Das Aus im Pokal-Viertelfinale bei Athletic Bilbao (2:4 n. V.) und die 3:5-Niederlage daheim gegen den FC Villarreal waren Ende Januar zu viel - zumal auch der Clásico in der Supercopa zuvor mit 1:4 verloren wurde.
Trainer Xavi zog seine Konsequenzen aus diesem für den FC Barcelona ungenügenden Januar. Mehr noch aus der für Barça bis dato ungenügenden Saison. So teilte er mit, dass er zur kommenden Saison nicht mehr Trainer der Katalanen sein werde.
Was folgte, war die stärkste Phase seit dem Saisonstart: Fünf Siege, drei Unentschieden. Bis zur 1:2-Niederlage gegen Real Madrid in der Liga war Barça 13 Partien in Serie ungeschlagen. Nun knüpft man an diese Serie an.
Überbewerten sollte man den Lauf der Katalanen wohl eher nicht. Schließlich decken sich die Gegner größtenteils mit denen, gegen die man zum Saisonstart bereits gut aussah. Es folgte der Einbruch. Die Sterne vom Himmel spielt Barcelona auch jetzt nicht. Doch der leichte Aufschwung kommt auch nicht von ungefähr.
Xavi betonte nach dem knappen, aber hochverdienten 1:0-Sieg gegen Mallorca am Wochenende, dass das Team seit seiner Ankündigung besser spiele. Tatsächlich ist von beiden Seiten eine gewisse Leichtigkeit zu spüren: Von der Mannschaft, aber auch vom Trainer, der in seinen Entscheidungen klarer und mutiger wirkt. Eine dieser Entscheidungen: Pau Cubarsi.
Pau Cubarsi: Das sind seine Stärken
Der 17-Jährige kam bereits vor Xavis Ankündigung mehrmals zum Einsatz und war auch Teil des Teams, das gegen Villarreal und im Pokal gegen Bilbao verlor. Insofern wäre es nicht richtig, ihn hauptverantwortlich für den Umschwung zu machen.
Aber Cubarsi trägt ohne Zweifel dazu bei, dass man in Barcelona wieder etwas selbstbewusster auftritt. Das liegt auch an seinem unbekümmerten Auftreten. Der Spanier spielt mit dem Ball so, wie man es sich von einem Verteidiger des FC Barcelona vorstellt: Immer vorwärtsgerichtet, immer mit dem Ziel, das gegnerische Pressing erheblich zu schwächen. Das gelingt ihm aktuell auf sehr hohem Niveau.
Mit rund 417 progressiven Passmetern pro 90 Minuten gehört er in Europas Top-5-Ligen bereits zu den besten neun Prozent aller Innenverteidiger. Zwar profitiert er hier auch von hohen Ballbesitzwerten seines Teams, aber wer Cubarsi in den letzten Wochen beobachtet hat, dürfte angetan von seinem Passspiel gewesen sein.
Neben der Präzision seiner vielen Vertikalpässe ist auch die Schärfe seiner Zuspiele beeindruckend. Immer wieder schafft es der Rechtsfuß, verschiedene Distanzen mit genau der richtigen Härte zu überbrücken und Gegenspielern kaum eine Chance zu geben, den Pass abzufangen.
Cubarsi fordert Bälle aktiv, dribbelt auch mal an und findet Lösungen, statt sich vor Problemen zu drücken. Mit dieser Einstellung tut er dem Team aktuell gut. Er trägt sogar aktiv dazu bei, dass die Verunsicherung seiner Mitspieler weniger wird und übernimmt mit der aktiven Spielweise Verantwortung, die zuletzt eher von Spieler zu Spieler weitergegeben wurde.
Schenkt Xavi seinem Top-Talent das Champions-League-Debüt?
Für das Rückspiel gegen die SSC Neapel in der Champions League (Dienstag, 21 Uhr) winkt ihm deshalb womöglich ein Startelfeinsatz. Es geht um nicht weniger als den Einzug in das Viertelfinale. Wie die Marca berichtet, könnte Cubarsi auch in diesem wichtigen Spiel den Vorzug erhalten.
