Pierre-Emile Höjbjerg bei Tottenham Hotspur: Nie wieder wie Zidane!

Pierre-Emile Höjbjerg zog sich beim Europa-League-Spiel gegen den LASK eine Kopfverletzung zu - und spielte mit Turban weiter.
© imago images / PA Images

Pierre-Emile Höjbjerg wechselte im Sommer für rund 17 Millionen Euro vom FC Southampton zu Tottenham Hotspur - und entwickelte sich dort sofort zum Schlüsselspieler im System von Trainer Jose Mourinho. Was macht den 25-jährigen Dänen aus der Jugend des FC Bayern München so wichtig?

Cookie-Einstellungen

Die Schlussphase des Premier-League-Spiels zwischen West Bromwich Albion und Tottenham Hotspur am Sonntagmittag hatte zwei Highlights zu bieten.

Das offensichtliche: In der 88. Minute erzielte Harry Kane das siegbringende 1:0 und beförderte seine seit dem 1. Spieltag ungeschlagene Mannschaft damit auf Tabellenplatz zwei (hinter Leicester City). Für Kane war es bereits der 15. Scorerpunkt im achten Spiel. Halbwegs mithalten kann da nur sein Teamkollege Heung-Min Son, der mit zehn Torbeteiligungen auf Platz zwei der Scorerliste liegt.

Das weniger offensichtliche Highlight: Kurz davor berührte der defensive Mittelfeldspieler Pierre-Emile Höjbjerg zum 755. Mal in dieser Premier-League-Saison den Ball und übernahm damit die ligaweite Führung im entsprechenden Ranking. Es war ein kleiner Moment, der seine großartige Entwicklung unterstrich. Beim Abpfiff lag er bei 757 Ballkontakten und damit beispielsweise über 200 vor dem nächstbesten Tottenham-Spieler Eric Dier (524).

Als einziger Spieler neben Keeper Hugo Lloris verpasste Höjbjerg bei Tottenham in dieser Premier-League-Saison noch keine Sekunde. "Er gibt uns Stärke und Stabilität", lobte Mourinho neulich und nannte den Neuzugang vom FC Southampton seinen "Kapitän ohne Kapitänsbinde". Es ist die neueste Episode eines abwechslungsreichen Verhältnisses zwischen Höjbjerg und Kapitänsbinden, das im Herbst 2018 seinen Anfang nahm.

Pierre-Emile Höjbjerg und die Kapitänsbinde

Höjbjerg spielte damals schon seit mehr als zwei Jahren für Southampton. Bei seinem Jugendklub FC Bayern München hatte er sich nicht nachhaltig durchsetzen können, nach zwei Leihgeschäften zum FC Augsburg und zum FC Schalke 04 war er im Sommer 2016 für 15 Millionen Euro in die Premier League gewechselt.

Nach kleineren Anlaufschwierigkeiten erkämpfte sich Höjbjerg bald einen Stammplatz im defensiven Mittelfeld. Als sich Kapitän Ryan Bertrand verletzte, übernahm der damals 23-Jährige zunächst interimistisch dessen Binde. Kurz darauf machte Southampton Ralph Hasenhüttl zum neuen Trainer - und dieser Höjbjerg zum regulären Kapitän.

Das war er dann eineinhalb Jahre lang, bis er sich im vergangenen Frühling weigerte, seinen 2021 auslaufenden Vertrag zu verlängern. "Ich weiß, was ich will, der Verein weiß es auch. Ich will irgendwann auf einem noch höheren Level spielen als derzeit", sagte er bei Sport1. "Mein Ziel ist ganz klar: Ich will die Premier League und die Champions League gewinnen."

Hasenhüttl nahm Höjbjerg die Kapitänsbinde daraufhin wieder weg und setzte ihn nur mehr sporadisch ein. Unterdessen lieferten sich einige Premier-League-Rivalen ein Wettbuhlen um ihn. Manchester City mit Höjbjergs Ex-Trainer vom FC Bayern Pep Guardiola und der FC Everton sollen ernsthaft interessiert gewesen sein, den Zuschlag erhielt aber für rund 17 Millionen Euro Tottenham.

Mourinho und Höjbjerg: Die kämpfenden Siege-Erzwinger

"Die Spieler hier sind Weltklasse. Und der Trainer ist auch Weltklasse", sagte Höjbjerg bei seiner Ankunft und erklärte: "Ich will für Energie und Siege sorgen." Damit umriss er die Gründe für seine Verpflichtung exzellent.

