schweizer Nationalspieler und Stammspieler in der Premier League geschafft. Aber: Ich hatte immer einen Sinn für das reale Leben. Ich sah den Fußball von der Jugend an immer als Sprungbrett, das für eine echte Karriere danach nützlich sein könnte. Daher begann ich früh, mir nebenbei ein Netzwerk aufzubauen. Fußball an sich ist ja nur eine Seifenblase.
SPOX: Eine Seifenblase, in der es sich allerdings gut leben ließ.
Vega: Ich habe es genossen. (lacht)
SPOX: Ihre erfolgreichste Zeit hatten Sie Ende der 90er Jahre, als Sie nicht nur zu den Leistungsträgern von Tottenham Hotspur gehörten, sondern nebenbei als Model von Vivienne Westwood tätig waren. Die legendäre Modedesignerin sagte damals: "Ramon ist der Mann mit den schönsten Beinen der Welt."
Vega: Ob das Kompliment stimmt: keine Ahnung. Wobei es immer schön ist, wenn eine Fashion-Päpstin so etwas sagt. Mir kam es zugute, dass die anderen 100.000 männlichen Models auf der Welt alle dünn sind, weiblich aussehen und die meisten vom anderen Ufer stammen. Wenn dann ein Fußballer kommt, der nicht auf das Geld angewiesen ist, einen super Body mitbringt und einfach nur Spaß haben will, kommt das gut rüber. Und das nützt man als 26-, 27-Jähriger natürlich aus und flirtet, was das Zeug hält. Doch die Zeiten sind längst vorbei - und damit verschwand leider mein super Body. (lacht) Jetzt mit 41 Jahren brauche ich das Ganze auch nicht mehr.
SPOX: Störte es Sie damals nicht, als Fußball-Playboy bezeichnet zu werden?
Vega: Überhaupt nicht, das Dandy-Image stimmte ja. Ich war jung und alleine, was soll daran schlimm sein?
SPOX: Bei Tottenham hatten Sie mit David Ginola einen Bruder im Geiste.
Vega: Wir waren sogar Zimmerkollegen. Es ging die Post ab. David war ein geiler Fußballer und ein geiler Roommate.
SPOX: Was ist aus Ramon Vega, dem Dandy früherer Tage, geworden?
Vega: Ein Ehemann und Vater von zwei Söhnen. Ich habe ein komplett anderes Leben. In der Fußball-Welt wollte ich alles auskosten, diese Zeit habe ich abgeschlossen und bin überzeugter Family Man.
SPOX: Ihr Lebenswandel als Fußballer ließ es damals nicht vermuten, trotzdem war es Ihnen immer wichtig, eine gute Ausbildung zu genießen. Wie waren Ihre Anfänge?
Vega: Ich gehörte als Jugendspieler zu den Ersten, die bei Grasshopper Zürich die Möglichkeit bekamen, Fußball mit der Berufsschule zu kombinieren. Drei Jahre lang ging ich morgens zum Training, um mittags und nachmittags bei der Bank "Credit Suisse" die Ausbildung als kaufmännischer Angestellter zu durchlaufen, abends stand wieder Training an. In der Zeit lernte ich alle Schritte im Bankbusiness kennen und entdeckte die Liebe für Finanzen. Seitdem lese ich das "Wall Street Journal" und die "Financial Times".
SPOX: Wie ging es weiter?
Vega: Drei Jahre vor meinem Karriereende wurde mir klar, dass ich mich auf eine Richtung festlegen möchte, wohin die Reise geht. Das Ziel war ziemlich offensichtlich: die Finanzwelt. Diese Gewissheit machte es mir einfach aufzuhören. Für viele Fußballer ist es eine existenzbedrohende Frage: Was mache ich nach dem Rücktritt? Ich hingegen hatte einen Plan.
SPOX: Einen Plan zu haben und ihn erfolgreich umzusetzen, sind zwei verschiedene Dinge.
Vega: Der Anfang war nicht einfach. Als Ex-Fußballer muss man in der Finanzwelt gegen viele Vorurteile ankämpfen. Mit der Gründung von "Duet Asset Management" im Jahre 2002 zusammen mit zwei Kollegen kam der Durchbruch. Wir haben das Unternehmen mittlerweile verkauft und es läuft immer noch sehr gut.
SPOX: Stattdessen orientierten Sie sich um und bauten das nächste Unternehmen auf: Matterhorn Capital Rosalp.
Vega: Eine Immobilienfirma für private Investoren, um hochwertige Projekte wie Luxushotels umzusetzen. Ich wollte mich breiter aufstellen.
