Als Fabrizio Romano am Montag Al-Hilals angebliches Weltrekordangebot an Paris-Saint Germain für Kylian Mbappé verkündete, hat das erst ein mal überhaupt nichts mit mir gemacht. Es wundert einen nichts mehr im Fußball, so weit ist es gekommen.
300 Millionen Euro Ablöse für einen Spieler mit einer vertraglichen Restlaufzeit von einem Jahr, 700 Millionen Euro Gehalt für eine Saison, 13,3 Millionen Euro pro Woche, 1,9 Millionen Euro pro Tag, 22 Euro pro Sekunde: Eine Gesamt-Investition von einer Milliarde Euro.
Kylian Mbappé für ein Jahr zu Al-Hilal: Wer soll das toppen?
So irre, krank, obszön, so folgerichtig!
- Nach der Explosion der TV-Einnahmen, Transfersummen und Gehälter.
- Nach WM-Vergaben an Russland und Katar.
- Nach immer mehr Spielen und immer mehr Wettbewerben, um noch mehr Geld in den Kreislauf zu pumpen.
- Nach immer mächtigeren Investoren, denen immer mehr Klubs gehören, gerne auch gleichzeitig.
- Nach immer mehr Staaten, die sich in Klubs oder Ligen einkaufen und ohne die im schlimmsten anzunehmenden Idealfall gar nichts mehr geht - siehe Saudi-Arabien, wo der allmächtige Staatsfonds PiF die Saudi Pro League alimentiert und jetzt auch noch offiziell die Mehrheit bei den vier größten Klubs des Landes übernommen hat.
In all seiner Irrationalität und totalen Obszönität: Das angebliche Angebot vom erfolgreichsten saudi-arabischen Klub an PSG und Mbappé folgt erst einmal der Logik eines Systems, das schon längst nur noch der Logik des Geldes folgt. Daher lohnt auch die Empörung kaum, sie würde ohnehin nichts ändern.
Das Problem ist nur: Dieser Deal hat das Potenzial, ein krankes System komplett zu sprengen. Dieser Deal ist schlicht zu groß, diese Summen sind selbst für ein System, das Fantasiepreise zum Frühstück isst, zu unwirklich. Eine Milliarde Euro für einen Spieler auszugeben, der spätestens 2024/2025 bei Real Madrid spielen möchte: Wie soll das getoppt werden? Und vor allem: Von wem?
Kylian Mbappé bei Al-Hilal: Musiala verdient ein Neunzigstel
Wie sollte irgendein Klub, der nicht dem staatseigenen Fonds eines Landes gehört und dem Geld völlig egal ist, ein Gehalt bezahlen, das auch nur annähernd so hoch ist wie Mbappés mögliches Gehalt bei Al-Hilal?
Schon die 130 Millionen Euro, die Mbappé aktuell inklusive aller möglichen Boni und Werbeeinnahmen bei PSG dem Vernehmen nach pro Jahr kassiert, sprengen alle Grenzen in Europa. Und wieso sollte Mbappé nach einem Jahr in Saudi-Arabien wieder auf mehr als zwei Drittel seines Gehalts verzichten, um endlich bei seinem Traumverein in Madrid zu spielen?
Und wieso sollte Erling Haaland von Manchester City für ein Fünfundzwanzigstel von Mbappés Gehalt spielen? Wieso Jamal Musiala vom FC Bayern München für knapp ein Neunzigstel? Weil sich Manchester City, geschweige denn der FC Bayern München solche Summen nicht leisten können?
Das war schon kein Argument, als sich Borussia Dortmund oder gar Werder Bremen nicht mehr leisten konnten, in der Bundesliga annähernde Gehälter zu zahlen wie Bayern. Trotzdem: Obwohl die Schere zwischen Arm und Reich im Fußball zuletzt immer weiter auseinanderging, gab es zumindest bis jetzt in jeder Liga und in jedem Wettbewerb immer eine gewisse Anzahl von Klubs, die mit ähnlichen Waffen gegeneinander kämpfen konnten. Doch gegen die Finanzkraft der saudischen Großklubs wirkt selbst der FC Bayern wie ein Bürgergeld-Empfänger.
Kylian Mbappé nach Saudi-Arabien: Sargnagel für den Fußball
Mbappés Wechsel in die Saudi Pro League wäre folgerichtig und logisch, aber eben auch Wettbewerbsverzerrung in Potenz. Er wäre der Sargnagel für den Fußball wie wir ihn immer noch kennen.
Besondere Ironie der Geschichte: Nun muss ausgerechnet Mbappé, der bisher wie kaum ein Kollege vor ihm seine Karrriere nach rein ökonomischen Gesichtspunkten aufgebaut hat, den Fußball retten.
Zumindest für den Moment sieht es so aus, als ob Mbappé es dann doch nicht so nötig hat. Womöglich spekuliert er auch noch immer mit einem sofortigen Wechsel zu Real. Auch er hat schließlich Träume, in denen das Geld nicht die allererste Rolle einnimmt. Im Moment sieht es so aus, als ob er widerstehen könnte. Und über das Angebot lachen könnte.
So wie zuvor schon Lionel Messi widerstand, der Al-Hilal und Saudi-Arabien die MLS und die USA vorgezogen hat. Und so wie zuletzt auch der Ex-Dortmunder Ousmane Dembélé, der zu Cristiano Ronaldos Klub Al-Nassr hätte wechseln können, der saudischen Verlockung nicht erlag.
Doch das nächste völlig entkoppelte Mondangebot für den nächsten Superstar wird kommen. Garantiert. Und wieso sollten die Kicker immerzu nein sagen? Und dann war's das!