Wenn Sergio Agüero von seiner ersten Begegnung mit Lionel Messi erzählt, fühlt man sich an Harry Potter erinnert. Oder genauer gesagt an die Stellen der weltberühmten Bücher, an denen jedem der im Raum Anwesenden die Kinnlade herunter fällt, weil sie gerade realisiert haben, dass sie dem Auserwählten plötzlich ganz nahe sind. Dem Wunderkind, das sich in jungen Jahren schon einen Mythos geschaffen hat, von dem alle Welt schon gehört hat.
Agüero würde bei Harry Potter wohl aus der Reihe tanzen. Denn der spätere Weltklassestürmer, Jahrgang 1988, erkannte den Auserwählten nicht, als sie sich einst erstmals begegneten. Messi, Jahrgang 1987, befand sich gerade mit Argentiniens U17-Nationalmannschaft im Trainingslager, Agüero mit der U16. Beide waren sie aber so gut, dass sie sich zeitgleich schon mit der U20 auf die anstehende Südamerika-Meisterschaft der Junioren vorbereiteten.
"Wir waren alle zusammen, mehrere Jahrgänge", erinnerte sich Agüero vor einigen Jahren im Interview mit Sky Sports. "Wir saßen beim Mittagessen an einem Tisch: Garay (Ezequiel, d. Red.), Formica (Mauro, d. Red.), Leo und ich. Leo saß mir gegenüber und Garay fragte ihn, wo er seine Turnschuhe her hatte. Leo antwortete, er habe sie aus den USA. Ich fragte mich: 'Spielt er in den USA?' Also fragte ich ihn leise: 'Wie ist dein Name nochmal?' Er antwortete: 'Leo, Lionel.' Ich fragte noch einmal: 'Nein, dein richtiger Name?' Er sagte wieder 'Lionel' und lachte. Ich hakte noch einmal nach: 'Nein, dein Nachname?'. 'Messi'."
Sergio Agüero zu Lionel Messi: "Du bist also dieser Junge!"
Den Namen hatte Agüero zwar schon einmal gehört und er wusste auch von einem Jungen aus Barcelona, der der kommende Superstar des Weltfußballs werden sollte. Aber wirklich Klick machte es bei ihm weiterhin nicht. "Die anderen zwei (Garay und Formica, d. Red.) schauten mich an und fragten: 'Du weißt nicht, wer das ist?' Sie lachten alle und dann kam es mir: 'Du bist also dieser Junge!'"
Es sollte der Beginn einer innigen Freundschaft sein, deren erster großer sportlicher Höhepunkt der Gewinn der U20-Weltmeisterschaft 2005 war. Agüero, gerade erst 17 geworden, holte damals im Finale gegen Nigeria den entscheiden Elfmeter heraus, Messi verwandelte ihn. 77-mal liefen sie bis dato gemeinsam für Argentiniens A-Nationalmannschaft auf, wurden 2008 auch Seite an Seite Olympiasieger - und ab kommender Saison dürfen Agüero und Messi auch auf Klubebene erstmals zusammen zaubern.
Denn nach zehn Jahren bei Manchester City wechselt Agüero ablösefrei zum FC Barcelona und unterschreibt einen Vertrag bis 2023, wie die Katalanen am Montag offiziell verkündeten. Ein Wechsel, der Barcas Fans nicht nur aus sportlicher Sicht freuen wird. Wahrscheinlich freuen sie sich noch mehr darüber, dass damit auch Messis Zukunft wohl geklärt ist, nach Informationen von SPOX und Goal wird er in naher Zukunft ein neues Arbeitspapier unterschreiben.
Barca: "Es ist unmöglich, dass Messi jetzt noch geht"
"Ganz sicher", sagt Adria Soldevila, Barcelona-Korrespondent bei Goal , setzten die Verantwortlichen der Blaugrana um den neuen, alten Präsidenten Joan Laporta vor allem deshalb alles daran, Agüero zu verpflichten, um Messi zum Bleiben zu bewegen. Der 33-Jährige wollte Barca bekanntlich eigentlich schon vergangenen Sommer verlassen, entschied sich dann doch noch zum Verbleib.