SPOX: 2008 kehrten Sie zu Ihren Wurzeln zurück und gründeten "Vega Swiss Asset Management". Ein Unternehmen, das sich ebenfalls auf Asset Management spezialisiert hat, aber anders als damals "Duet Asset Management" kein Private Equity anbietet. Blöde Frage: Was sind Asset Management und Private Equity?
Vega: Asset Management ist die generelle Bezeichnung für Vermögensverwaltung. Und Private Equity ist eine Form der Vermögensverwaltung, in der wir das Geld der Kunden nehmen und je nach Strategie in Fonds investieren, sei es in Real Estate, also Immobilien, oder Technologien. Bei "Vega Swiss Asset Management" verzichten wir jedoch auf das Fond Management, weil sich das Image wegen der Intransparenz derart verschlechtert hat. Man gibt Geld in einen Fond, gleichzeitig weiß man nicht genau, in welche Firmen tatsächlich investiert wird. Stattdessen bin ich zurückgekehrt zur alten Schule des Bankwesens, dem Account Management. Der Kunde besitzt bei uns ein Konto und wir managen sein Konto, während der Kunde exakt alle Schritte nachvollziehen kann.
SPOX: Sie wirtschaften so erfolgreich, dass Sie in einer der teuersten Ecken Londons ein Büro eröffneten. Ihr Gesamt-Portfolio soll einen Wert von einer Milliarde Dollar, rund 800 Millionen Euro, haben.
Vega: 2008 wurde "Vega Swiss Asset Management" geboren, 2009 fanden wir uns plötzlich in der Weltwirtschaftskrise wieder. Es waren happige Zeiten. Gott sei Dank sind wir gut durchgekommen. Jetzt profitieren wir von unserer Transparenz und dem Vertrauen, das wir dadurch geschaffen haben.
SPOX: Beraten Sie auch Fußballer?
Vega: Natürlich. Früher war ich der Fondmanager für viele Spieler, heute kümmere ich mich als Accoutmanager um sie. Ich kenne die Mentalität der Fußballer - und ich kenne ihre Risiken. Ein Fußballer verdient nur zehn Jahre gutes Geld, ein CEO oder ein Banker 40 Jahre. Daher gehe ich mit dem Geld von Fußballern konservativer um, weil sie in der Zukunft noch mehr auf den Ertrag ihres derzeitigen Einkommens angewiesen sind.
SPOX: Umgekehrt überlegten Sie sich, nicht nur das Geld der Spieler zu verwalten, sondern in Spieler direkt zu investieren. Was ist aus den Plänen geworden?
Vega: Ich war bereit, eigene Einlagen von fünf Millionen Franken (damals ca. 3 Mio. Euro, Anm.d.Red.) mitzubringen, um einen Private-Equity-Fond mit Transferrechten für Spieler auf dem Markt zu platzieren. So hätte man Klubs helfen können, Neuzugänge zu finanzieren. Ich finde es immer noch eine super Idee, doch angesichts der derzeitigen Lage ist es schwierig umzusetzen.
SPOX: Außerdem versuchten Sie 2009, den damals finanziell stark angeschlagenen Premier-League-Klub Portsmouth aufzukaufen. Warum kam es nicht zustande?
Vega: Es lief zu undurchsichtig. Ich wollte den Deal, als allerdings klar wurde, dass die Gelder in dunkle Kanäle abfließen, sagte ich: "Und tschüss."
SPOX: Der damalige Besitzer Alexandre Gaydamak, der Sohn des als Waffenhändler angeklagten Russen Arcadi Gaydamak, bezeichnete Sie als Lügner.
Vega: Die Fakten sprachen gegen sie. Portsmouth hatte eine Verschuldung von 120 Millionen Pfund (damals ca. 135 Mio. Euro, Anm.d.Red.), daher teilte ich Ihnen mit, dass sie froh sein müssten, wenn ich ihnen für den Klub einen Pfund gebe. Stattdessen wollten sie 30 bis 40 Millionen Pfund plus die Übernahme der Schulden. Wenn es Manchester United gewesen wäre, okay. Aber nicht, wenn es Portsmouth ist mit einem der kleinsten und unrentabelsten Stadien in ganz England. Mir war es egal, was damals in der Presse stand, weil ich wusste, wie die Wahrheit lautet. Jetzt ist Portsmouth am Boden und spielt in der dritten Liga.
SPOX: Hatten Sie nie Angst, dem gefürchteten Gaydamak-Clan die Stirn zu bieten?
Vega: Nein, ich wusste ja, dass Portsmouth bankrott war und ich deswegen den Vorteil auf meiner Seite hatte. Ich brach die Verhandlungen ab und sagte ihnen zum Abschied: "Jungs, das reingesteckte Geld ist verloren. Und ihr könnt es vergessen, dass ihr von mir das Geld wiederbekommt."
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