"Die Situation ist ernst. Wir reden hier über den Bestand des Vereins." 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer spricht seit seinem Amtsantritt im November gnadenlos Klartext im Verein. Der Klub ist (wieder einmal) von der Insolvenz bedroht, Schäfer muss das sinkende Schiff nun vor dem Untergang bewahren.
Doch in diesem Fall geht die Rettung des Vereins längst über die Grenzen der Geschäftsführung hinaus.
Eine von Schäfers ersten Amtshandlungen war die Aufforderung zum kollektiven Gehaltsverzicht. Von der Putzfrau bis zum Vorstand soll nun jeder Angestellte zehn Prozent weniger verdienen, Vorbild Schäfer ließ sich seine Bezüge sogar um 20 Prozent kürzen.
Stevic kündigt weitere Spielerverkäufe an
Allerdings wurde nicht nur auf den Gehaltsschecks, sondern auch in Sachen Kadergröße munter der Rotstift geschwungen. Schon jetzt hat Reiner Maurer fünf Spieler weniger zur Verfügung. Doch das war noch längst nicht alles, wie 1860-Sportdirektor Miroslav Stevic im Gespräch mit SPOX erklärt.
"Das war nur der Anfang. Weitere Spielerverkäufe werden folgen", so die Ansage des Sportdirektors. An sich ein normaler Vorgang, schließlich sind Spielerverkäufe ein alltäglicher Prozess in der Winterpause. Doch bei den meisten Klubs wird auf dem Transfermarkt auch der passende Ersatz besorgt.
Bei den Löwen heißt der Transfermarkt in diesem Winter jedoch "U 23". Aufgrund der Finanznot steht Stevic kaum ein Cent für Neuverpflichtungen zur Verfügung, Maurer muss sich bei vielversprechenden Talenten in der zweiten Mannschaft bedienen, wie Stevic bestätigt: "Einige U-23-Spieler werden bei uns die Chance in der ersten Mannschaft bekommen."
Die Qualität des Kaders werde darunter jedoch auf keinen Fall leiden, beschwört der Serbe: "Sportlich werden wir uns deswegen nicht verschlechtern."
Stevic: Ingolstadt hat nicht wegen Lauth angeklopft
Bislang kann dieser Aussage zugestimmt werden, wurden doch mit Ausnahme von Moritz Leitner nur Spieler abgegeben, die so gut wie keine Rolle gespielt haben. Eine deutlich größere Schwächung des Kaders würde ein Verkauf von Goalgetter und Publikumsliebling Benjamin Lauth bedeuten.
In der Münchner Boulevard-Presse war vom Interesse aus Ingolstadt die Rede, was von FCI-Sportdirektor Harald Gärtner indirekt bestätigt wurde. Doch Stevic belächelt die Wechselgerüchte um seinen Top-Stürmer.
"Ich verstehe mich gut mit Harald Gärtner. Aber er hat mich wegen ganz anderen Spielern angerufen", klärt Stevic auf. Er setzt weiter voll auf Lauth: "Wir wissen, was wir an Benny Lauth haben und er weiß, was er an uns hat."
Seitenhieb gegen Leitners Vater
Ursprünglich sollte neben Lauth auch Top-Talent Moritz Leitner zumindest für die Rückrunde gehalten werden. Doch der künftige Dortmunder wurde ausgerechnet für ein halbes Jahr an den Lokalrivalen aus Augsburg ausgeliehen. Was ihm bei den Löwen-Fans wenig Sympathien einbrachte.
Als daraufhin Leitners Vater im Interview mit der "Abendzeitung" seiner Wut auf 1860 und Miroslav Stevic aufgrund angeblich mangelnder Rückendeckung für seinen Sohn freien Lauf ließ, drohte das Fass überzulaufen.
Stevic selbst scheint das Verständnis für die Äußerungen von Leitner senior zu fehlen: "Ich habe Leitners Vater oft Hilfe angeboten. Deswegen wundert es mich, dass er solche Aussagen macht. Ich glaube ohnehin nicht, dass das von ihm kommt."
Stattdessen betont der Sportdirektor seine helfende Rolle im Fall des jungen Leitner: "Moritz ist ein guter Junge. Und auch ich habe etwas dazu beigetragen, dass er im Profifußball Fuß fasst."
Vorsichtiger Optimismus vor der Galgenfrist
Weitere Seitenhiebe des Sportdirektors bleiben aus, schließlich kann man zusätzlichen Ärger im Umfeld bei den Löwen kaum gebrauchen. Immerhin macht sich wenige Tage vor der Deadline vorsichtiger Optimismus breit. Die drastischen finanziellen Einschnitte zeigen ihre Wirkung.
Jahrelang lebte der Verein über seine Verhältnisse, nun wurde in einer großen Aufräumaktion alles aufgedeckt: "Wir haben zum ersten Mal keine Leiche im Keller", verkündete Geschäftsführer Schäfer noch im Dezember.
"Ein bisschen müssen wir noch feilen", sagt jetzt Vizepräsident Dieter Schneider. "Mehr aber nicht mehr." Das Paket mit den Liquiditätsnachweisen istgeschnürt und geht am Dienstag raus an die DFL.
"Ich denke, wir konnten dem Aufsichtsrat der DFL den Inhalt unserer Unterlagen plausibel machen. Es ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die in sich geschlossen sind", so Schneider weiter. Die Banken müssen dabei aber den eingeschlagenen Weg mitgehen und Investoren wie Nicolai Schwarzer dem Verein weiter treu bleiben.
Der 13. Januar wird zum vorerst wichtigsten Termin der jüngeren Vereinsgeschichte. Aber selbst bei einem positiven Ausgang für die Löwen gibt es keinen Grund, sich schon wieder zurückzulehnen. Am 15. März steht bereits das neue Lizenzierungsverfahren für die kommende Saison an.