Tottenham gilt seit Jahren als Klub, der zwar meist ansehnlichen Fußball spielt, dem in den entscheidenden Momenten aber der nötige Siegeswillen fehlt. Seit dem League-Cup-Sieg 2008 wartet Tottenham auf einen Titelgewinn, die fünf anderen Vertreter der großen Sechs sammelten in der Zwischenzeit allesamt Trophäen.

Um das zu ändern, verpflichtete der Klub vor ziemlich genau einem Jahr als Nachfolger des langjährigen Trainers Mauricio Pochettino den vermeintlichen Titel-Garanten Mourinho. Was Mourinho an der Seitenlinie ist, soll Höjbjerg auf dem Platz sein. Ein kämpfender Siege-Erzwinger. Eine Rolle, die Höjbjerg sofort einnahm und seit seiner Ankunft sehr gut ausfüllt.

Bei gegnerischem Ballbesitz gefällt er als aggressiver Balleroberer, bei eigenem als Stratege aus der Tiefe: Pierre-Emile Höjbjergs Rolle im Spiel von Tottenham.
© imago images / Focus Images
Bei gegnerischem Ballbesitz gefällt er als aggressiver Balleroberer, bei eigenem als Stratege aus der Tiefe: Pierre-Emile Höjbjergs Rolle im Spiel von Tottenham.

Pierre-Emile Höjbjerg? "Von der Sorte Spieler, die Jose liebt"

"Er ist einer der gewissenhaftesten Spieler, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Einfach unglaublich gewissenhaft", zitierte The Athletic neulich eine anonyme Quelle aus der Kabine. "Er ist ein Leader, ein Arbeiter und genau von der Sorte Spieler, die Jose liebt."

Höjbjerg erarbeitete sich bei Tottenham innerhalb kürzester Zeit den Ruf als einer der fleißigsten Trainierer und lautesten Kommandogeber der Mannschaft. Kaum eine Stimme ist bei Tottenham-Spielen so oft zu hören wie Höjbjergs, kaum ein Spieler fordert Bälle so vehement wie er, kaum einer strahlt auf dem Platz eine ähnliche Präsenz aus.

"Mit seiner Persönlichkeit hat er einen großen Einfluss", sagt Lloris, der Kapitän mit Kapitänsbinde. "Er pusht uns."

Pierre-Emile Höjbjergs Auftritt als Zinedine Zidane

In Mourinhos 4-2-3-1-System spielte Höjbjerg auf der Doppelsechs zunächst neben Harry Winks und zuletzt neben Moussa Sissoko. Bei gegnerischem Ballbesitz gefällt er als aggressiver Balleroberer, bei eigenem als Stratege aus der Tiefe.

Hin und wieder lässt Höjbjerg aber auch seine zweifellos vorhandenen technischen Fähigkeiten durchblitzen. Beim 3:0-Sieg gegen den LASK in der Europa League Ende Oktober zog er sich Mitte der ersten Halbzeit eine Kopfverletzung zu, kehrte kurz darauf mit einem weißen Turban zurück - und zeigte in der eigenen Hälfte eine Doppel-Pirouette im Stile Zinedine Zidanes.

"In der Halbzeitpause haben wir alle gelacht und ihn Zidane genannt", erzählte Mourinho nach dem Spiel, ließ aber ausrichten: "Sehr schön, Pierre, aber bitte mache das nie wieder." Höjbjerg wurde schließlich nicht für künstlerische Auftritte verpflichtet - dafür kam unter anderem ein gewisser Gareth Bale.

Premier League: Die aktuelle Tabelle

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Leicester City818:9918
2.Tottenham Hotspur819:91017
3.FC Liverpool818:16217
4.FC Southampton816:12416
5.FC Chelsea820:101015
6.Aston Villa718:9915
7.FC Everton816:14213
8.Crystal Palace812:12013
9.Wolverhampton Wanderers88:9-113
10.Manchester City710:9112
11.FC Arsenal89:10-112
12.West Ham United814:10411
13.Newcastle United810:13-311
14.Manchester United712:14-210
15.Leeds United814:17-310
16.Brighton & Hove Albion811:14-36
17.FC Fulham87:15-84
18.West Bromwich Albion86:17-113
19.FC Burnley73:12-92
20.Sheffield United84:14-101
Artikel und Videos zum Thema