Zidanes spektakuläre Lösungen

Von Nicolai Lehnort
Achraf Hakimi hat sich zum Nummer-Eins-Back-Up für Daniel Carvajal aufgeschwungen
© getty

Daniel Carvajal ist seit der Rückholaktion von Bayer Leverkusen zu einer Institution bei Real Madrid geworden. Nach dem Abschied von Danilo in Richtung Manchester City fehlte es den Königlichen an einer Ersatzlösung, sollte Carvajal - wie jüngst geschehen - ausfallen. Nacho und Youngster Achraf Hakimi füllten diese Lücke.

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Nach der starken Saison bei der Werkself (36 Einsätze, 8 Assists, 1 Tor) knüpfte Carvajal bei den Königlichen nahtlos dort an, wo er in der Bundesliga aufgehört hatte.

45 Einsätze standen zu Buche, darunter beachtliche zehn in der Champions League. Und auch in den folgenden Jahren wollte er sich nicht von seiner Rechtsverteidigerposition verdrängen lassen.

Rotationen sind auf den Außenverteidigerpositionen der Blancos die Ausnahme - die Rolle von Marcelo auf der anderen Seite bedarf keiner Erklärung - und wenn keine Blessuren im Weg stehen, findet sich Carvajal in jedem Spiel in der Startelf wieder.

Herzbeutelentzündung bei Carvajal: Wer wird Ersatz?

Vor dem siebten Spieltag gegen Espanyol Barcelona vermeldete Real den Ausfall Carvajals. Den 25-Jährigen plage ein Virus. Die Real-Ärzte diagnostizierten eine Herzbeutelentzündung und rieten dem Nationalspieler zu einer längeren Pause.

Wie die vereinsnahe spanische AS und auch andere Medien berichteten, schlug die Behandlung beim Real-Star glücklicherweise an und Ende Oktober folgte die Erleichterung für die Galaktischen: Carvajal war zurück im Training. Und trotzdem stellte sich die Frage, wer den Spanier über einen längeren Zeitraum ersetzen soll.

Zizou zaubert Achraf Hakimi aus dem Hut

Zinedine Zidane wäre nicht Zinedine Zidane, wenn er keine Lösung für diese haarige Situation parat gehabt hätte.

Achraf wer? Das haben sich viele Zuschauer beim Duell gegen Espanyol gefragt haben. Mangels Alternativen schickte Zidane den damals 18-Jährigen Achraf Hakimi auf den Platz. Gebürtiger Madrilene, jegliche Jugendmannschaften durchlaufen - ein Eigengewächs feierte sein Debüt.

Der marokkanische Nationalspieler wusste zu überzeugen und heimste nach der Partie sogar ein Extra-Lob seines Coaches ein: "Er hat das spektakulär gemacht - vorne, hinten, ebenso seriös wie leichtfüßig. Ich bin sehr zufrieden mit seinem Debüt, das ist für ihn und seine Karriere ein bedeutender Tag."

Mit dieser und der folgenden Vorstellung gegen Getafe hat er sich zum Nummer-eins-Backup von Carvajal aufgeschwungen, eine spektakuläre Lösung für ein vermeintliches Problem - das dachten viele. Doch im Heimspiel gegen Eibar stand Nacho Fernandez als Rechtsverteidiger auf dem Spielberichtsbogen.

Hakimi und Nacho als interne Lösungen

Der 27-Jährige tritt ohnehin schon seit Jahren als Defensiv-Allrounder auf. In seinen 132 Spielen für die Real-Profis spielte er am häufigsten als Innenverteidiger, die beiden Außenverteidigerpositionen sind ihm aber nicht fremd. Alleine in dieser Saison bekleidete er bereits vier Mal die linke und zwei Mal die rechte Abwehrseite - bei acht Einsätzen im Zentrum.

Er gilt als solider Verteidiger. Gerade auf den Außenbahnen mangelt es ihm allerdings oft an Offensivdrang und Dynamik. Er ist meist stark auf die Defensivarbeit bedacht und scheut Flankenläufe.

