Das Personal
Deutschland
Joachim Löw hat lediglich neun Vize-Europameister im Kader. Zentrale Figuren wie Torhüter Jens Lehmann, Abwehrchef Christoph Metzelder, Abräumer Torsten Frings oder Kapitän Michael Ballack sind aus unterschiedlichsten Gründen nicht (mehr) im Kader.
In der deutschen Startelf stehen nur sechs Vize-Europameister, von denen die Säulen Philipp Lahm, Arne Friedrich, Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski auch noch ihre Spielpositionen gewechselt haben.
Dazu gesellen sich 14 Neue. Einige waren vor der EM 2008 schon im Blickfeld, andere spielten sich in der Zwischenzeit in Löws Kader und ein paar sogar erst in den letzten Tagen vor der Weltmeisterschaft. Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, dass einige Personalentscheidungen auch den Verletzungssorgen vor dem Turnier geschuldet waren.
Trotzdem stellt Deutschland den drittjüngsten Kader aller WM-Teilnehmer und die jüngste Nationalmannschaft seit 76 Jahren. Als Unterbau haben sich die zuletzt ungemein erfolgreichen U-Nationalmannschaften bestens bewährt, aus deren Reservoir Löw fast beliebig schöpfen konnte und das auch tat.
Einige hoffnungsvolle Talente mit großem Potenzial und Ambitionen wie Benedikt Höwedes oder Mats Hummels müssen noch zwei Jahre auf ihr erstes großes Turnier warten.
Von den Neuen haben Manuel Neuer, Mesut Özil, Thomas Müller und Sami Khedira voll eingeschlagen, Jerome Boateng spielt eine immer wichtigere Rolle. Das alles konnte man in der Form vorher nicht erwarten.
Andere wie Serdar Tasci, Dennis Aogo, Jörg Butt und Tim Wiese stehen zwar bei null Spielminuten, sind aber "für das Mannschaftsgefüge unheimlich wichtig", wie Löw immer wieder betont. Anders als noch in Österreich und der Schweiz dringt kein Mucks nach außen - von Lahms angestoßener Kapitän-Diskussion einmal abgesehen.
Innerhalb der Mannschaft herrscht eine große Harmonie, selbst schwierige Charaktere halten sich an die Regeln und ordnen dem Erfolg des Kollektivs alles unter. Ein wichtiger Faktor ist hierfür auch die neue, flachere Hierarchie im Kader.
Mit Ballack hat der letzte Platzhirsch das Feld räumen müssen, das Machtvakuum füllen mehrere Spieler aus, auf und abseits des Platzes.
Spanien
15 Europameister stehen im WM-Kader. Die tragenden Säulen sind die gleichen geblieben, alle Schlüsselspieler der EM 2008 hatten nach dem EM-Titel Lust auf mehr. Torhüter Iker Casillas hat bereits über 100 Länderspiele gemacht, wenngleich die Nummer eins von Real Madrid vor dem Turnier in Testspielen seltene, eklatante Fehler machte und nicht wenige Experten in Spanien Victor Valdes oder Pepe Reina im Kasten sehen wollten.
Von den acht neuen Spielern kommen vier vom FC Barcelona. Valdes als Nummer drei. Innenverteidiger Gerard Pique ist über jeden Zweifel erhaben. Pedro ist Del Bosques Joker und Sergi Busquets hat den Job als Abräumer vor der Abwehr von Marcos Senna übernommen. Senna spielte eine überragende EM und kam auch in den meisten Quali-Spielen zum Einsatz. Doch eine durchwachsene Saison in Villarreal hat ihn den Platz im WM-Kader gekostet.
Busquets dagegen verdrängte bei Barca Yaya Toure und ist bei Del Bosque mittlerweile gesetzt. Auch Santi Cazorla, der in der Quali regelmäßig zum Einsatz kam, fehlt in Südafrika.
Sergio Ramos, Xavi, Andres Iniesta und David Villa, allesamt Stammspieler bei der EM 2008, sind auf ihren Positionen weitgehend konkurrenzlos. In der Abwehr hat Del Bosque viel ausprobiert. Arbeloa, Albiol, Navarro, Juanito, Iraola wurden getestet. Bei der WM spielt wie in Österreich und der Schweiz Carles Puyol in der Innenverteidigung und Joan Capdevila links.
Mit Jesus Navas ist ein dynamischer Spieler für die rechte Außenbahn dabei, der aber nicht ins System passt. Navas ist ein Dribbler, kein Kombinationsfußballer. Fernando Llorente ist der David Güiza der EM. Mit Javi Martinez und Juan Manuel Mata hat Del Bosque zwei aufstrebende Talente nach Südafrika mitgenommen.
Der Kern ist anders als bei Deutschland zusammengeblieben. Das gleiche gilt für die Hierarchie. Casillas ist Kapitän und Wortführer. Busquets und vor allem der herausragend spielende Pique haben die Barca-Achse mit Puyol, Xavi und Iniesta noch vergrößert.
"Wir müssen uns danach richten, was in den Vereinen passiert und gerade ist es der FC Barcelona, der die Spielweise auch in der Nationalmannschaft vorgibt. Es sind gerade die Mittelfeldakteure, die das Spiel einer Mannschaft definieren", sagte Del Bosque Mitte 2009.
Jahrzehntelang war die rote Furie von Neid und Missgunst zwischen Spielern von Real Madrid und Barcelona zerfressen. Früher redete ein Real-Spieler außerhalb des Platzes kein Wort mit einem Barca-Akteur und umgekehrt. Mittlerweile betonen alle das exzellente Verhältnis untereinander.Staatsheiligtum Raul spielt bei Del Bosque wie unter Vorgänger Luis Aragones keine Rolle.