Da sein Vertrag aber Ende Juni ausläuft, war die komplette Spielzeit über unsicher, ob Messi darüber hinaus bei dem Klub bleibt, zu dem er 2000 mit 13 Jahren aus seiner Heimat wechselte. Oder ob er nun endgültig noch einmal eine neue Herausforderung sucht.
Nach Agüeros Transfer bestehen keine Zweifel mehr daran, dass Messi sein Arbeitspapier im Camp Nou verlängern wird. Die beiden Offensivspieler sind beste Freunde, Messi ist der Taufpate von Agüeros erstem Sohn Benjamin. "Agüero und Messi sprechen jeden Tag miteinander", sagt Barca-Korrespondent Soldevila und betont: "Es ist unmöglich, dass Messi jetzt noch geht, nachdem er Kun gesagt hat, er solle nach Barcelona kommen."
Dass es Messi sehr wichtig ist, auch unter seinen Teamkollegen ganz enge Vertraute zu haben, weiß man ohnehin. Mit Neymar hatte er eine solche Bindung, vor allem aber mit Luis Suarez. Barcelonas Umgang mit Letzterem, dem der Klub vergangenes Jahr mitteilte, keine Verwendung mehr für ihn zu haben und ihn dann an Atletico Madrid verkaufte, war wohl auch einer der Gründe dafür, dass Messi seinem geliebten Klub den Rücken kehren wollte.
"Du hast es nicht verdient, so rausgeworfen zu werden. Aber um ehrlich zu sein, wundert mich aktuell gar nichts mehr", schrieb Messi nach dem Suarez-Abschied bei Instagram. Ein Ausdruck seiner großen Unzufriedenheit damals.
Nun hat er mit Agüero wieder einen Spieler um sich, mit dem ihn wahrscheinlich sogar noch mehr verbindet als mit Suarez. Einen, der Messi auf und außerhalb des Platz noch einmal neu beflügeln, noch einmal neues Feuer in dem sechsmaligen Weltfußballer entfachen kann.
Kann Agüero Barca auch sportlich noch helfen?
Wie sehr Agüero Barcelona rein fußballerisch noch weiterhelfen kann, sieht Adria Soldevila kritisch. "Seine Verpflichtung ist keine sportliche Entscheidung. Klar, Agüero ist eine Verbesserung gegenüber Martin Braithwaite. Aber er ist schon fast 33 Jahre alt und hatte vergangene Saison häufig mit körperlichen Problemen zu kämpfen."
Ob seines Alters ist Agüero natürlich abermals keine langfristige Lösung, um im Sturmzentrum Barcas wieder über Jahre hinweg eine Nummer neun von Weltklasse-Format zu haben. Kurz- oder mittelfristig kann der Argentinier das aber sehr wohl sein, sollte er sich körperlich stabilisieren können. Und nicht zuletzt ergibt sein Transfer auch deshalb Sinn, da Barcelona in seiner aktuellen finanziellen Situation wohl kaum die Mittel haben dürfte, einen der besten jungen Stürmer auf dem Markt unter Vertrag nehmen zu können.
In seinen wenigen Einsätzen für City in der abgelaufenen Spielzeit hat Agüero bewiesen, dass er seinen Torriecher und seine enorme Qualität im Abschluss nicht verloren hat. In der Saison 2019/20, als er noch nicht ganz so oft verletzt aussetzen musste, tat er das mit 23 Toren in 32 Pflichtspieleinsätzen ohnehin.
Zudem ist Agüero ein ähnlicher Spielertyp wie Suarez. Schnörkellos vor dem Tor, körperlich robust, aber dennoch beweglich, guter erster Kontakt und dadurch auch ein gutes Passspiel, vor allem mit dem Rücken zum Tor. Und ebenso wie Suarez hat auch Agüero diesen angeborenen Sinn für die richtigen Laufwege rund um den Strafraum, zusätzlich eine großartige Schlitzohrigkeit im Zweikampf.
Kurzum: Agüero vereint auch auf dem Platz Attribute, die Messis Spiel und damit auch Barcas Spiel positiv beeinflussen können. Und sein Wert abseits des Rasens ist nach über 15 Jahren inniger Freundschaft mit Messi ohnehin unbestritten.