Diese Facette bringt Shooting-Star Hakimi hingegen mit. "Hakimi hat sehr viel Durchschlagskraft und eine tolle Ballbehandlung. Er ist eigentlich gelernter offensiver Flügelspieler, wird aber mittlerweile in der Abwehr eingesetzt, weil er sehr gut mit nach hinten arbeitet", sagte Real-Korrespondent Alberto Pineiro von Goal.

Hakimi: Plötzlich Real-Profi

Dass er einst das offensive Handwerk erlernte, macht sich in seinem hohen Tempo, herausragender Technik und Dribbelstärke in Eins-gegen-Eins-Duellen bemerkbar. Torgefahr hat er ebenfalls aus seiner früheren Rolle mitgenommen: In 16 Youth-League-Spielen erzielte er drei Tore.

Mit einem erfahrenen Defensiv-Spezialisten und einem hungrigen Newcomer ist das weiße Ballett gut gerüstet für einen möglichen längeren Ausfall Carvajals. Auf entwicklungsfähige Nachwuchsspieler zu setzen wäre die konsequente Fortführung des zuletzt eingeschlagenen Weges von Real Madrid. Doch Florentino Perez hat seine Fühler naturgemäß immer in alle Richtungen ausgestreckt und ein weiteres hoffnungsvolles Talent auf dem Radar.

Odriozola - der Youngster aus dem Baskenland

Hakimi ist nämlich nicht der einzige Außenverteidiger der Primera Division, der in letzter Zeit für mächtig Furore sorgte. Alvaro Odriozola von Real Socieded - geboren in San Sebastian und seit 2006 im Verein - hat einen ähnlichen Karriereweg eingeschlagen.

Erst seit Januar Stammspieler hat er sich mit seinen Leistungen dermaßen ins Rampenlicht gespielt, dass die Blancos ihn laut übereinstimmenden Medienberichten auf dem Zettel haben. Mit neun Vorlagen in 26 Spielen gilt auch er als offensiver Außenverteidiger.

Ähnlich wie Hakimi war er vor seiner Zeit in der Defensive als offensiver Flügelspieler unterwegs. "Seine Kondition ist nicht von dieser Welt", hebt sein Jugendtrainer Inaki Sena zudem hervor. Und auch sein Ex-Trainer Benat San Jose sang bei El Diario Vasco ein Loblied auf ihn: "Er ist ein wahrgewordener Traum für jeden Trainer. Er ist wohlerzogen, schlau, ein guter Mannschaftskamerad und taktisch und technisch hervorragend."

Odriozola bekennt sich zu Sociedad - vorerst

Er ist jung, spanischer Nationalspieler und hat eine große Karriere vor sich. Und: Er würde somit optimal in das neue Beuteschema von Real passen.

Sociedads Sportdirektor schaltete sich allerdings sofort ein und verpasste seinem Neu-Nationalspieler ein Preisschild: "Wenn Real Madrid Odriozola haben will, dann müssen sie die Ausstiegsklausel bezahlen und der Spieler muss auch wechseln wollen.", ließ er in der Marca verlauten. Die festgeschriebene Summe liegt wohl bei 40 Millionen Euro.

Nach seinem Länderspiel-Debüt äußerte sich der Spieler selbst ebenfalls zu seiner Situation: "Natürlich vergrößert sich alles, wenn man für Spanien spielt. Aber ich habe meinen Vertrag bei La Real bis 2022 aus gutem Grund verlängert. Ich denke nur an Real Sociedad. Das ist das Einzige, was ich im Kopf habe."

Trotz aller Bekenntnisse: Im Interview mit der AS sprach der Youngster über seinen bisher besten Gegenspieler und über sein Idol. Beide stehen bei Real Madrid unter Vertrag: Isco auf dem Platz und der andere auf der Bank - Zinedine Zidane.

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