Im Hinspiel erkämpfte sich Barça mit dem 1:1 eine gute Ausgangslage fürs Heimspiel. Cubarsi würde sein erstes Spiel in der Königsklasse absolvieren. Nicht nur seine Qualitäten mit dem Ball am Fuß qualifizieren ihn dafür, sondern auch seine bisher unbeeindruckte Art des Auftretens. Angst oder Nervosität ließ der Jugendliche bisher noch nicht durchblicken.
Und auch defensiv agiert er meist kompromisslos, gewinnt viele wichtige Zweikämpfe und verschafft sich durch cleveres Stellungsspiel oft einen Vorteil. Cubarsi kann ein Spiel gut lesen, was ihm dabei hilft, die eine oder andere Schwäche zu verstecken.
FC Barcelona: Woran Pau Cubarsi noch arbeiten muss
So ist er körperlich trotz einer Größe von 1,84 Meter nicht der robusteste Innenverteidiger. Schafft er es nicht, eine Situation rechtzeitig zu antizipieren und muss er sich entsprechend auf ein sehr körperliches Duell einlassen, ist das hin und wieder noch zu merken.
Allerdings ist das kein Aspekt, den er nicht noch verbessern könnte. Viele der besten Innenverteidiger der Welt waren mit 17 noch längst nicht auf dem physischen Niveau, das sie jetzt haben. Cubarsi bringt auch in dem Bereich vieles mit, um eines Tages auf höchstem Niveau spielen zu können.
Insofern kann bei ihm kaum von echten Schwächen die Rede sein. Die Frage ist lediglich, wie er sich weiterentwickelt und welche Fehlertoleranz es beim FC Barcelona gibt, um ihm die Chance für die nächsten Schritte zu geben. Die Vergleiche mit Gerard Piqué und Carles Puyol, die nun fast schon reflexartig gezogen werden, mögen etwas früh kommen. Gerade im Spiel mit dem Ball vereint er jedoch einige Qualitäten der beiden Ausnahmespieler. Vom situativen Andribbeln bis hin zum messerscharfen Passspiel.
Auch der neue Trainer wird eine Rolle dabei spielen, wie es für ihn weitergeht. Im Moment reitet Cubarsi die Welle des Erfolgs und genießt das Vertrauen seiner Mitspieler und des Trainerteams. Spätestens im Sommer wird sich sein Umfeld aber verändern. Das kann einen großen Einfluss haben.
Pau Cubarsi: FC Barcelona oder Ausland?
Interessant ist darüber hinaus die Vertragssituation des Talents. Sein Arbeitspapier läuft noch bis 2026. Laut der Mundo Deportivo ist eine Ausstiegsklausel von nur zehn Millionen Euro darin verankert. Dementsprechend könnte das eine Vielzahl an Topklubs auf den Plan rufen.
Auch der FC Bayern soll laut der spanischen Zeitung auf den Spanier aufmerksam geworden sein. Barça versuche deshalb, den Vertrag von Cubarsi schnellstmöglich zu verlängern. Ein Vertrag liege dem Innenverteidiger vor, dieser zögere aber mit der Unterschrift.
So gut das befreite Aufspielen der Mannschaft seit der Bekanntgabe von Xavis Ende auch ist, so deutlich könnte hier der Nachteil der Planungsunsicherheit werden. Gerade der auf seine eigene Jugend so stolze FC Barcelona kann sich einen derartigen Verlust nicht leisten.
Aus der Perspektive von Cubarsi kann es hingegen kaum eine entspanntere Situation geben. Im Sommer stehen ihm womöglich viele Türen offen - und bald vielleicht sogar die der spanischen Nationalmannschaft. Nach Informationen der Sport war es ursprünglich geplant, dass der U17-Nationalspieler zur U21 befördert werde. Nun könne es aber passieren, dass er bereits bei den kommenden Länderspielen gegen Kolumbien (22. März) und Brasilien (26. März) im Kader der A-Nationalmannschaft steht.
Mit der Europameisterschaft und den Olympischen Spielen gibt es im Sommer zwei Turniere, bei denen er sich womöglich sehr bald auf internationaler Bühne beweisen kann. Doch erstmal wird er auf eben dieser probieren, dazu beizutragen, dass der FC Barcelona das Viertelfinale der Champions League erreicht - vielleicht sogar mit seinem Startelf-Debüt.