Markus Schupp: "Da war viel Mist dabei"

Von Interview: Stefan Petri
Markus Schupp ist seit August 2011 als Sportdirektor beim VfR Aalen tätig
© Imago

Markus Schupp war in seiner sportlichen Karriere bereits Spieler, Cheftrainer und Co-Trainer - nun zieht er als Sportdirektor beim VfR Aalen die Strippen. Im Interview spricht der 46-Jährige überTrapattoni-Wutausbrüche, den Traum von der 1. Liga und die ungewöhnliche Erkrankung von Trainer Ralph Hasenhüttl.

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SPOX: Herr Schupp, Sie waren ja schon alles: Profi, Trainer, Co-Trainer, Sportdirektor. Fangen wir mal bei Ihrer Spielerkarriere an - welche Anekdote erzählen Sie aus dieser Zeit am liebsten?

Markus Schupp: Lustig war es in meinem letzten Jahr unter Giovanni Trapattoni. Er hatte damals einen Dolmetscher und wenn er etwas erklären wollte oder wütend war, konnte es schon kurios werden. Er konnte sich damals einfach noch nicht so richtig ausdrücken. Und sein Dolmetscher war emotional ganz anders, da er alles immer ganz ruhig übersetzt hat - und Trap ist zuvor sehr impulsiv herumgesprungen.

SPOX: Obwohl Sie sehr erfolgreich beim FC Bayern spielten, hat es mit Ausnahme von Einsätzen in der U 18 und U 21 aber nie für die A-Nationalmannschaft gereicht.

Schupp: Leider nicht. Als ich zu den Bayern ging, war ich bei zwei, drei Lehrgängen unter Berti Vogts dabei. Er sagte mir: Wenn ich in München Stammspieler werde, hätte ich gute Chancen. Ich saß dann auch ein-, zweimal auf der Bank, bin aber nie eingewechselt worden. Die Konkurrenz war sehr stark: Andi Möller, Thomas Häßler, später kam noch Mehmet Scholl dazu.

SPOX: Sie beendeten Ihre Karriere bei Sturm Graz und trainierten dort im Anschluss die U 19. Ab wann war klar, dass Sie sich als Trainer versuchen wollen?

Schupp: Ich habe nach der Karriere die Trainerscheine gemacht. Dabei habe ich ein Gespür dafür bekommen, wie es ist, vor einer Mannschaft zu stehen, ein Team aufzubauen und zusammenzustellen. Das lernt man ja als Spieler in der Form nicht. Da dachte man: Eine Gruppe von Fußballern unter einen Hut zu bringen, das ist bestimmt schwierig.

SPOX: Und zehn Jahre später sind Sie nun Sportdirektor.

Schupp: Ja, das hätte ich damals natürlich nie gedacht.

SPOX: Wie kam es dazu?

Schupp: Nach Aalen hatte ich schon länger engere Verbindungen. Die Verantwortlichen kenne ich schon über Jahre. In der Funktion des Sportdirektors kann ich heute sagen, dass mir die Erfahrungen, die ich als Trainer gesammelt habe - positive wie negative - durchaus auch weiterhelfen.

SPOX: Nach Ihrer Zeit bei Wacker Burghausen waren Sie beim Hamburger SV "nur" Co-Trainer. War das damals eine bewusste Entscheidung? Oder gab es schlicht kein Angebot?

Schupp: Das war ganz bewusst. Ich habe mich gefragt: "Wie möchte ich jetzt weitermachen?" Ich hätte mir einen Verein in der zweiten Liga, bei dem ich mit jungen Spielern arbeite und sie entwickle, vorstellen können. Oder eben bei einem erfahrenen Trainer über die Schulter zu schauen und weiter zu lernen. Als Didi Beiersdorfer dann anrief und ich anschließend mit Huub Stevens sprach, war sofort klar: Co-Trainer, das mache ich.

SPOX: Ist Stevens wirklich so ein knochentrockener Typ, wie ihn die Öffentlichkeit kennt?

Schupp: Privat ist er ganz anders. Er ist heute auch nach außen nicht mehr so knurrig als noch vor zehn Jahren. Mit ihm konnte man sehr viel lachen. Die Holländer sind ja sowieso sehr humorvoll.

SPOX: Stevens sind Sie auch nach Salzburg gefolgt. Da dürfte Ihre Familie, die in Graz lebt, froh gewesen sein.

Schupp: Die Situation beim Hamburger SV war sehr intensiv: Abstiegskampf im ersten Jahr, Bundesliga und Europa League im Folgejahr, Spielersichtung sowie Spielanalysen und dazu die Distanz von 1.100 Kilometern zu meiner Familie erschwerten unser Familienleben. Ich wollte mehr Zuhause sein, auch, weil 2009 meine Mutter sehr krank wurde und nach einem kurzen Krankenaufenthalt verstorben ist. Es waren in dieser Zeit zwar Anfragen da, aber das ging beim besten Willen nicht. Ich wollte bei meiner Mutter sein und sie beim Sterben begleiten. Meine Eltern haben sehr viel für mich getan.

SPOX: Lange hat es Sie aber nicht in Salzburg gehalten - der Karlsruher SC rief an...

