Fernando Torres im Interview: "Wir müssen Diego einfach nur folgen"

Fernando Torres kehrte im Januar 2015 heim zu Atletico Madrid
© getty

Mit der spanischen Nationalmannschaft hat Fernando Torres einen WM- und zwei EM-Titel gewonnen, mit dem FC Chelsea die Champions League. Mittlerweile spielt er wieder bei seinem Heimat-Klub Atletico Madrid. Im Interview spricht der 33-Jährige über seine Zeit in England, die Beweggründe seiner Wechsel, die Zukunft von Atletico und die Arbeit mit Trainer Diego Simeone.

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SPOX: Herr Torres, vor fünf Jahren haben Sie mit dem FC Chelsea in München die Champions League gewonnen, nun sind sie wegen des Audi Cups erneut hier. Mit welchen Gefühlen kehren Sie zurück?

Fernando Torres: Für mich ist es prinzipiell immer schön nach Deutschland zu kommen, denn ich habe gute Erinnerungen an Spiele gegen deutsche Vereine und auch das Nationalteam. Hier in München den FC Bayern besiegt und die Champions League gewonnen zu haben, war einer der größten Momente meiner Karriere.

SPOX: In den vergangenen Jahren scheiterten sie mit Atletico Madrid in diesem Wettbewerb immer wieder sehr knapp.

Torres: Wenn man gegen die Besten spielt, braucht man manchmal auch Glück, um sie zu schlagen. Wir sind aber auf einem guten Weg, haben zwei der letzten vier Finals erreicht und werden es in dieser Saison erneut versuchen. Wir sind ein Team mit einer glänzenden Zukunft.

SPOX: Wie ist ihr Gefühl für die anstehende Saison?

Torres: Diese Saison ist für uns wegen der Transfersperre der FIFA etwas komplizierter, aber so haben wir die Möglichkeit allen zu zeigen, dass unser jetziges Team gut genug ist. In der Champions League sind wir zuletzt im Halbfinale gescheitert, da wollen wir weiter kommen, und in der Liga besser abschneiden. Im Laufe der vergangenen Saison haben wir viel zu viele Punkte verloren und durften am Ende gar nicht um den Titel kämpfen.

SPOX: Was ist für Sie wichtiger, die Meisterschaft oder die Champions League?

Torres: Die Champions League ist die größte Trophäe, die man als Spieler gewinnen kann. Nach drei verlorenen Endspielen in der Vereins-Geschichte weiß ich auch wie wichtig es für Atletico und all seine Fans ist, diesen Titel endlich erstmals zu gewinnen.

SPOX: Ihr Trainer Diego Simeone gilt als extrem emotional. Wie erleben Sie ihn in der alltäglichen Arbeit?

Torres: Genau wie früher als Spieler ist er auch als Trainer ein sehr intensiver Charakter. Diego ist clever und weiß genau, dass wir Spieler diese Intensität brauchen, um gegen Teams zu bestehen, die besser sind als wir. Er sorgt immer dafür, dass jeder während den Übungseinheiten, Teambesprechungen und Reisen extrem fokussiert ist und man merkt, dass sein Training effektiv ist. Diego kommuniziert sehr gut mit uns und erklärt exakt, was er sowohl in taktischer Hinsicht als auch individuell von jedem Einzelnen erwartet. Alles was wir Spieler machen müssen, ist ihm zu folgen.

SPOX: Nach dem Ende der vergangenen Saison wurde spekuliert, Simeone wolle den Klub vielleicht verlassen.

Torres: Er ist hier sehr glücklich und ich glaube, er will noch lange bleiben. Das ist wichtig für uns Spieler, denn es gibt uns das Gefühl, dass das Projekt gerade erst losgeht. Hoffentlich können wir mit dieser Mannschaft weitermachen und noch mehr Titel gewinnen.

SPOX: Im Frühling 2016 haben sie im Halbfinale der Champions League gegen den FC Bayern gewonnen, was in Deutschland für einige Kontroversen gesorgt hat. Viele erachteten die Spielweise von Atletico, speziell in den letzten Minuten, als grenzwertig.

Torres: Ich kann mich an die letzten Minuten dieses Spiels nicht mehr erinnern.

SPOX: Es gab viele Diskussionen mit dem Schiedsrichter und auch Zeitspiel seitens Atleticos.

Torres: Das ist Fußball und machen alle Teams der Welt! Wer in Führung liegt, muss versuchen Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Es hat uns damals jedenfalls sehr glücklich gemacht, dass wir gegen die Bayern gewonnen haben, denn sie hatten eine bessere Mannschaft als wir - aber im Fußball gewinnt nicht immer die bessere Mannschaft. Wir haben es trotzdem über Hin- und Rückspiel betrachtet mehr verdient ins Finale einzuziehen als die Bayern.

