Die Faust zuckte auf der Runde immer wieder heraus, das zuletzt gewohnte Grinsen kam mehrfach hinzu - und nach ihrem Traumschlag auf dem letzten Loch konnten sogar die US-Fans ihren Applaus für Esther Henseleit nicht zurückhalten.
Als die neue deutsche Vorzeigegolferin endgültig beim Solheim Cup angekommen war, erfasste die Debütantin ein Gefühlsmix aus großem Stolz und sympathischer Bescheidenheit - woran auch die letztliche 12,5:15,5-Niederlage der Europäerinnen nichts ändern konnte.
"Ich war froh, dass ich meinen Teil beitragen und am Ende diesen Punkt sichern konnte", sagte die Olympia-Silbermedaillengewinnerin: "Wir haben wirklich solide gespielt." Gemeinsam mit der Engländerin Charley Hull hatte Henseleit auf ihrer Runde am Samstag den Erfolg im klassischen Vierer gegen Ally Ewing und Jennifer Kupcho klargemacht.
Nach ihrer Niederlage zum Auftakt am Freitag in Gainesville/Virginia war es der Premierensieg für die 25-Jährige beim prestigeträchtigen Vergleich zwischen Europa und den USA. Am Sonntag im Einzel gegen Andrea Lee folgte ein Remis - respektabel, und doch zu wenig für Team Europa: Die Amerikanerinnen machten den Heimsieg klar.
"Ich habe extrem gut gespielt, es ging hin und her", sagte Henseleit bei Sky nach ihrem dritten und letzten Auftritt: "Ich bin ein bisschen enttäuscht, aber ich habe immerhin einen halben Punkt geholt. Wir haben es den Amerikanerinnen etwas schwerer gemacht."
Esther Henseleit: "Ein Kindheitstraum wird wahr"
Das europäische Team hätte nämlich ein mittelschweres Golfwunder benötigt, um den Cup ein viertes Mal in Folge zu gewinnen - was bisher noch keiner Mannschaft in der Geschichte des weiblichen Pendants zum Ryder Cup der Männer gelang.
Die Europäerinnen lagen nach zwei von drei Tagen 6:10 zurück, in den abschließenden zwölf Einzeln wurde es noch einmal unerwartet eng, allerdings nicht mehr hochspannend: Zwei andere Partien liefen noch, als Lilia Vu für die USA einen halben Punkt zum entscheidenden 14,5 holte.
Doch für Henseleit, die dank Paris-Silber vor einem Monat und dem zweiten Platz eine Woche später bei den Scottish Open als sechste Deutsche den Sprung ins europäische Team geschafft hatte, war der Solheim Cup auch so ein unvergessliches Erlebnis. Und das hatte nichts damit zu tun, dass ihr Verlobter, Trainer und Manager Reece Phillips wegen eines Bandscheibenvorfalls als Caddie ausfiel.
"Ein Kindheitstraum erfüllt sich", hatte die gebürtige Friesin, die mittlerweile im beliebten Profigolfer-Domizil in Scottsdale/Arizona lebt, kurz vor ihrem ersten Abschlag gesagt. Diesen Traum hegte Henseleit seit 2015. Damals war sie als jugendliche Zuschauerin beim Solheim Cup in St. Leon-Rot "die ganze Zeit" vor Ort: "Von da an war es mein Ziel, irgendwann selbst dabei zu sein."