Schupp: Genau, nach zweieinhalb Monaten war schon wieder Schluss. Huub wollte mich nicht gehen lassen, doch der Job als Cheftrainer beim KSC war für mich sportlich sehr reizvoll.

SPOX: 2008 und 2010 hatten Sie dann erste Angebote des VfR Aalen abgelehnt, der Sie als Trainer haben wollte. Nun sind Sie dort Sportdirektor. Wie ist es dazu gekommen?

Schupp: Klaus Betz, Aufsichtsrat des VfR Aalen und Geschäftsführer von Imtech Deutschland, hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Es war für mich ja eine neue Funktion mit neuen Aufgaben, in die ich mich erst einmal einarbeiten musste. Er sicherte mir Zeit zu, mich zu entwickeln - das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Ich sollte dabei auch meine Erfahrungen und Ideen, die ich als Trainer gesammelt habe, einbringen. Es geht ja um viele Aufgabenbereiche: Die erste Mannschaft, das Scouting, analytische und konzeptionelle Arbeit, Nachwuchsförderung, Leistungszentrum und so weiter. Ich würde sagen, ich habe meine Wunschrolle gefunden.

SPOX: Inwiefern ist Aalen auch ein Sprungbrett Richtung 1. Bundesliga für Sie?

Schupp: Wir spielen momentan in der 2. Bundesliga, darauf liegt voll und ganz unser Fokus. Trotzdem hat man natürlich die 1. Bundesliga irgendwo im Hinterkopf und denkt darüber nach, vor allem wenn man selbst dort gespielt hat. Ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass mir die Arbeit hier sehr gut gefällt. Wir haben eine gute Entwicklung genommen - und die ist noch lange nicht zu Ende. Wir haben mit Imtech einen Hauptsponsor, deren Verantwortliche Klaus Betz und Johannes Moser sehr fußballaffin sind und durch ihre direkte Verbindung als Führungspersonen im Aufsichtsrat des VfR Aalen ihre sportliche Sachkompetenz und ihr Herzblut positiv einbringen. Mit der Firma Scholz gibt es einen weiteren tragenden Partner, welcher seine Wurzeln hier in Aalen hat, die positive Entwicklung beim VfR seit Jahren entscheidend prägt und auch in Zukunft den gemeinsamen Weg mit dem Verein gehen möchte.

SPOX: Der Saisonstart inklusive Pokal lief zufriedenstellend, obwohl Trainer Ralph Hasenhüttl lange Zeit am sogenannten "Hanta-Virus" erkrankt war und nicht bei der Mannschaft sein konnte. Wie fing das an?

Schupp: Ralph klagte im Trainingslager in Österreich über Fieber. Am nächsten Tag hat er sich nach Rücksprache mit unserem Arzt vorsichtshalber ins Krankenhaus begeben. Er musste dann direkt dortbleiben und wurde behandelt. In Deutschland hat man dann nach etwa einer Woche die genaue Erkrankung festgestellt.

SPOX: Und das alles kurz vor der ersten Zweitligasaison in der Geschichte des Vereins.

Schupp: Die Situation war ein Auf und Ab: Mal ging es ihm besser, einen Tag später wieder ganz schlecht. Er musste phasenweise auf die Intensivstation. Die Tage gingen vorbei und die Mannschaft stand letztlich drei Wochen ohne Cheftrainer da. Unser Assistenzcoach und der Trainer der U 23 haben in dieser Zeit übernommen.

SPOX: Abgesehen von den Emotionen, die sicherlich eine Rolle spielten: Wie geht man damit als Verantwortlicher um? Haben Sie sich nach Alternativen umgesehen?

Schupp: Uns allen ging das natürlich sehr nahe. Das Schlimme für uns alle war die Ungewissheit: Wann ist Ralph wieder gesund? Es gab Fälle, da waren Menschen aufgrund dieser Krankheit bis zu neun Monate arbeitsunfähig. Wir haben uns mit dieser Situation intensiv beschäftigt, alles andere wäre ja auch fahrlässig gewesen. Es wurde viel spekuliert, im Grunde war da viel Mist dabei. Wir waren natürlich heilfroh, dass Ralph drei Tage vor dem Saisonauftakt wieder gesund war und auf dem Platz stand.

SPOX: Rückschläge sind bei ihm aber sicher nicht ausgeschlossen, oder?

Schupp: Das eigene Immunsystem muss selbst dagegen angehen. Mit Infusionen oder Tabletten kann man nur gegen die Symptome etwas machen, der Virus muss aber vom Körper abgewehrt werden.

SPOX: Hoffen wir das Beste! Abschließend: Für den VfR war der Aufstieg schon eine absolute Sensation. Wo sehen Sie den Verein in fünf Jahren?

Schupp: Im Hier und Jetzt geht es einzig und allein um den Klassenerhalt. Gelingt dies, wollen wir den Verein langfristig in der zweiten Liga etablieren. Klub und Umfeld bieten dazu die Perspektive. Die Stadt wird sich sicherlich noch etwas mehr zum Profifußball bekennen müssen. Aber das wird mit der Zeit auch wachsen.

Markus Schupp im Steckbrief