SPOX: Blicken wir etwas weiter zurück in die Vergangenheit. Sie schafften es einst früh in die Profi-Mannschaft von Atletico und durften bereits mit 19 Jahren die Kapitänsbinde tragen.

Torres: Das waren sehr glückliche Zeiten für mich. Mit zehn Jahren bin ich in den Klub gekommen und es war immer mein Traum, irgendwann Profi zu werden. Dass ich dann sogar zum Kapitän bestimmt wurde, war ein Geschenk, gleichzeitig aber auch schwer, denn die allgemeine Situation des Vereins damals ist mit der jetzigen nicht zu vergleichen. Ich war trotzdem bis zu meinem letzten Tag im Verein unfassbar stolz da zu sein und habe immer mein Bestes gegeben.

SPOX: Dann sind Sie zum FC Liverpool gewechselt.

Torres: Ich habe dort dreieinhalb fantastische Spielzeiten verbracht und immer noch viele Freunde in Liverpool. Ich werde nie ein schlechtes Wort über den Verein und auch die Fans verlieren, denn ich habe dort die Möglichkeit bekommen, erste Auslands-Erfahrungen zu sammeln.

SPOX: War es rückblickend betrachtet ein Fehler, zu Chelsea weiterzuziehen?

Torres: Nein! Ich habe Liverpool verlassen, um Titel zu gewinnen und das habe ich dann auch geschafft.

SPOX: Ihre Zeit bei Chelsea war aber nicht nur positiv.

Torres: Mir ist egal, was die Leute darüber denken. Ich habe für Chelsea vielleicht nicht so viele Tore geschossen wie für Liverpool, aber ich habe innerhalb von zwei Jahren die Champions League, die Europa League und den FA Cup gewonnen. Was kann man sich als Spieler mehr wünschen? Ich habe einst meine Heimat Atletico verlassen, um Titel zu gewinnen. Das habe ich bei Liverpool nicht geschafft, also bin ich aus dem gleichen Grund zu Chelsea gewechselt. Dort habe ich es dann erreicht, bin heimgekehrt und nun sehr froh darüber, wieder bei Atletico zu sein. Jetzt versuche ich hier Titel zu gewinnen.

SPOX: Wäre ein Champions-League-Triumph mit Atletico für Sie persönlich spezieller als der mit Chelsea?

Torres: Natürlich.

SPOX: Sie sind mittlerweile 33 Jahre alt, wie viele Anläufe wollen Sie noch nehmen?

Torres: Das wird mir meine körperliche Verfassung sagen. Solange ich mich gut fühle und mit meinen Kollegen mithalten kann, werde ich spielen.

SPOX: Hatten Sie im Laufe Ihrer Karriere einmal die Chance nach Deutschland zu wechseln oder können sie es sich noch vorstellen?

Torres: Nein, die Möglichkeit gab es nie. Ich war sehr glücklich in England und danach wollte ich eigentlich immer nur zu Atletico zurückkehren, um den Kreis zu schließen. Das durfte ich und jetzt hoffe ich, dass ich bis zu meinem Karriereende hierbleiben kann.

SPOX: Künftig spielen Sie mit Atletico nicht mehr im Estadio Vicente Calderon, sondern dem neugebauten Wanda Metropolitano. Was bedeutet dieser Umzug für den Verein?

Torres: Änderungen wie diese sind für alle im Klub schwierig. Ich persönlich hoffe, dass wir das neue Stadion genauso füllen werden wie bisher das Calderon. Hoffentlich wird die Stimmung noch besser sein als im Calderon, aber das ist schwierig. Im neuen Stadion haben jedenfalls 20.000 Atletico-Fans mehr Platz und das bringt Geld, mit dem man die Mannschaft weiter verstärken kann. Der Bau des neuen Stadions war ein wichtiger Schritt, um die Zukunft des Klubs abseits des Platzes so zu gestalten, wie wir sie auf dem Platz gestalten. Ich hoffe, dass wir in einigen Jahren als einer der größten Klubs Europas wahrgenommen werden - nicht nur von den Leuten in Spanien, sondern von jedem. Das Stadion hilft bei dieser Entwicklung, aber es ist der Job von uns Spielern, darin Dinge zu schaffen, an die man sich erinnert.

SPOX: An Sie persönlich erinnert man sich hier in Deutschland vor allem wegen Ihres Treffers im EM-Finale 2008 gegen Deutschland, als Sie Philipp Lahm entwischt sind. Haben Sie mal mit ihm darüber gesprochen?

Torres: Wir haben uns im Laufe der Zeit zwar oft getroffen, aber nie über dieses Tor gesprochen. Wir hatten insgesamt viele tolle Spiele gegeneinander, sowohl auf Klub-Ebene als auch mit unseren Nationalteams. Ich bin ein großer Fan von Lahm, von allem was er getan hat und vor allem davon, wie er es getan hat. Es gibt nicht viele so professionelle Spieler wie ihn und es war mir eine Ehre, gegen ihn gespielt zu haben.

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