Sead Kolasinacs Start beim FC Arsenal: Mal Panzer, mal Tier, mal Biest

Sead Kolasinac stand an den ersten beiden Premier-League-Spieltagen in der Startelf von Arsenal
© getty

Nach seinem ablösefreien Wechsel von Schalke 04 überzeugte Sead Kolasinac bei seinen ersten Auftritten für den FC Arsenal. Seine Mitspieler und Trainer Arsene Wenger loben den bosnischen Nationalspieler überschwänglich, Kolasinac begeistert vor allem mit seinem körperlichen Durchsetzungsvermögen.

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Arsene Wenger hat einst Sol Campbell und Patrick Vieira trainiert. Und bevor er sie trainiert hat, hat er die "Famous Back Four" trainiert, die eigentlich fünf waren: Nigel Winterburn, Lee Dixon, Tony Adams und dazu noch wahlweise Steve Bould oder Martin Keown. Arsenals legendäre Defensivreihe der 90er Jahre. Adams war der Anführer, Wenger nannte ihn den "Doktor der Defensive". Kompromisslos spielten sie alle immer, Zweikämpfe gewannen sie meist und Fehler machten sie kaum.

Und nun, im Sommer 2017 zum Start seiner 22. Saison als Arsenal-Trainer wurde Wenger gefragt, wo er Neuzugang Sead Kolasinac denn einordnen würde in dieser Ahnen-Galerie der Rackerer. Der Franzose erinnerte sich also wohl an Campbell, an Vieira, an die "Famous Back Four" und sagte: "Vielleicht ist er der stärkste Spieler, den ich je trainiert habe." Er, der 24-jährige Ex-Schalker aus Karlsruhe. Der körperlich stärkste, der durchsetzungsfähigste Spieler, den Wenger je trainiert hat. "Es gibt Spieler, die im Fitnessraum stark werden, und solche, die stark geboren werden", sagte Wenger, "und auf ihn trifft Zweiteres zu."

Erst ein Pflichtspiel hatte Kolasinac zu diesem Zeitpunkt für Arsenal bestritten, den Community Shield gegen den FC Chelsea. Arsenal gewann und gewissermaßen war es Kolasinacs Sieg. "Ich hatte Bedenken hinsichtlich eines Startelf-Einsatzes von ihm", erinnerte sich Wenger später an seine Gedanken vor dem Spiel. "Ich dachte: 'Vielleicht der besondere Druck im Wembley Stadion ...'." Kolasinac saß zu Beginn jedenfalls nur auf der Bank, doch Per Mertesacker verletzte sich und musste ausgewechselt werden. In der 32. Minute kam Kolasinac, traf zum Ausgleich und rettete Arsenal so ins Elfmeterschießen. "Herausragend", resümierte Wenger.

Lob von den Kollegen

Ablösefrei war Kolasinac zuvor vom FC Schalke 04 nach London gewechselt. Wenger nannte den Transfer wahlweise einen "No-Brainer" und ein "nettes Schnäppchen". Kolasinac selbst stellte sich auf der offiziellen Vereins-Homepage vor und sagte: "Ich bin ein Spieler, der über die Mentalität kommt." Wie er denn am liebsten genannt werden würde, wurde Kolasinac noch gefragt. Er grinste und sagte: "Ich wäre froh, wenn man mich hier 'Seo' nennen würde."

So würde er gerne genannt werden, wird er aber nicht. Stattdessen vornehmlich: "Panzer." Nach seinem dem öffentlichen Vernehmen nach panzerartigen Auftritt im Community Shield kursierten schnell entsprechende GIFs und Bilder in den sozialen Medien. "Cool", nannte Kolasinac seinen neuen Spitznamen dann doch bald und erzählte, dass es eigentlich auch sein alter ist. In Bosnien, dem Land seiner Eltern und seiner Nationalmannschaft, werde er schon seit jeher so genannt.

Und nun auch bei Arsenal, selbst in Mannschaftskreisen: Keine Spur von "Seo". "Er sieht wie ein richtiger Panzer aus", sagt Theo Walcott und bietet darüber hinaus noch einen alternativen Spitznamen an: "Ganz ehrlich, er ist ein absolutes Tier. Unglaublich!" Walcott erzählt davon, wie er Kolasinac mal im Fitness-Raum beobachtet hatte. Und beeindruckt war, sehr beeindruckt. Auch Danny Welbeck äußerte sich neulich über Kolasinac, er nennt ihn "ein Biest".

Defensive Stabilität, offensive Impulse

Innerhalb weniger Wochen hat sich Kolasinac in London einen Ruf als Muskel-Paket erarbeitet. Bisher übertrug er seine Kraft auch gewinnbringend auf den Platz. Nach dem überzeugenden Einwechsel-Einsatz im Community Shield stand Kolasinac bei den bisherigen beiden Premier-League-Spielen seines Klubs in der Startelf. Jeweils links in der defensiven Dreierkette. Beim Auftaktsieg gegen Leicester City leistete Kolasinac eine Vorlage, bei der folgenden Niederlage bei Stoke City blieb er unauffälliger und wurde in der Schlussphase ausgewechselt.

Kolasinac zählte über beide Spiele gesehen zu den Solidesten bei Arsenal. 87 Prozent seiner Pässe kamen an, 60 Prozent seiner Zweikämpfe gewann er. Kolasinac bietet Wenger defensive Stabilität gleichermaßen wie offensive Impulse. Durchaus ungewöhnlich für einen Verteidiger in der Dreierkette, sind die doch oftmals eher auf Sicherheit bedacht. Kolasinac ist technisch gewandt und zeigt das auch. Wie etwa in der Schlussphase des Spiels gegen Leicester: Balleroberung, perfekte Ganzkörperdrehung und im Sprint weiter.

Potenzial zum Besten

Dieser Offensiv-Drang stammt aus Kolasinacs Zeit als Nachwuchsspieler. Bis zur A-Jugend hatte er einst oft im Sturm gespielt, mit seinem Tempo und Zug nach vorne fühlt er sich aber auch auf dem Flügel heimisch. "Er ist ein Spieler, der nach vorne gehen, Vorlagen geben und gute Flanken bieten kann", sagt Wenger und lobt explizit Kolasinacs Fähigkeiten im vorderen Spielfelddrittel. Welbeck gefällt vor allem das Umschaltspiel seines Kollegen: "Wie er nach Ballgewinnen nach vorne durchbricht ist großartig."

Über allem steht aber Kolasinacs Mentalität, seine Hingabe. "Er hat das gewisse Etwas", sagt Wenger: "Die Fans spüren seine Entschlossenheit und reagieren darauf. Das gibt dem Team Auftrieb." Von Kolasinac auf die Ränge und zurück aufs ganze Team.

Kolasinac selbst floskelte zuletzt noch etwas über die schwierige Anpassung an die Premier League und all die Zeit, die er noch bräuchte bis er ganz angekommen sei, und Walcott sagt nur: "Er spielt in der besten Liga der Welt und ich glaube er kann hier einer der besten Spieler werden." Kolasinac, der Panzer, das Tier, das Biest hat Eindruck gemacht in England.

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